30.12.2022
Historie

Jogo Bonito im Waldstadion

Pelé hat die Fußballwelt bereichert, den Sport zur Kunst erhoben und diese auch in Frankfurt zelebriert. Berührungspunkte zwischen der Eintracht und der am Donnerstag verstorbenen Legende.

Heute würde es heißen: Die Eintracht war der letzte Hit! Deutscher Meister 1959, im Europapokalfinale 1960 zum Jahrhundertspiel gegen Real Madrid beigetragen – und gewissermaßen das damalige Aushängeschild der ansonsten darbenden Fußballrepublik. Welch Reputation die Hessen seinerzeit auch international besaßen, zeigte sich schon daran, dass wenige Wochen nach dem 3:7 gegen das weiße Ballett am 20. Juni 1960 die Fußballkünstler vom FC Santos im Stadtwald gastierten.

Eintrittskarte vom ersten Aufeinandertreffen des FC Santos mit Eintracht Frankfurt.

„Es war eine Niederlage und doch ein Sieg. Ein Sieg über die Frankfurter Zuschauer, die sich schon lange nicht mehr für Freundschaftsspiele interessiert hatten und hier den Wagemut eines Vereins belohnten, der immerhin dem Vermittler Ukrainczyk bare 35.000 DM zugesagt hatte. Ein Sieg aber auch über die Meinung, daß die brasilianische Fußballkunst von einer deutschen Mannschaft weder aufgehalten noch kopiert werden könne“, schrieb „Der neue Sport“ nach der 2:4-Niederlage vor 45.000 Besuchern. Die Adler führten zwischenzeitlich 2:0, ehe die Brasilianer aufdrehten und nach einer Stunde den Ausgleich herstellten. Der Torschütze: Ein damals 19-jähriger Weltmeister namens Edson Arantes do Nascimento. Kurz: Pelé.

„Pelé bleibt eben Pelé“

Der Mann, den die FIFA 1999 zum größten Spieler des 20. Jahrhunderts küren sollte, hinterließ seine größten Spuren in Frankfurt schließlich drei Jahre darauf. Mit dem mittlerweile zweiten von insgesamt drei WM-Titeln im Gepäck gab sich der FC Santos am 5. Juni 1963 zum zweiten Mal die Ehre im Herzen von Europa.

Eintrittskarte vom zweiten Gastspiel der Brasilianer im Stadtwald drei Jahre später.

Anders als beim Premierenduell war gegen die Gäste diesmal gar kein Kraut gewachsen. Und erst recht nicht gegen diesen Pelé, der beim 5:2, das mit 4:0 schon zur Halbzeitpause entschieden war, einen Viererpack schnürte. Zwei Treffer mit dem Fuß, zwei mit dem Kopf versetzten die 30.000 Zuschauer genauso in Verzückung wie die anwesenden Journalisten. „Pele bleibt, wie ich es bereits nach dem Hamburger Länderspiel an dieser Stelle betonte, eben Pele“, kommentierte Bert Merz in „Der neue Sport“.

Am 29. Dezember ist Pelé, dessen Verdienste weit über den Sport hinausreichen, der Sportminister war, der als Nationaldenkmal Brasiliens überdauert, im Alter von 82 Jahren verstorben.

Die Fußballwelt trauert, Eintracht Frankfurt trauert. Oder, um es mit einem Tweet des Eintracht Frankfurt Museums zu halten: „Selten, dass man auf Gegentreffer stolz ist“.