25.06.2023
Historie

„Jedes Training ein UEFA-Cup-Finale“

Horst Ehrmantraut erinnert sich an seine schweren ersten Schritte in Frankfurt, den Gewinn des UEFA-Cups 1980, seinen Bundesligaaufstieg als Trainer und verrät seine Freizeitbeschäftigungen als Rentner.

Kürzlich hat „Hotte“ zu Hause wieder mal aufgeräumt. In Einöd, einem Ort mit rund 3000 Einwohnern, der direkt an das saarländische Homburg grenzt. Unterm Dach fand er ein großes Plakat, mehr als 40 Jahre alt. Abgebildet darauf: Alle Spieler von Eintracht Frankfurt der Saison 1979/80.

„...und ich, der kleine Junge aus dem Saarland“

„Wir hatten eine wahnsinnig gute Mannschaft. Der Grabi, der Holz, der Pezzey, der Nickel... Und ich, der kleine Junge aus dem Saarland. Mittendrin, direkt neben Jürgen Grabowski! Ich hatte das Plakat in der Hand und es lief mir eiskalt den Rücken runter“, berichtet Horst Ehrmantraut und erinnert sich an seinen größten Erfolg als Fußballprofi, den Gewinn des UEFA-Pokals 1980.

Horst Ehrmantraut (hinten, 4. v. l.) als frisch gebackener Europapokalsieger.

Vor der Saison war er vom FC Homburg zur Eintracht gewechselt. Ein Nobody, der es bei Trainer Friedel Rausch zunächst sehr schwer hatte. In Bochum mal auf der Bank, sonst Dauergast auf der Tribüne. „Aber ich wollte es unbedingt packen, wollte richtig zu dieser Mannschaft gehören. Deshalb war für mich jedes Training ein UEFA-Cup-Finale. Ich hängte mich jeden Tag voll rein“, erinnert er sich mit einem Lächeln. Der Ehrgeizling mit dem großen Kämpferherz schaffte es schon in seiner ersten Saison am Main in die Stammformation.

Arbeitsplatz als Markenzeichen: Horst Ehrmantraut nimmt während Spielen auf seinem weißen Plastikstuhl Platz.

Nach seinem Engagement bei den Adlerträgern ging er zur Hertha BSC, um dann beim FC Homburg die Karriere ausklingen zu lassen. Aus dem Spieler wurde der Trainer Horst Ehrmantraut, der in der Winterpause 1996/97 seine zweite Eintracht-Karriere startete: Als Nachfolger von Dragoslav Stepanovic in der Zweiten Bundesliga bei einem Klub, der sportlich und finanziell stark ins Taumeln geraten war. Dem Kämpfer war das egal, am Ende der Spielzeit stand der Klassenerhalt.

Ein Jahr später feierte Frankfurt die Rückkehr ins Oberhaus. Mit dem akribischen Arbeiter auf der Bank oder besser: Auf dem weißen Plastikstuhl, den der damalige Lizenzspielleiter Rainer Falkenhain für knapp 20 D-Mark im Baumarkt besorgt hatte, damit der manchmal auch kauzige Saarländer einen besseren Blick aufs Spielfeld hatte.

Stolz auf seine Jungs ist er noch heute: „Es waren nicht die besten Kicker, aber alle hatten ein ganz großes Herz.“ Es war eine ziemlich bunt zusammengewürfelte Mannschaft gewesen, viele Spieler galten fast schon als gescheitert, als sie unterm Adlerdach unterkamen.

Die Eintracht-Fans haben mich wieder aufgebaut.

Horst Ehrmantraut

Nach seinem Rauswurf kurz vor Weihnachten 1998, auf Platz 15 der Bundesliga liegend, flossen Tränen, „aber die Eintracht-Fans haben mich wieder aufgebaut“. Und auch der inzwischen verstorbene Präsident Rolf Heller habe später zugegeben, dass die Trennung nicht die beste Idee gewesen war.

Inzwischen gehört ein Besuch im Frankfurter Stadtwald zu den seltenen Freizeitbeschäftigungen des Hobby-Landwirts. Dafür zieht es ihn häufig nach Straßburg auf die Pferderennbahn. Ein paar Scheine am Wettschalter zu riskieren, gehört dann natürlich dazu.

Landwirtschaft und Pferderennen

Bis vor zwei Jahren hatte er sogar die Wohnung aus Hertha-Zeiten noch. Die hätte er kürzlich beim DFB-Pokalfinale der Eintracht gegen Leipzig gut nutzen können. „Aber irgendwann musste ich einsehen, dass sie sich nicht mehr rechnet, schließlich hatte ich sie nur gemietet. Und dann kam auch noch Corona. Sie war einfach ein Traum: 82 Quadratmeter, fünf Minuten zum Kudamm. Das war genial.“

Wenn der 67-Jährige nun wieder mal in die Hauptstadt reist, „dann gehe ich in ein Hotel und lasse mich verwöhnen“. In Einöd legt er dagegen auf seinen Äckern regelmäßig kräftig Hand an. Wie lange noch, müsse er „mal sehen“. Schließlich ist der „stolze Einöder“ inzwischen im Rentenalter.

Zur Person

  • Geboren: 11. Dezember 1955 in Einöd.
  • Bei der Eintracht: 1979 bis 1980 als Spieler, 1996 bis 1998 als Trainer.
  • Einsätze als Spieler für die Eintracht: 13 in der Bundesliga, eins im DFB-Pokal, vier im UEFA-Cup.
  • Spiele als Trainer für die Eintracht: 72.