19.02.2019
UEFA Europa League

Lothar Buchmann und Michael Sziedat: Zwei Helden im Gespräch

Zwei Duelle mit Shakhtar Donetsk hat die Eintracht in ihrer Europapokalhistorie absolviert. Im Herbst 1980 traf die Elf von Lothar Buchmann in der 1. Runde des UEFA-Cups auf die Ukrainer.

Im Vorfeld der Neuauflage jener Konstellation lassen wir Buchmann (82, Eintracht-Trainer von 1980 bis 1982) und Michael Sziedat (66, 1980 bis 1984 bei der Eintracht) zu Wort kommen.

Michael Sziedat über…

…die Spiele gegen Donetsk: Wenn ich ehrlich bin, erinnere ich mich nicht mehr an sehr viel, was damals auf dem Rasen passiert ist. Im Kopf habe ich aber noch die komplizierte Anreise nach Donetsk über Moskau und die noch kompliziertere Rückreise. Es hatte Nebel geherrscht und wir konnten lange Zeit nicht starten. Mit dem Bus sind wir sogar zurück ins Hotel gebracht worden. Nach dem 0:1 im Hinspiel waren wir alle ziemlich sicher, dass wir das im Rückspiel umbiegen. Das haben wir ja dann auch geschafft. Ich glaube, die Eintracht hat ganz gute Chancen, auch diesmal gegen Donetsk weiterzukommen.

…die aktuelle Eintracht: Ich bin froh, dass ich gegen solche Stürmer wie Rebic, Jovic und Haller nicht spielen muss. Spaß beiseite – die drei sind wirklich stark, jeder auf seine Art. Ich habe die Eintracht gerade beim Bundesligaspiel in Berlin gesehen. Die Hertha hatte bei ihrem Sieg sehr viel Glück.

…seine Kontakte zur Eintracht: Die sind nie abgerissen und in den vergangenen Jahren immer wieder aufgefrischt worden. Beispielsweise werde ich immer mal wieder von Matze Thoma ins Museum eingeladen. Gerade erst hat mich Michael Künast angerufen und mich um einen privaten Gefallen gebeten. Und der Eintracht-Vorstand bemüht sich um die ehemaligen Spieler. Das ist ganz anders als in Berlin, bei der Hertha läuft da nicht so viel.

…sein wichtigstes Spiel mit der Eintracht: Das war das Pokalfinale gegen Kaiserslautern. Ich habe in den vergangenen Jahren ganz viele Endspiele in Berlin gesehen, aber dieses Endspiel, Eintracht gegen FCK, damals in Stuttgart, war fußballerisch eines der besten überhaupt. Da haben zwei tolle Mannschaften gegeneinander gespielt. Allein wenn ich an unsere Tore denke schnalze ich mit der Zunge. Die waren alle super rausgespielt und noch besser verwertet. Ich freue mich immer wieder, wenn ich die alten Kollegen sehe. Beim Endspiel gegen die Bayern habe ich unseren ehemaligen Trainer Lothar Buchmann getroffen. Er hatte mich damals von Berlin nach Frankfurt geholt.

Lothar Buchmann über…

…das Europacupspiel in Donetsk: Dieses Spiel werde ich nie vergessen und das nicht nur, weil es mein erstes Europacupspiel mit der Eintracht war. Es war die erste Runde im UEFA-Cup und wir hatten im Vorfeld denkbar schlechte Bedingungen. Es haben viele Spieler wegen Verletzungen gefehlt, ich musste als Trainer ziemlich improvisieren. Auch die Umstände waren alles andere als einfach. Die Reise in die Sowjetunion, damals gehörte die Ukraine noch zur UdSSR, hat uns vor echte Herausforderungen gestellt. Wir mussten über Moskau fliegen, dort umsteigen und dann weiter nach Donetsk. Und jetzt erzähle ich eine Geschichte, die ich noch nirgendwo gelesen habe: Wir sind zum Spiel fast zu spät gekommen, weil wir uns in der Zeit vertan hatten. Zwischen Moskau und Donetsk gab es einen Zeitunterschied, in meiner Erinnerung hat die Uhr im Flughafen in Donetsk eine Stunde früher angezeigt als es dort wirklich war. Wie auch immer, niemand ist der Zeitunterschied aufgefallen und wir sind zum Spiel eine Stunde zu spät losgefahren. Wir mussten ohne Warmmachen auf den Platz. Da war ich richtig sauer. Mit dem 0:1 war ich unter diesen Umständen ganz zufrieden, wir hatten damit die Gelegenheit, im Rückspiel alles klarzumachen. Das ist uns auch gelungen.

…Vergleiche der Eintracht 1980 und heute: Alle sprechen bei der Eintracht von den drei Stürmern, die ja auch wirklich toll spielen. Der wichtigste Mann ist aus meiner Sicht aber Makoto Hasebe. Er spielt diese Position in der Zentrale der Abwehr einfach großartig. Er hat Auge, Übersicht und er ist fit genug, um mit den Jungen mitzuhalten. Er interpretiert den Libero ähnlich, wie ich es früher mit Bruno Pezzey habe spielen lassen. Der sollte auch nicht nur hinten drinstehen, sondern sich immer einschalten, wenn es ging. Bruno wurde damals durch Werner Lorant abgesichert. Nur wenn Werner nach hinten ging, durfte Bruno nach vorne. Heute macht Fernandes diese Arbeit. So groß sind die Unterschiede also gar nicht. Übrigens: Beim Libero kenne ich mich aus: Ich habe es einst selbst noch beim VfR Bürstadt gespielt.

…sein wichtigstes Spiel mit der Eintracht: Natürlich ragt das Pokalendspiel gegen den 1.FC Kaiserslautern heraus. Wir waren damals im Stuttgarter Neckarstadion nicht der Favorit. Drei Wochen vorher hatten wir in der Bundesliga auf dem Betzenberg mit 0:2 verloren. Mir war aber klar, dass das Endspiel ganz andere Voraussetzungen bereithalten würde. Wir haben 3:1 gewonnen und nicht nur eine tolle Leistung gezeigt, sondern auch fantastische Tore erzielt. Willi Neuberger, damals schon Offensivverteidiger wie die Eintracht sie aktuell ebenfalls einsetzt, dazu Ronny Borchers und Cha Bum-kun. Das Gegentor des FCK in der letzten Minute konnten wir gut verschmerzen.

…den Blick auf die aktuelle Mannschaft: Ich verfolge das alles ganz genau, sehe mir auch Spiele im Stadion an. Die Eintracht ermöglicht mir das, was ich vorbildlich finde. Ich bekomme immer einen Anruf, ob ich eine Karte möchte. Es fühlt sich gut an, nicht vergessen zu sein. Ich habe vor ein paar Monaten Adi Hütter kennengelernt. Wir haben uns gleich gut verstanden. Er hat die Mannschaft super im Griff und lässt einen wirklich schönen Fußball spielen. Die Eintracht hat das Zeug zu einer Spitzenmannschaft. Was dazu noch fehlt, ist die Breite. Die ersten 14, 15 Spieler können mit den ganz Großen mithalten. Dahinter klafft noch eine Lücke. Das hat man gesehen, als Abraham und Hasebe ausgefallen sind.