Situation
Es gibt Meinungen, die schätzen die Lage des Clubs als hoffnungslos ein: Tabellenletzter, mehr Verletzte als Rettungskräfte, und ein auf den ersten Blick verpuffter Trainerwechsel. Auf der anderen Seite sind noch 27 Punkte zu vergeben, wer ergibt sich da schon kampflos, zumal der Relegationsplatz nach wie vor überschaubare sechs Zähler entfernt liegt. Der vorherige Gegner der Eintracht, Fortuna Düsseldorf, hat es in dieser Saison vorgemacht, Frankfurt selbst vor zweieinhalb Jahren. Die Pointe dabei: In den Entscheidungsspielen stand auf der anderen Seite der FCN, der 2016 der zweiten Liga erhalten blieb.
Zwei Jahre später haben die Franken den Abstieg von 2014 nun doch rückgängig gemacht, als Zweitligazweiter sogar auf direktem Wege. Und insgesamt zum achten Mal, womit der FCN als Rekordaufsteiger – und zwangsläufig auch als Rekordabsteiger – der Fußballbundesliga gilt. Damit sich dieser Status nicht verstetigt, sind für den bis 1986 Rekordmeister der Bundesliga vor allem eines wichtig: Siege. Doch der letzte Dreier liegt bereits 19 Partien zurück und datiert von am 29. September. Seither gab es nur fünf Remis und 14 Niederlagen. Daran vermochte auch Winterneuzugang und Bundesligakenner Ivo Ilicevic nichts zu ändern, der in Frankfurt vor seinem Debüt für den Club steht.
Formkurve
Auch wenn Interimstrainer Boris Schommers zuletzt die wackelige Defensive wieder weitgehend in den Griff bekam, bleibt die mangelnde Durchschlagskraft in der Offensive ein nicht von der Hand zu weisendes Handicap: 19 Treffer sind die wenigsten in der Liga. Zum Vergleich: Allein Sébastien Haller traf in der Rückrunde so oft wie der gesamte FCN: fünf Mal.
Aber wie Adi Hütter schon unlängst bemerkte: Die jüngsten Niederlagen fielen immer knapp aus, Nürnberg ließ gegen die allesamt (form-)starken Kontrahenten aus Dortmund, Düsseldorf, Leipzig und Hoffenheim nur fünf Tore zu. Außer dem 0:0 gegen Dortmund gingen jedoch die übrigen Partien verloren. Was auch damit zusammenhängt, dass das Umschaltspiel zu selten zur Geltung kommt. 43 Prozent Ballbesitz sind ohnehin Ligatiefstwert, genau wie die 18 Torschüsse nach Kontern. Mit 193 Sprints weisen die Franken auch in dieser Disziplin den zweitschwächsten Wert auf.
Trainer
Nachdem Aufstiegstrainer Michael Köllner nach 21 Spieltagen auf dem letzten Tabellenplatz gehen musste, übernahm dessen vormaliger Assistent Boris Schommers die Geschicke am Valznerweiher. Der einstige Nachwuchscoach des 1. FC Köln hatte schon als Co-Trainer seine Schwerpunkte in der Defensivtaktik, weshalb die aktuelle Marschroute, aus einer kompakten Deckung mit vier Abwehr- und fünf Mittelfeldspielern heraus zu agieren, wenig überrascht. Den Torriecher soll die Club-Legende Marek Mintal, einst sowohl Zweit- als auch Bundesligatorschützenkönig, als Interims-Assistent zurückbringen.
Taktiktafel
Die Systematik der Vormonate ließ Schommers dabei zumeist unangetastet. Vor mindestens einem klar absichernden defensiven Mittelfeldspieler ordnen sich auf den Halbpositionen zwei Achter sowie zwei Flügelstürmer an. Dabei agieren die jeweiligen Pendants je nach Ausrichtung mal enger beieinander oder auch breiter, wodurch mit wenigen Verschiebungen leicht ein 4-1-4-1 oder 4-5-1 entstehen kann. Allerdings fallen die fürs Konterspiel verfügbaren Außen derzeit verletzt oder gesperrt aus, weshalb die Praxis zu selten an die Theorie heranreicht.
Spieler im Fokus: Mikael Ishak
Es ist teilweise bezeichnend für die Nürnberg Offensivmisere, dass kein Stürmer die interne Torschützenliste anführt, sondern mit Kapitän Hanno Behrens (vier Treffer) der Mittelfeldmotor. Dennoch ruhen die letzten Resthoffnungen weiter auf Mittelstürmer Mikael Ishak, dem bislang drei Tore gelangen. Wie seine Angriffskollegen hat auch der schwedische Mittelstürmer regelmäßig mit kleineren oder größeren Verletzungen zu kämpfen. Zu kämpfen hat der bullige Angreifer auch mit der Spielausrichtung. Die Strafraumqualitäten des Topscorers der Aufstiegssaison (zwölf Tore, acht Vorlagen) kommen im auf Konter ausgelegten FCN-System kaum zum Tragen, wie er unlängst selbst bedauerte: „Wir haben wenige Torschüsse, besonders im Sechzehner.“ Statt Flanken muss Ishak Steilpässe verarbeiten und hängt damit oftmals in der Luft. Die Zahlen belegen das Naturell des 1,83-Meter-Mannes, der über 90 Minuten im Schnitt auf 27 Ballkontakte kommt. Zudem hat Ishak in puncto Zweikampfstärke Luft nach oben, gewann nur 35 Prozent.