Nach vier Siegen in den ersten vier Spielen kam es für die Frankfurter Eintracht am Dienstagabend zum Spitzenspiel gegen den amtierenden Deutschen Meister, Borussia Dortmund. In der Startaufstellung nahm Chef-Trainer Armin Veh lediglich eine Veränderung vor. Für den verletzten Occéan kam Hoffer zu seinem Startelf-Debüt in der Spielzeit 2012/2013. Kapitän Schwegler lief trotz Platzwunde, die er sich vergangenen Freitag im Spiel gegen den 1. FC Nürnberg bei einem Kopfballduell zugezogen hatte, auf. Bei den Borussen saß Nationalspieler Mario Götze zunächst auf der Bank, er kam zur zweiten Halbzeit für Reus.
Offensiver Beginn beider Teams
Vor prächtiger Kulisse zeigten beide Mannschaften gleich von Beginn an, dass sie grundsätzlich offensiv eingestellt sind. Nachdem Hoffer lang geschickt wurde und den Ball im Dribbling behaupten konnte, gab Inui in der 2. Spielminute den ersten Warnschuss auf das Tor von Weidenfeller ab. Auf der anderen Seite kam der BVB durch Leitner zur ersten nennenswerten Torgelegenheit. Sein Schuss aus dem Strafraum konnte jedoch von Trapp, der die Eintracht an den bisherigen vier Spieltagen schon 21-mal durch eine gelungene Parade vor einem Gegentreffer bewahrte, zur Ecke abgewehrt werden (8.). Nur eine Minute später konterte die Eintracht, Inuis Flachschuss strich jedoch links am Gehäuse der Dortmunder vorbei. Diese Szene zeigte exemplarisch, dass die SGE bei Ballgewinn unheimlich schnell umschaltet; im Durchschnitt stürmen SGE-Kicker 102-mal pro Spiel im Sprint nach vorne. Keine Mannschaft kommt derzeit auf mehr offensive Tempoläufe.
Nach etwas mehr als 15 Minuten passte sich die Eintracht über die rechte Seite mit Jung, Rode und Hoffer gekonnt nach vorne. Vor allem Hoffers Ballmitnahme aus einer Drehung heraus war sehenswert. Doch nachdem der Ball in der Spitze verloren wurde, zeigte der BVB, dass er ebenfalls das schnelle Umschaltspiel beherrscht. Das weite Vorrücken der Eintracht-Außenverteidiger eröffnete dem Gegner natürlich Freiräume. Umso mehr zeugte es von Mut und Selbstsicherheit, dass Frankfurt auch gegen den deutschen Meister einen risikofreudigen Spielstil wählte.
Unglücklicher Rückstand
In der 24. Spielminute fiel – aus Sicht der SGE in seiner Entstehung mit viel Pech verbunden – das 0:1. Piszczeks Schuss wurde gegen die Laufrichtung von Trapp so unglücklich abgefälscht, dass der Eintracht-Keeper keine Chance hatte, den Ball zu halten. Und der BVB legte direkt nach. Dem Nationalspieler Reus wurde an der Strafraumgrenze der Ball zugepasst. Der Ex-Gladbacher zog sofort ab, sein Schuss klatschte an den linken Innenpfosten und ging von da ins Tor – 0:2 (28.).
Nachdem das Spiel bis dato recht ausgeglichen verlief, entsprach die Zwei-Tore-Führung des BVB zu diesem Zeitpunkt – trotz der insgesamt vielleicht etwas reiferen Spielanlage des Meisters – nicht so ganz dem Spielverlauf. Aber Treffer ist Treffer, und dass gerade gegen einen hochkarätigen Gegner auch mal Rückschläge kommen würden, damit musste man rechnen.
