Situation
15, 4 und 3 lauten die TSG-Platzierungen der vergangenen drei Spielzeiten. Der Aufschwung Hoffenheims ist unweigerlich mit dem Namen Julian Nagelsmann verbunden. Nach Jahren der Selbstfindung und personeller Veränderungen ist der TSG unter der Leitung des jüngsten Cheftrainers der Bundesligageschichte 2016 der Klassenerhalt, 2017 die Teilnahme an der UEFA Europa League und 2018 erstmals der direkte Einzug in die Königsklasse gelungen.
Die Kehrseite der Medaille waren die geweckten Begehrlichkeiten der Konkurrenz. Gerade im Offensivbereich ging den Kraichgauern durch die Abgänge von Sandro Wagner, Serge Gnabry und Mark Uth eine Portion Torgefahr abhanden. Dafür konnte der Direktor Profifußball Alexander Rosen mit Leonardo Bittencourt und Vincenzo Grifo zwei bundesligaerprobte Experten für das Kreativzentrum an Land ziehen. Dazu soll Joshua Brenet zusätzliches Tempo über die Außenbahnen entfachen.
Formkurve
Die ersten Eindrücke waren von ungewohnten Startschwierigkeiten geprägt. So fielen zuletzt in Kapitän Kevin Vogt, Neuzugang Kasim Adams sowie Ermin Bicakcic, Benjamin Hübner und Havard Nordtveit gleich fünf etatmäßige Innenverteidiger aus. Die hinterlassenen Lücken im Angriff wiederum vermag derzeit allenfalls Adam Szalai mit drei Treffern zu stopfen. Neuerwerbung Ishak Belfodil, Rückkehrer Joelinton und Vizeweltmeister Andrej Kramaric agieren bemüht, aber oft noch zu wirkungslos. Überhaupt stehen beim Emporkömmling Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis. Mit 729 Kilometer Laufleistung bildet Hoffenheim die Ligaspitze, 96 Torschüsse sind immerhin die drittmeisten. Daran gemessen liegen sieben Punkte aus sechs Partien unter den gestiegenen Ansprüchen. Auch auf europäischer Ebene war an den ersten beiden Spieltagen mehr drin, als der Neuling gegen Donezk (2:2) und Manchester City (1:2) jeweils in der Schlussphase drei Punkte verspielte.
Trainer
Die vorangegangenen sportlichen Erfolge seit dem Wirken von Nagelsmann gehen Hand in Hand mit der Rückkehr einer unverwechselbaren Spielidentität. Der 31-Jährige verkörpert jenen jugendlichen, innovativen Stil, den sich Mäzen Dietmar Hopp seit jeher auf die Fahne schreibt. Deutschlands Trainer des Jahres 2017 scheut sich nicht, vereinseigene Talente ins kalte Wasser zu werfen, wobei ihm gerade zu Beginn eigene Vorkenntnisse halfen, immerhin empfahl sich der Querdenker selbst als Trainer der U17 und U19, die er 2014 zur Deutschen Meisterschaft geführt hat, für Höheres. Auch ist es für den gebürtigen Landsberger nicht ungewöhnlich, vergleichsweise früh sein Wechselkontingent auszuschöpfen, um gegebenenfalls rechtzeitig Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen zu können. Die bisweilen unorthodoxe und detailversessene Arbeitsweise hat rasch andernorts Interesse geweckt. Der Wechsel nach Leipzig nach dieser Saison ist beschlossene Sache.
Taktiktafel
Zu Nagelsmanns Spielauffassung gehört auch, kein starres System festzulegen, sondern seinen Spielern vielmehr feste Prinzipien an die Hand zu geben, die unabhängig vom Gegner gelten. Dennoch hat sich zumindest im Ligabetrieb das 5-3-2/3-5-2 als gängige Taktik herauskristallisiert, womit sich die Baden-Württemberger gegen den Ball die größtmögliche Kompaktheit versprechen. Bei eigenem Ballbesitz kommt zumeist einer der Stürmer dem Zuspiel aus dem Mittelfeld entgegen, um den Ball zurückklatschen zu lassen und in weiterer Folge die Abwehrreihe zu überspielen, wobei Passsicherheit meist vor Direktheit geht. Die hohe Erfolgsquote beim Verhalten im letzten Drittel hat automatisch eine hohe Abschlussfrequenz zur Folge. Dabei mutieren die Außenverteidiger zu Außenstürmern, die nicht zwangsläufig an der Außenlinie kleben, sondern auch Diagonalläufe in den Strafraum auf sich nehmen. Generell ist das vertikale TSG-Schema sowohl bei Ballgewinn als auch Ballverlust von großer Handlungsschnelligkeit geprägt, was vor allem für die weiträumig agierenden Achter gilt, die in beide Richtungen eine verbindende Funktion haben. Damit bei den häufigen Richtungswechseln die Mannschaftsteile nicht auseinanderdriften, ist eine hohe Laufbereitschaft unabdingbar.
Spieler im Fokus: Pavel Kaderabek
Pavel Kaderabek hat sich mit starken Leistungen auf der Außenbahn ins Rampenlicht gespielt. Der Mann über die Außenbahn gilt im Vergleich zu dem Dampfmacher als die etwas konservativere Wahl. Gleichwohl bergen auch die Flankenläufe des tschechischen Nationalspielers Gefahrenpotential, wie ein Treffer und eine indirekte Torbeteiligung bezeugen. 2015 von Sparta Prag nach Hoffenheim gewechselt ist der tschechische Doublegewinner von 2014 in der aktuellen Situation vielleicht so wichtig wie nie.