Vom Hoffnungsträger zum Leihspieler zum Leistungsträger: das Paradebeispiel, wie entwicklungsfördernd ein kurzzeitiger Tapetenwechsel sein kann, verkörpern wenige so sehr wie Lucas Silva Melo. Vor bald sechs Jahren aus São Paulo verpflichtet, holte sich Tuta von Sommer 2019 bis 2020 beim KV Kortrijk die nötige Wettkampfhärte. Mittlerweile ist der 25-Jährige der mit 158 Pflichtspielen am dritthäufigsten jemals eingesetzte Adlerträger im aktuellen Aufgebot hinter Kevin Trapp und Timothy Chandler und trug am 26. September gegen den FC Viktoria Plzeň erstmals die Kapitänsbinde. Eine Laufbahn wie im Bilderbuch, der in diesem Jahr neun verliehene Frankfurter Fußballer nacheifern. Von Nord- bis Südeuropa, zwischen erster und dritter Liga.
Leistungsdaten für den aktuellen Verein
Adlerträger | verliehen an | seit | Pflichtspiele | Einsatzminuten |
---|---|---|---|---|
Jens Petter Hauge* | Bodø/Glimt | 31. Januar 2024 | 40 | 2911 |
Elias Baum | SV Elversberg | 1. Juli 2024 | 14 | 1228 |
Paxten Aaronson | FC Utrecht | 1. Juli 2024 | 13 | 1662 |
Nacho Ferri | KV Kortrijk | 1. Juli 2024 | 14 | 935 |
Hrvoje Smolcic | LASK | 1. Juli 2024 | 12 | 832 |
Jessic Ngankam | Hannover 96 | 1. Juli 2024 | 13 | 638 |
Aurélio Buta | Stade Reims | 29. August 2024 | 8 | 615 |
Simon Simoni | FC Ingolstadt | 5. Juli 2024 | 4 | 360 |
Faride Alidou | Hellas Verona | 25. August 2024 | 3 | 68 |
*saisonübergreifend |
Im Januar kehrte Jens Petter Hauge zu seinem Heimatverein Bodø/Glimt zurück, zu Saisonbeginn wechselten Elias Baum, Paxten Aaronson, Jessic Ngankam, Hrvoje Smolcic, Ignacio Ferri Julià und Simon Simoni die Wirkungsstätte, im August gingen Faride Alidou und Aurélio Buta nach Italien und Frankreich. Zu allen Leihspielern und deren aufnehmenden Klubs pflegt Sportdirektor Timmo Hardung einen regelmäßigen Austausch. Zum Stand der Dinge.
Jens Petter Hauge: Im Titelrennen
„An der Art und Weise, wie er Fußball spielt, sieht man, dass sich Jens Petter sehr wohl fühlt – vom Auftritt gegen Porto hat, denke ich, jeder mitbekommen“, lobt Hardung den bis Jahresende an Bodø/Glimt verliehenen Hauge. Ende September steuerte der 25-Jährige zum Auftakt der UEFA Europa League gegen die Portugiesen zwei Tore und eine Vorlage zum 3:2 bei. Keine Eintagsfliege. International in der Ligaphase immer 90 Minuten am Ball, führt am Norweger auch in der Liga selten ein Weg vorbei. Hauge bestritt 26 von 28 möglichen Partien, davon 17 in der Startelf. Zwei Spieltage vor Saisonende liegt der Titelverteidiger auf Rang zwei der Eliteserien und mit zwei Zählern Rückstand in Schlagdistanz zu Spitzenreiter SK Brann aus Bergen.
Elias Baum: Gesetzt und geehrt
Das Prädikat Stammkraft besitzt unverändert Elias Baum. Das Frankfurter Eigengewächs stand in sämtlichen zwölf Zweitligaspielen sowie an den ersten beiden DFB-Pokalrunden bis zum Aus gegen Bayer 04 Leverkusen in der Startformation der SV Elversberg, derzeit auf Rang sechs der Zweiten Bundesliga. Drei Vorlagen ließ der 19-Jährige am vergangenen Wochenende sein erstes Profitor beim 3:1 über Tabellenführer Hannover 96 folgen. Mitte Oktober ehrte ihn der Deutsche Fußball-Bund mit der bronzenen Fritz-Walter-Medaille als eines der besten deutschen U19-Talente. „Von Tag eins weg Stammspieler, an Toren beteiligt, spielt in einer total interessanten Mannschaft, die guten und erfolgreichen Fußball zeigt. Das ist total lehrreich für ihn“, so Hardung für den Moment.
Paxten Aaronson: Tiefer und gefährlicher
Zu den Dauerbrennern zählt ebenfalls Paxten Aaronson beim FC Utrecht. Der Tabellenzweite der Eredivisie zählt zu den Überraschungsteams der Niederlande. Aaronson spielt immer – in der Liga neun Mal von Beginn an, zwei Mal als Joker – und seit Oktober dennoch etwas anders. Nämlich nicht mehr im offensiven, sondern im zentralen Mittelfeld. Damit einher gingen vier Tore in den vergangenen sechs Einsätzen. „Seit Paxten auf der Acht spielt, ist er in fast jedem Spiel an einem Treffer beteiligt und ist mit ganz wenigen Ausnahmen unangefochtener Stammspieler. Es macht ihm Spaß, in so einer Mannschaft zu spielen und seinen Teil zum Erfolg beizutragen. Er zählt sicher zu den besten Spielern in Utrecht und hat maßgeblichen Anteil daran, dass sie so weit oben stehen“, lobt Hardung die Entwicklung des 21-jährigen US-Amerikaners.