Ein Meier-Freistoß kurz nach dem zweiten Gegentor, der links am Dortmunder Gehäuse vorbeistrich, dokumentierte, dass die Eintracht nicht gewillt war, die Flinte ins Korn zu werfen. Vielmehr rappelte sie sich auf, besann sich auf ihre offensiven Tugenden und fightete. So flankte Meier auf den rechts startenden Jung, dessen Pass in die Mitte von der Dortmunder Abwehr zur Ecke geklärt werden konnte (35.). Wiederum nur zwei Minuten später scheiterten erst Inui mit einem Dribbling in die Mitte und kurz darauf Jung mit einem Volleyschuss. Freilich kam auch die Borussia weiter zu Torchancen. In der 39. Minute beispielsweise hielt Trapp einen Schuss von Blaszczykowski. Die Eintracht probierte, vor dem Halbzeitpfiff zumindest noch den Anschlusstreffer zu erzielen. Sie erspielte sich auch noch eine tolle Chance, als sie sich mit zwei schnellen Pässen durch die Dortmunder Abwehr kombinierte (42.). Auch wenn das Schiedsrichtergespann um Florian Meyer bei dieser Szene letztlich auf Abseits erkannte, so ähnlich kann es gehen in der zweiten Halbzeit.
2. Durchgang: Tore im Minutentakt
Und so ähnlich ging’s auch - und wie es ging! In der 49. Minute hämmerte Aigner, von rechts in die Mitte ziehend, den Ball mit links ins lange Eck – nur noch 1:2. Vorausgegangen war ein Dortmunder Ballverlust; Schwegler hatte die Kugel erobert und auf Inui gepasst, der letztlich Aigner bediente. Doch damit nicht genug: Nur zwei Minuten später zirkelte der von Jung angespielte, gebürtige Münchener eine Flanke perfekt in den Lauf von Inui, der trotz seiner geringen Körpergröße von 1,71 m mit dem Kopf zum 2:2 traf (51.). Irre, welch eine Wendung das Spiel nahm!
Leider ging es so irre weiter, diesmal zum Nachteil der Eintracht. Bei einsetzendem Regen eroberte der eingewechselte Götze in der 54. Minute den Ball und ließ sich diese Großchance nicht entgehen. Schon war die Eintracht wieder hinten – 2:3.
Ein paar Minunten später beruhigte sich das Spiel etwas. In der 66. Minute erspielte sich die Eintracht die nächste Großchance. Ähnlich wie gegen Nürnberg zog Inui in die Mitte, doch Weidenfeller konnte seinen halbhohen Schuss wegfausten. Den zweiten Ball erkämpfte sich die Eintracht sofort wieder, leider kam es dann nach einem tollen Pass von Inui zu einem Missverständnis, sonst hätte die SGE die nächste sehr gute Torgelegenheit gehabt. Diese hatten dann die Dortmunder in der 68. Minute, doch Anderson klärte per Grätsche im Strafraum.
Eben jener Anderson sollte kurz darauf auch offensiv brillieren: Nach einer SGE-Ecke flankte Oczipka mit links butterweich auf den Brasilianer, der per Kopf zum erneuten Ausgleich traf – 3:3 (73.). Es war „Bambas“ erstes Bundesligator für die SGE. Herzlichen Glückwunsch!
Auch wenn das Spiel weiterhin von beiden Teams mit viel Vorwärtsdrang bestritten wurde, kam es nun zumindest nicht mehr zu Großchancen im Minutentakt. Mehrere Spielerwechsel bremsten den Fluss auch etwas. Aber unterhaltsam blieb die Partie in jedem Fall.
Nach einem Freistoß durch Oczipka in der 80. Minute, den Weidenfeller klären konnte, kam die Borussia in den letzten zehn Minuten nochmals zu einer Vielzahl guter Torchancen. In der 85. Minute klärte die Eintracht-Abwehr gemeinsam, in der 87. probierte es der BVB mit einem Konter, in der 90. mit einem Fallrückzieher. Vergebens – die Partie endete 3:3 unentschieden.
Fazit: Offensiver Tempo-Fußball, der zu gefallen weiß
Die Eintracht hatte dem Meister einen offenen Schlagabtausch geliefert. Nicht nur, weil die SGE bereits mit zwei Toren hinten lag, ist der Punktgewinn gegen den Deutschen Meister immens hoch einzuschätzen. Herausragend war vor allem, wie schnell die Frankfurter nach Ballgewinn das Mittelfeld überbrückten, um den Gegner zu überrumpeln. Als Aufsteiger so passsicher Hochgeschwindigkeits-Fußball zu spielen, das ist – natürlich in positiver Hinsicht – schon sehr ungewöhnlich. Respekt, Jungs! Weiter so!