28.03.2019
Bundesliga

Konzentration statt Rotation – Gegnercheck VfB Stuttgart

Der Ertrag ist überschaubar, der Abstand auf die Nichtabstiegsplätze aber auch. Für die Rettung des VfB Stuttgarts vertraut Trainer Markus Weinzierl auf einen kleinen erfahrenen Kern.

Situation

Nach der knapp verpassten Teilnahme an der UEFA Europa League in der vergangenen Saison richtete der Verein Mannschaft, Transfergebaren und öffentliche Zielsetzung bewusst auf einen neuen Angriff auf die internationalen Plätze aus. Doch die Realität hat die Phantasie längst verschlungen. Die Mannschaft steht auf Platz 16, im Herbst löste Markus Weinzierl Tayfun Korkut als Cheftrainer ab, im Frühjahr musste Sportvorstand Michael Reschke seinen Hut nehmen. An dessen Stelle rückte Ex-Profi Thomas Hitzlsperger. 

Dafür kamen im Winter Verstärkungen für jeden Mannschaftsteil: Der von Galatasaray Istanbul losgeeiste Ozan Kabak ist aus der Innenverteidigung nicht mehr wegzudenken, Allrounder Steven Zuber gilt mit fünf Toren aus neun Spielen schon jetzt als Lebensversicherung und Alexander Esswein hat sich als zweite Spitze neben Mario Gomez oder Nicólas Gonzalez etabliert.

Auch wenn die Schwaben nur eines der vergangenen elf Bundesligaspiele gewinnen konnten (5:1 gegen Hannover 96), kommt das Licht am Ende des Tunnels eher näher als dass es erlischt. Der Rückstand ans rettende Ufer beträgt überschaubare drei Punkte. Ein Schwachpunkt ist und bleibt die anfällige Defensive. Noch nie hat eine VfB-Mannschaft nach 26 Bundesligabegegnungen so viele Gegentreffer zugelassen wie die aktuelle (56).

Formkurve

Insbesondere gegen höher eingestufte Teams hakt es: Gegen die Top Sieben sprang noch kein Punkt heraus. Doch der Coach hat seine Elf des Vertrauens gefunden, bot in den vergangenen fünf Partien jeweils dieselbe Besetzung auf. Mit demselben Rezept, einem engen Kreis von 14 bis 16 Spielern zu vertrauen, hatte der Fußballlehrer etwa mit dem FC Augsburg in der Rückrunde 2012/13 den Turnaround geschafft, nachdem die Fuggerstädter seinerzeit in der Hinrunde nur neun Punkte ergattert hatten. Einzig bei der 1:3-Niederlage des VfB gegen Borussia Dortmund hatte Nicólas Gonzáles anstelle von Mario Gomez gespielt. Dies war bezeichnenderweise die einzige Niederlage in den vergangenen vier Partien, weshalb sich trotz aller Querelen ein leichter Aufwärtstrend abzuzeichnen scheint.

Trainer

Wie beschrieben besitzt Markus Weinzierl bereits reichlich Erfahrung mit schwierigen Situationen. Sei es beim FCA, den er nach dem überstandenen Gegenwind bis 2015 sogar in die UEFA Europa League führte, oder beim FC Schalke 04, wo er zum Einstand einst fünf Spiele am Stück verlor – das erste 0:1 in Frankfurt. Der 53-malige Zweitligaakteur aus Straubing kletterte nach dem verletzungsbedingten Ende seiner Spielerlaufbahn 2005 Schritt für Schritt die Ligaleiter empor, indem er bei Jahn Regensburg 2006 das Trikot gegen den Trainerkittel eintauschte, 2008 vom Assistenz- zum Cheftrainer aufrückte, 2012 den Aufstieg in die zweite Liga bewerkstelligte und diese persönlich übersprang, indem er beim FC Augsburg anheuerte, den er 2016 gen Schalke verließ. In Gelsenkirchen war nach einem Jahr Schluss, seit Oktober ist der 44-Jährige zurück auf der Bundesligabühne.

Taktiktafel

Was Weinzierl während seines ersten Spiels in der Hinrunde gegen Borussia Dortmund (0:4) veränderte, hatte auch danach Bestand: Eine Fünfer- statt Viererabwehrkette. Zwar gestaltet sich die Zentrale um den 23-jährigen Weltmeister Benjamin Pavard, den 19-jährigen Türken Kabak und den 24-jährigen Marc Oliver Kempf vergleichsweise jung, ansonsten vertraut Weinzierl aber vorwiegend auf Routine. Rechts und links verteidigen die erfahrenen Andreas Beck (32) und Emiliano Insua (30), davor steht neben der Hoffenheimer Leihgabe Zuber (27) auch Gonzalo Castro (31) als Achter für gehobenes Bundesliganiveau. Für den gesetzten Ascacibar (22), der wegen einer Gelbsperre fehlt, wird voraussichtlich der Kapitän und zweimalige Deutsche Meister Christian Gentner die Rolle es Abräumers übernehmen. Mit Gomez als Keilstürmer wissen die Schwaben ein zweites 33-jähriges Eigengewächs als Säule in ihren Reihen, um den herum sich der 29-jährige von Hertha BSC ausgeliehene Esswein als hängende Spitze bewegt.

Spieler im Fokus: Marc Oliver Kempf

Einen Mosaikstein in dem VfB-Gebilde stellt Marc Oliver Kempf dar. Als linker Part der dreiköpfigen Innenverteidigung spielt der U19-Europameister von 2014 seine wohl konstanteste Saison. Das Eigengewächs der Eintracht (19 Tore in 53 Junioren-Bundesligaspielen, zudem sechs Profieinsätze) absolvierte seit Mitte November jede der 16 Partien von Beginn an. So viele waren es in sechs Jahren Bundesliga noch nie für den nördlich von Frankfurt aufgewachsenen 24-Jährigen. Den 1,86-Meter-Mann aus Lich zeichnet vor allem eine am Boden wie in der Luft bärenstarke Zweikampfquote von 66 Prozent aus, eine bessere besitzt kein Akteur des VfB, nicht mal Abwehrchef Pavard.

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