02.06.2024
Historie

Kalli, alles Gude zum 90sten!

Feldkamp führte Frankfurt 1988 zum DFB-Pokalsieg. Ein Gespräch zwischen Marbella und Braunschweig, über Detari und Stein, mit dem Cup in Frankfurt und warum er gerne länger geblieben wäre.

Wie sehr Karl-Heinz Feldkamp sein Leben genießt und wie viel Freude er daran hat, merkt man bei seiner Antwort auf die Frage, was er denn an seinem 90. Geburtstag machen werde. „Wir feiern im kleinen Kreis in Braunschweig, ein paar Tage später dann etwas größer bei meinem Sohn in Aachen. Meine Kinder wollen für mich die Feier ausrichten. Aber bei meinem 95. bestimme ich alles selbst, ich habe das Restaurant schon im Auge“, sagt der Jubilar, den die „Eintracht vom Main“-Redaktion kürzlich in Berlin getroffen hat.

Die Ärmel seines weißen Sommerhemds sind hochgekrempelt, seine Erinnerungen an Ereignisse vor fast 40 Jahren total präsent, es wird viel gelacht und gescherzt. Kalli Feldkamp ist gut drauf, erfreut sich bester Gesundheit und hat – wie seine Antwort in Richtung seines 95. Geburtstages beweist – noch viel vor. Tennis („nur noch Doppel“) und Schwimmen („in meinem Pool“) halten ihn fit, dazu seine Frau Helma, die „mich immer antreibt“, sagt er lächelnd.

Treffen mit vielen Weggefährten in Berlin

Der 1. FC Kaiserslautern hat ihn zum DFB-Pokalfinale eingeladen, in den Tagen rund um das Endspiel standen Treffen mit vielen ehemaligen Weggefährten an. Denn nicht nur mit der Eintracht hat Feldkamp den DFB-Pokal gewonnen, auch mit den Roten Teufeln reckte er die Trophäe 1990 in die Höhe. Und auch 1985, als das DFB-Pokalfinale erstmals nach Berlin kam, mit Bayer 05 Uerdingen. Einer seiner Schlüsselspieler damals: Ex-Eintracht-Coach Friedhelm Funkel, als Trainer mit dem FCK zurück in Berlin – und dem neuen Doublesieger Bayer 04 Leverkusen knapp 0:1 unterlegen.

Karl-Heinz Feldkamp an der Seite von Lajos Détári mit dem DFB-Pokal.

Mit den Pfälzern hatte Feldkamp schon 1981 das Endspiel erreicht, damals in Stuttgart gegen die Eintracht (1:3). Seit 1985 werden die Endspiele stets in der Hauptstadt ausgetragen. „Ich habe die Atmosphäre in Berlin immer gemocht. Die Entscheidung, Berlin als festen Standort für das DFB-Pokalfinale zu installieren, hat dieses auf ein neues Niveau gehoben. Auch wenn es vor der Wende natürlich nicht so einfach war, dorthin zu kommen. Insbesondere für die Fans“, berichtet er. Seine Berlin-Pokal-Bilanz: drei Endspiele, drei Siege, mit Uerdingen (2:1 gegen Udo Latteks Bayern 1985) und Kaiserslautern (3:2 gegen Rehhagels Bremer 1990) sicherlich in der Außenseiterrolle.

Favoritenstatus gegen Bochum

Favoritenstatus genoss die Eintracht unterdessen 1988 gegen den VfL Bochum. „Wir haben zwar keine starke Bundesligasaison gespielt, dennoch haben viele einen Sieg erwartet“, erzählt der 90-Jährige. Es sollte die Sternstunde von Lajos Detari werden, der in der 81. Minute einen Freistoß ins VfL-Tor zirkelte und der Eintracht DFB-Pokalsieg Nummer vier bescherte. „Lajos war eine Bereicherung für die Mannschaft, hat die Fehler der anderen verdeckt. Seine Technik und seine Genauigkeit im Passspiel waren überragend, seine Ausstrahlung in der Kabine beispiellos.“

Unten wurde gefeiert, oben der Motor der Mannschaft verkauft.

Karl-Heinz Feldkamp

Doch schon in Berlin passieren Dinge, die dem Trainer nicht schmecken. „Im Hotel wurde unten gefeiert und oben der Motor der Mannschaft verkauft“, sagt Feldkamp über den bevorstehenden Wechsel des Ungarn. Problem an der Geschichte: „Ich habe davon erst im Trainingslager vor der nächsten Saison erfahren, als er binnen 48 Stunden griechischen Boden betreten sollte.“ Detari verließ das Camp in Norddeutschland über Nacht.

