Situation
Über weite Strecken der Saison konnte sich die in den vergangenen Jahren stabilisierende und scheinbar im Aufbruch befindliche „alte Dame“ berechtige Hoffnungen machen, in die Europapokalränge vorzustoßen. Doch vor den letzten Metern dieser Spielzeit ist schon Platz sechs rechnerisch nicht mehr zu erreichen, selbst Platz sieben ist bei zwölf Zählern Rückstand und der deutlich schlechteren Tordifferenz fast utopisch. Auf der anderen Seite befindet sich der Tabellenelfte dennoch in ruhigen Fahrwassern und liegt 15 Punkte vom Relegationsrang entfernt. Der Klassenerhalt ist somit längst gesichert. Kurzum: Die Hertha bewegt jenseits von Gut und Böse. Immerhin können die Verantwortlichen somit entspannt die Planungen für die kommende Saison vorantreiben. Diese sehen auch vor, dass im Sommer ein neuer Cheftrainer auf Pal Dardai folgen soll.
Formkurve
Ursächlich für die einerseits komfortable, andererseits nicht vollends befriedigende Situation, ist die Ergebniskrise seit März. Der letzte Sieg datiert vom 2. März (2:1 gegen den 1. FSV Mainz 05), danach setzte es fünf Niederlagen, zuletzt kamen die Hauptstädter gegen Schlusslicht Hannover 96 nicht über ein 0:0 hinaus. Die Luft scheint raus.
Trainer
Schon bevor Pal Dardai in Berlin das Zepter schwang, hatte der einstige Abräumer Kultstatus erlangt. Ungarns Fußballer des Jahres 1999 hielt in insgesamt 286 Bundesligaspielen seine Knochen für die Hertha hin, machte von Gütersloh in der zweiten Liga bis zu Milan in der Champions League alles mit und ließ 2012 als Rekordspieler und Klublegende bei der zweiten Mannschaft seine aktive Karriere ausklingen. Fast fließend tauschte der 43-Jährige den Spielerpass gegen den Trainerschein und lernte das Trainerhandwerk von der Pike auf. Erst 2013 in der Berliner C-Jugend, dann 2014 parallel als Nationaltrainer seines Heimatlandes. 2015 die Blitzbeförderung zum Cheftrainer in Berlin. Nach dieser Saison möchte es die Hertha mit einem neuen Coach versuchen. Nicht ausgeschlossen, dass der Ungar dem Verein erhalten bleibt.
Taktiktafel
Am Grundmuster 4-2-3-1 war zunächst wenig zu rütteln. In konservativerer Ausführung sorgte die Doppelsechs um den gesperrten Marko Grujic und wahlweise Martin Skjelbred, Arne Maier oder Fabian Lustenberger vor der eingespielten Viererkette für defensive Verlässlichkeit. Im Spiel nach vorne war zumindest in der Hinrunde die größere Strafraumpräsenz auffällig. Gaben in den Vorjahren die Routiniers Ibisevic und Kalou die Alleinunterhalter, stoßen mittlerweile gerne auch Zehner Ondrej Duda oder Liverpool-Leihgabe Grujic aus der Tiefe in die Box vor. Dagegen lässt sich gerade die defensive Allzweckwaffe Lustenberger im Spielaufbau als zusätzliche Anspielstation zwischen die Innenverteidiger fallen. Aus der situativen Dreierkette bildeten die Berliner mangels Stabilität in den vergangenen Monaten auch häufiger eine fixe Fünfer-/Dreierabwehr.
Spieler im Fokus: Ondrej Duda
Ondrej Duda kam 2016 mit reichlich Vorschusslorbeeren an die Spree, schaffte aber auch verletzungsbedingt erst in seiner dritten Saison den Durchbruch. Der Slowake stand in 28 Ligaspielen auf dem Rasen, eine Jokerrolle wie im Hinspiel blieb die Ausnahme. Sein Wert fürs Team lässt sich auch anhand der Torquote belegen: Nachdem Duda in seinen ersten beiden Jahren bei der Hertha in 20 Bundesligaspielen nur ein Mal getroffen hatte, erzielte er in dieser Spielzeit zehn Treffer und ist damit Herthas Toptorschütze. Dazu kommen vier Assists. Mit insgesamt 14 Torbeteiligungen ist der 24-Jährige auch Topscorer seines Klubs. Dabei kann der 1,84-Meter-Mann auch zupacken. Er beging in dieser Saison ligaweit die meisten Fouls (64).