Nacho Ferri: Behauptungsstark
Im Rhythmus befindet sich nicht weniger Ignacio Ferri Julià beim KV Kortrijk – Tuta lässt grüßen. Der 20-Jährige findet sich mit dem Klub aus Flandern zwar auf dem vorletzten Platz der belgischen Jupiler Pro League, sammelt jedoch zugleich reichlich Wettkampfpraxis. Elf von 14 möglichen Partien von Beginn an, zwei Einwechslungen und drei Treffer stehen auf der Habenseite. „Dafür, dass Nacho noch super jung ist, sind seine Leistungen in dieser physisch starken Liga beachtlich“, ordnet Hardung die Situation des spanischen Stürmers ein.
Hrvoje Smolcic: Festgebissen
Die ersten Monate in Österreich waren nicht nur für Hrvoje Smolcic von Aufs und Abs geprägt, sondern generell für den Linzer ASK. Anfang September übernahm Markus Schopp das Traineramt von Thomas Darazs, seither verzeichnen die Oberösterreicher einen Punkteschnitt von 1,69 und verbesserten sich auf Platz sieben. Auf dem Platz steht Smolcic unabhängig des Übungsleiters eigentlich häufig – sofern er nicht verletzt war. Vergangenheit. Denn reichte es körperlich für den Kader, verteidigte der Kroate auch zuverlässig von Beginn an. Wie aktuell. Beim einzigen Jokereinsatz gegen Tabellenführer Sturm Graz gelang dem 24-Jährigen direkt der erste Treffer für Schwarz-Weiß. Eine Woche später legte er gegen den TSV Hartberg direkt nach.
Status quo: Festgebissen. Meint auch Hardung: „Hrvoje hatte leider zwei Verletzungen, hat sich nach der letzten mit einem Tor aber direkt zurückgemeldet. Er fühlt sich wohl in Linz, spielt in einem interessanten Team, das sich nach schwierigem Beginn der avisierten Tabellenregion annähert.“
Jessic Ngankam: Tendenz steigend
Bei Jessic Ngankam läuft es nicht immer, aber immer besser. Bei Hannover 96 ist der Angreifer stets gefragt, aber nie über die komplette Spieldauer: Acht Auswechslungen und vier Einwechslungen an den ersten zwölf Spieltagen. Gleichwohl wird der 24-Jährige offensiv immer präsenter. Neben zwei Treffern und einem Assist führten außerdem zwei an Ngankam verursachte Elfmeter zu Toren und dazu, dass die Niedersachsen von der Spitze grüßen. „Nach anfangs weniger Spielzeit kommt Jessic immer besser rein, ist an immer mehr gefährlichen Aktionen beteiligt und trägt zu einer tabellarisch sicher erfreulichen Situation bei“, bestätigt Hardung.
Aurélio Buta: Stabil in der Champagne
Das Kapitel Stade Reims begann für Aurélio Buta am 1. September später als für die meisten anderen, jedoch direkt mit einem Ausrufezeichen: Der Vorlage zum 2:1-Siegtreffer gegen den FC Stade Rennes. Seither beackert der 27-jährige Portugiese in acht von neun Fällen von Beginn an die rechte Abwehrseite des Siebten der Ligue 1. Einziger Wermutstropfen in der Champagne: Die verletzungsbedingte Auswechslung am vergangenen Sonntag beim 3:0-Auswärtssieg gegen Le Havre. „Aurélio fühlt sich sehr wohl, war auf Anhieb Stammspieler, bringt Leistung in einer attraktiv spielenden Mannschaft und auch die Verantwortlichen in Reims sind total happy mit ihm“, schildert Hardung seine Eindrücke.
Simon Simoni: Nummer zwei
Dass Simon Simoni beim FC Ingolstadt keinen leichten Stand hat, ist mitunter auch der Position des Torwarts geschuldet. „Wir hätten Simon natürlich gewünscht, dass er sich als Nummer eins durchsetzt. Als Nummer zwei, ist es mangels Rotation auf dieser Position dann schwer, reinzukommen“, erklärt Hardung, der den 20-jährigen Schlussmann nicht aus den Augen verliert: „Wir haben alle Spiele von ihm gesehen, er hat es sehr ordentlich gemacht.“ Dazu zählen je eins in der Dritten Liga und im DFB-Pokal sowie zwei im Bayernpokal.
Faride Alidou: Schwerer Stand
Der Meisterschaftskampf ist im spätherbstlichen Europa wohl nirgends so eng wie in Italien, wo zwischen Platz eins und sechs zwei Zähler liegen. Bei Hellas Verona, Leihklub von Faride Alidou, gehen die Blicke eher nach unten angesichts Rang 14 und zwei Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Die sportliche Lage in der Serie A ist deshalb nicht der Hauptgrund, weshalb Faride Alidou noch nicht sein Glück in Norditalien gefunden hat. Nach einem aufstrebenden Leihjahr in Köln kommt der 23-Jährige 2024/25 über drei Kurzeinsätze nicht hinaus. Folglich spricht auch Hardung von einer „Phase, die sicher nicht einfach ist, aber dazugehören kann. Wichtig ist, bei sich zu bleiben und Gas zu geben. Das tut Faride und das spiegeln uns auch die Verantwortlichen in Verona so wider“.
Die Jungs erhalten keine Einsatzzeiten, sondern sie erarbeiten sie sich.
Sportdirektor Timmo Hardung
Wichtig und grundsätzlich gelte für Letzteren wie für alle verliehenen und den Adler auf der Brust tragenden Fußballer: „Es geht darum, was jeder Einzelne beeinflussen kann: das eigene Handeln, Auftreten, Training, Professionalität und Bereitschaft, um dann da zu sein, wenn du an der Reihe bist. Die Jungs erhalten keine Einsatzzeiten, sondern sie erarbeiten sie sich.“