Von dort an passte es nicht mehr zwischen Feldkamp und der Eintracht. „Ich hätte sofort aufhören müssen, das habe ich versäumt. Die Rücksichtslosigkeit der Verantwortlichen hat mich tief getroffen. Denn natürlich wollte ich nicht, dass er geht. Diese Situation hat zu einer Lustlosigkeit bei mir geführt.“ Die Eintracht startete schlecht in die Saison 1988/89, Mitte August waren die Tage von Feldkamp nach nicht mal 14 Monaten gezählt.

Feldkamp über Stein, Binz und Möller

Dabei hatte es ihm in Frankfurt sehr gefallen. „Wir haben in Neu-Isenburg gewohnt. Wir hatten selten so viel Besuch, weil Frankfurt so zentral liegt und attraktiv ist. Die Wege waren kurz, auch zum nächsten Tennisklub. Unsere Tochter ging hier zur Schule. Wir wären gerne länger geblieben“. Zumal er sich zugetraut hätte, aus der Mannschaft noch mehr herauszuholen. „Uli Stein war der beste Torwart, den ich jemals in meiner Mannschaft hatte. Und ich hatte auch Keeper wie Hellström und Immel. Manni Binz war der perfekte Sechser, ein toller Spieler. Andy Möller hatte ein Riesentalent“, spricht er stellvertretend über drei Akteure der damaligen Mannschaft, wobei Möller bereits im Winter der Saison 1987/88 zum BVB gewechselt war.

Uli Stein war der beste Torwart, den ich jemals in meiner Mannschaft hatte. (...) Manni Binz war der perfekte Sechser, ein toller Spieler. Andy Möller hatte ein Riesentalent.

Karl-Heinz Feldkamp

Als Feldkamp 2018 von der Eintracht ebenso wie die 1988er-Helden zum DFB-Pokalfinale eingeladen war, habe er sich mit Binz ausgetauscht. „Du hättest mehr aus dir machen können“, habe Feldkamp zu ihm gesagt, und Binz habe entgegnet: „Du hast Recht“.

Feldkamp holte im letzten Drittel seiner Trainerkarriere dafür mehr aus anderen Mannschaften und Spielern raus. Nach kuriosen Jahren in Kairo, wohin ihn ein ägyptischer Schönheitschirurg aus Frankfurt vermittelt hatte, holte er noch Meisterschaften und nationale Pokalsiege mit Kaiserslautern und Galatasaray Istanbul. Vor seinem Engagement in Frankfurt hatte er neben Kaiserslautern und Uerdingen auch Wattenscheid 09, Gütersloh, zweimal Bielefeld und den BVB angeleitet.

Beobachtend: Karl-Heinz Feldkamp an der Eintracht-Bank.

Spieler von der Jugend bis zum letzten Aktiventag bei Rot-Weiß Oberhausen, Trainer und Sportdirektor, in den 1990ern dann TV-Experte bei Länderspielen: Über 60 Jahre spielte der Fußball eine sehr große Rolle in seinem Leben. Heute verfolge er die Bundesliga nur noch gelegentlich, hat aber freilich seine Freude an Stadionbesuchen und Treffen mit alten Weggefährten, wenn er in Deutschland ist. Sein Lebensmittelpunkt befindet sich zumindest abseits der Tourismushochzeiten in Marbella, wo er schon vor 40 Jahren ein Haus gekauft hat.

Fußballerische Fußstapfen

In seine fußballerischen Fußstapfen ist Tochter Miriam Herzberg getreten, die viele Jahre beim VfL Wolfsburg und Eintracht Braunschweig in den Medienbereichen tätig war. Noch wenige Wochen leitet sie die Unternehmenskommunikation und Fundraising bei der Evangelischen Stiftung Neuerkerode unweit von Braunschweig, der „deutschen“ Heimat Feldkamps. In Neuerkerode, wo die Stiftung nach eigenen Angaben „Gesundheit, Inklusion und Lebensqualität“ fördere, stieg am Sonntag nach dem Pokalfinale das traditionelle Sommerfest. „Das erdet. Eine schöne Veranstaltung, bei der ich immer gerne dabei bin“, erzählt Feldkamp, dem in diesem Jahr aber das Wetter einen Strich durch die Rechnung machte.

Marbella, Berlin, Braunschweig. Karl-Heinz Feldkamp ist gerne unterwegs und gibt seine Lebensfreude weiter. Alles Gute zum 90. Geburtstag, lieber Kalli!