Es ist etwa 15 Monate her, als Markus Krösche die Saison 2023/24 abschloss und 2024/25 ins Visier nahm. Der Sportvorstand bemühte damals mit Blick auf die Entwicklung in der Bundesliga den Bergsteigervergleich „nicht Feldberg, sondern Mount Everest“. Mit der erstmaligen Qualifikation für die UEFA Champions League über die Bundesliga sind Spieler und Trainerteam dieser Devise national gefolgt – und erfuhren am Dienstagabend, um beim Bild zu bleiben, zum ersten Mal seit Langem wieder extremen Gegenwind. „Atlético ist eine andere Liga gewesen: individuell und als Mannschaft“, konstatierte Krösche im Bauch des Estadio Metropolitano.
Stärke: Heimmacht Madrid
Dino Toppmöller bemerkte ebenso halb analytisch, halb anerkennend, „mit welcher Intensität Atlético versucht, das Stadion mitzunehmen“, um daraufhin den zehnten Heimsieg in den vergangenen elf Champions-League-Partien auf eigenem Boden einzufahren. Anteilig kommt seit 2023/24 europaweit kein Klub auf diese Atleti-Quote von über 90 Prozent. Dann sei „es für jeden Gegner brutal schwer, aus dem Druck heraus zu spielen“, bekannte Cheftrainer Toppmöller ob der einträchtigen Unterlegenheit.
Gleichzeitig machten die Beteiligten keinen Hehl daraus, in den vergangenen Wochen wiederkehrende Muster nicht abgestellt zu haben – Stadion hin, Gegner her. Beispielsweise fielen wie in Mönchengladbach drei Tage zuvor zwei Gegentreffer nach Eckbällen. „Es ist ehrlicherweise frustrierend. Wir wissen, dass Atlético die Qualität hat, uns mal auszuspielen, individuell mit der Qualität, der Power und ihren Abläufen. Kein Problem, kann passieren. Trotzdem sind die Standardgegentore zu einfach. Das ist definitiv ein Punkt, den wir ins Training integrieren müssen. Denn wenn wir in jedem Spiel zwei Standardgegentore bekommen, wird es schwer, regelmäßig Spiele zu gewinnen“, räumte Toppmöller ein.
Krösche forderte grundsätzlich, „konsequenter“ zu „verteidigen. Gerade in Eins-gegen-eins-Situationen“. Ansgar Knauff, Vorlagengeber zum 1:3, sagte: „Wir haben immer einen Plan bei Standards. Das hat in den letzten Spielen nicht funktioniert. Wir müssen uns als Team zusammensetzen, analysieren, was falsch gelaufen ist und versuchen, es schnell abzustellen – weil das so ein Spiel schnell killt.“ Zwischenfazit Krösche: „Wir wollen diesen Fußball spielen, den Gegner hoch attackieren. Wenn du ein, zwei Meter zu spät kommst, löst solch ein Gegner diese Situationen auf. Wir hatten trotzdem viele gute Ballgewinne, müssen am Timing und an der Verbindung arbeiten. Nicht zuletzt am Verhalten in Eins-gegen-eins-Situationen. Das ist der Schlüssel, um weniger Gegentore zu bekommen.“
Vorbild: Aggressiv wie Atlético
Gewissermaßen kann den Adlern dahingehend der Kontrahent aus der spanischen Capitale als Beispiel dienen, wie Toppmöller aufzeigte: „Das muss der Marker sein für uns, dass wir mit sehr hoher Aggressivität spielen, eine brutale Energie in den Zweikämpfen brauchen. Das haben wir hier gesehen, das haben die Jungs auf dem Feld gespürt. Es ist wichtig für sie, um daraus Dinge zu ziehen: Okay, da kann ich mich verbessern, ob im Kraftraum oder läuferisch. Daran müssen und wollen wir uns orientieren. Es ist noch ein Stückchen zu gehen. Und diesen Weg gehen wir gemeinsam.“
Faktor mal 18
Fußnote zur Einordnung. Von den 22 Startelfspielern am Dienstagabend kamen die der SGE vor Anpfiff zusammen auf 22 Einsätze in der Königsklasse, Atleti derweil summiert auf 411, also auf mehr als 18-mal so viele. Beispielhaft sei hier eine Passage aus der Pressekonferenz mit Diego Simeone zitiert, als der Atleti-Trainer auf den 34-jährigen Antoine Griezmann zu sprechen kam, der nun bei 109 Champions-League-Partien steht: „Ich kann mich noch an seine Anfänge bei uns erinnern, als er auf der linken Seite spielte. Wir luden ihn ein, noch mehr aus sich zu machen, etwa im Kopfballspiel. Er ist gewachsen, ist zur Weltklasse gereift. Er ist immer ein Vorbild gewesen, in seiner Leistung und in seiner Einstellung. Das gibt er dem Team zurück und das gibt er den Fans zurück“. Und überhaupt: „Talent altert nicht“.
Ausblick: Topspiel am Samstag
Exkurs Ende. Die Expedition der jungen Eintracht ist es beileibe nicht. Als nächstes warten die Roten vom FC Bayern München. „Am Wochenende wird es nicht gerade leichter“, weiß Toppmöller, wie alle auf eine rasche Lernkurve setzend. Ansgar Knauff richtet den Blick nach vorne: „Wir haben einen auf den Deckel bekommen und am Samstag gegen einen mindestens genauso guten Gegner die Chance, es besser zu machen.“