08.02.2021
Bundesliga

Leicht zu reizen

Von Gegentoren lassen sich die Adler ebenso wenig aus dem Konzept bringen wie von Ergebnissen der Konkurrenz. Eher ist das Gegenteil der Fall. Erkenntnisse von Sonntag.

Wer wissen wollte, was den Frankfurter Fußballern durch den Kopf ging, als die TSG Hoffenheim mit dem ersten Torschuss kurz nach der Pause den Ausgleich erzielt hatte, wandte sich nach dem sechsten Sieg in Serie gegen die Kraichgauer am besten an Martin Hinteregger. „In der 50. Minute habe ich raufgeschaut, gesehen, dass Luka sich warm macht und dachte: Was soll passieren?“ Nun, passiert ist, auch ohne direktes Zutun des wie Sebastian Rode für die letzten knapp 20 Minuten eingewechselten Edeljokers, der siebte Dreier aus den vergangenen neun Partien, darunter befinden sich zwei Unentschieden. Womit die Eintracht solange ungeschlagen ist wie kein anderer Bundesligist und mit 19 von 21 möglichen Punkten die erfolgreichste Mannschaft 2021 stellt. Dazu passt genauso die Tatsache ins Bild, dass André Silva nach seinem Kopfball zum 3:1-Endstand mit nun acht Toren sogar der treffsicherste Akteur nach dem Jahreswechsel ist. Und auch, wenn der Portugiese mit seinem 17. Saisontor nach 20 Spieltagen den nächsten vereinsinternen historischen Bestwert knackte, gehörten die Schlagzeilen ausnahmsweise einem anderen Adlerträger.

Die Rede ist von Filip Kostic, der mit der Pausenführung nicht nur sein persönliches Torkonto gegen die TSG auf fünf Treffer hochschraubte, sondern zudem zwei Assists zum fünften Auswärtssieg mit mindestens zwei eigenen Buden beisteuerte. Entsprechend schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung von „Kostics nächste[r] Show“, während die Frankfurter Rundschau titelte: „Kostic glänzt“. Auch der kicker kam nicht am Flügelflitzer vorbei: „Kostic brilliert in Hoffenheim“ hier, „Der Raketenmann hebt wieder ab“ da und zu guter Letzt die Schlüsselanalyse: „Die Maßflanken machen den Unterschied“.

Der Raketenmann hebt wieder ab

kicker

Derer schlug der Serbe, der es in der ersten Halbzeit häufig mit Landsmann und Kumpel Mijat Gacinovic zu tun bekommen hatte, sieben, insgesamt fünf Torschussvorlagen standen nach 90 Minuten im Arbeitsprotokoll. „Filip ist nach Fakten der Mann des Spiels. Er hat das wichtige 1:0 erzielt, zwei Tore aufgelegt und sehr gut nach hinten gearbeitet“, bewertete auch Adi Hütter die Leistung der Nummer zehn, die, wie vom Cheftrainer aufgezeigt, wie alle Frankfurter den Rückwärtsgang nicht vernachlässigte. Und das mit einer Spitzengeschwindigkeit von 33,13 Kilometern pro Stunde, Höchstwert bei den Gästen.

Raketenmann auf der linken Außenbahn: Filip Kostic.

Ruck zuck ging es auch nach einer Stunde. Ausgerechnet, als die Hausherren den über weite Strecken des ersten Durchgangs so dominanten Hessen scheinbar die Spielfreude genommen zu haben schienen, beförderte der Linksaußen sein Team mit zwei Hereingaben binnen 90 Sekunden zurück auf die Siegerstraße. Zunächst per Freistoßflanke auf den nahe der Sechzehnmeterkante einköpfenden Evan Ndicka und wenige Augenblicke später mit einem akkuraten Ball auf den Schädel von Silva. „Seine Vorlage auf mich vor dem Tor war perfekt“, lobte der Abnehmer.

Ein Doppelschlag, der langsam zum Muster taugt. Wer sich erinnern mag: Einen Tag nach Neujahr hatte Leverkusen im Deutsche Bank Park 1:0 geführt. 2:1-Gewinner: Die Eintracht. Auch gegen Hertha BSC drehten die Adlerträger ein 0:1 in 3:1 um. Bielefeld hatte nach dem raschen 0:3 das 1:3 erzielt und kurz Hoffnung geschöpft. Endstand: 1:5. Gegen Schalke war der prompte Ausgleich der Knappen kein nachhaltiger Dämpfer, die Eintracht gewann 3:1 durch zwei Jovic-Tore nach zwei Kostic-Vorlagen... 

Hessische Hydra

Ein Phänomen wie eine Hydra, diese sagenumwobene neunhälsige Schlange, bei deren Bekämpfung immer zwei Köpfe nachwachsen, wenn sie einen verliert. Die Formel „Schieß‘ eins, krieg‘ zwei“, liest sich leicht, ist es aber freilich nicht. „Wir haben nach dem 1:1 die Souveränität gezeigt und ausgestrahlt, dass wir das Spiel gewinnen möchten“, erklärt Hütter, der bewusst den Fuß von der Euphoriebremse lässt und zugleich am Freitag aufgezeigt hatte, dass dem vor allem harte Arbeit vorausgegangen sei. „Wir investieren viel. Nicht nur in den Spielen. Es beginnt schon im Training. Unsere Serie ist der Lohn für unsere harte Arbeit“, betont auch Evan Ndicka, mit dem Topwert von 32 Sprints ein Musterbeispiel an Einsatzbereitschaft. „Tuta und Evan haben neben Martin eine sehr gute Leistung gezeigt“, verwies Hütter auf die Defensivqualitäten seiner angriffslustigen Truppe. „In der Dreierkette verstehen wir uns sehr gut, Evan und Tuta machen ihre Arbeit hervorragend“, geht Hinteregger, der wie sein französischer Nebenmann zwei Abschlussmöglichkeiten verbuchte, mit dem österreichischen Fußballlehrer mit.

Kopfballungeheuer unter sich: André Silva und Evan Ndicka.

Dass dieser seine Weste gegen Hoffenheim mit dem sechsten Sieg im sechsten Spiel weiter blütenweiß hielt, war ihm nicht mal so wichtig wie die drei Punkte und deren Zustandekommen an sich: „Ich habe den Platz mit viel Freude verlassen, weil wir absolut verdient gewonnen haben. Ein Pauschallob geht an die Mannschaft.“ Vielmehr würde sich der 50-Jährige wünschen, „nach zwei Remis und einer Niederlage auch mal gegen Köln zu gewinnen.“ Der Effzeh ist der nächste Gast im Deutsche Bank Park und nach dem Wochenende Helfer und Warnung zugleich, der 2:1-Sieg in Mönchengladbach ließ den Frankfurter Vorsprung auf die Fohlen auf vier Zähler anwachsen. Gerade deshalb vermutet Hütter, dass es „möglicherweise schwer werden kann.“

Zumal die Adler im zweiten Sonntagsspiel hintereinander wieder zum Nachlegen gezwungen sein werden. Was im aktuellen Selbstverständnis jedoch keine große Rolle spielt, wie Hinteregger bekräftigt: „Wir registrieren die Tabelle und die anderen Ergebnisse und waren uns bewusst, dass wir in bei der TSG Hoffenheim einen großen Schritt machen können.“ Zusätzliche Reizpunkte können nach den Erfahrungen der Vorwochen folglich nur von Vorteil sein.

Den Trainingsauftakt dieser Woche am Mittwoch könnt ihr übrigens live auf EintrachtTV und YouTube verfolgen.