16.01.2000
Aktuelles

Magath ärgert sich über seine Spieler

Kein Verständnis für Auftreten beim 0:2 gegen Mainz / Samstag ein 3:1-Sieg über Aachen

Bei Eintracht Frankfurt wird, auch wenn sich das derzeit ungeheuerlich

anhören mag, doch noch Fußball gespielt. Ungeachtet der schweren

Turbulenzen, die den Verein mal wieder erschüttern und nahe an den

Abgrund treiben, hat der abstiegsbedrohte Bundesligist sein erstes

Testspiel unter der Regie des neuen Trainers Felix Magath mit 3:1 (0:0)

gegen den Zweitligisten Alemannia Aachen gewonnen. Ein Anfang ist also

gemacht, das sah auch der 46 Jahre alte Fußball-Lehrer so: ""Das war ein

moralisch wichtiger Sieg"", sagte Magath, ""es war gut, dass wir mal wieder

gewonnen haben.""

Danach sah es vor 2000 Zuschauern am Riederwald lange Zeit nicht aus,

eine Viertelstunde vor Schluss ging die Alemannia durch Luciano Emilio

sogar in Führung, und das Spiel der Frankfurter war bis dahin nun wirklich

keine Offenbarung, auch wenn das beim ersten Test natürlich nicht zu

erwarten war. ""Wir haben uns schwer getan"", resümierte der Coach, der

den Aachenern eine sehr gute Leistung attestierte. Chen Yang (78.),

Thomas Sobotzik (84.) und der schwach agierende Horst Heldt per

Strafstoß (88.) drehten den Spieß in den letzten Minuten doch noch um.

Der eigentliche Gewinner der Partie war jedoch Thomas Reichenberger.

Der aus Leverkusen gekommene Stürmer, der am Freitag erstmals mit der

Mannschaft trainierte, deutete schon mal an, dass er der Eintracht noch viel

Freude bereiten könnte. Immer anspielbar, beweglich und motiviert bis in

die Haarspitzen ging der kleine Angreifer zu Werke, nur vor dem Tor

zeigte er Nerven, versiebte gleich zwei so genannte ""Hundertprozentige"".

""Das ist nicht schlimm"", sagte Magath, ""ich freue mich, dass er sich die

Chancen rausgearbeitet hat."" Überhaupt war der Coach angetan von dem

wuseligen Mann, der die Hessen mit seinen Toren im Oberhaus halten soll.

Ganz deutlich habe man spüren können, dass Reichenberger von einem

Klub komme, der in der Tabelle weit oben steht. ""Er hat viel mehr

Selbstsicherheit ausgestrahlt, als die meisten anderen bei uns."" Ralf Weber

kann er da nicht gemeint haben, der Kapitän spielte einen umsichtigen

Libero und ist laut Magath ""eine echte Alternative"" auf dem Posten des

freien Mannes, genauso wie Petr Hubtschew übrigens.

Im Großen und Ganzen war Magath, der auf die angeschlagenen oder

kranken Spieler Alexander Schur (Sprunggelenk), Olaf Janßen

(Wirbelsäule), Jan-Aage Fjörtoft (Angina) sowie Tibor Dombi (hohes

Fieber) verzichten musste, ""mit der sehr guten Trainigseinheit"" zufrieden,

auch wenn er einschränkend anfügte: ""Es war in Ordnung, aber nicht gut.""

Die Mannschaft, aus der Marco Gebhardt herausragte, sei im

Ausdauerbereich sehr gut trainiert, könne schon jetzt 90 Minuten

marschieren, und das sei positiv. Magath appellierte an seine Kicker, die

Testspiele nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. ""Ein jeder Spieler kann

sich zeigen, den Eindruck, den ich hier gewinne, bleibt haften.""

Anderntags hat der Coach dann keinen besonders guten gewinnen können.

Ganz im Gegenteil: Diese Eintracht-Mannschaft blamierte sich gegen den

Zweitligisten FSV Mainz 05 bis auf die Knochen und unterlag völlig zu

Recht mit 0:2 (0:0). Der kroatische Testspieler Skriniar und Jovic hatten

die Tore für die auch spielerisch überlegenen Mainzer erzielt, die Eintracht

brachte es fertig, erstmals in der 85. Minute halbwegs gefährlich vor des

Gegnes Tor zu kommen. Westerthaler aber schob die Kugel neben das

Tor.

Kein Wunder, dass Magath hernach restlos bedient war: ""Eigentlich

müssten wir uns bei den Fans entschuldigen. Bislang habe ich die Spieler

wegen des harten Trainings in Schutz genommen. Das was heute

abgelaufen ist, will ich aber nicht entschuldigen."" Er habe sich von allen

Spielern ein Bild machen wollen, unvoreingenommen, und was er gesehen

hatte, dürfte ihm gereicht haben. ""Wenn die Selbstüberschätzung in den

Köpfen bleibt, dann wird es nicht nur schwer, sondern unmöglich. ""Ich

habe kein Verständnis für das Auftreten der Mannschaft. Was die

Mannschaft gespielt hat, weiß ich nicht. Mit Fußball hatte das jedenfalls

nichts zu tun."" Einzig Rasiejewski und Mutzel, der auch gegen Aachen

spielte, überzeugten den gestrengen Eintracht-Coach. ""Mutzel war unser

bester Spieler"", die übrigen Recken enttäuschten auf der ganzen Linie.

Allerdings wird dieses Team wohl nie in der Bundesliga in dieser

Zusammensetzung spielen.

Zudem wäre es auch verwunderlich gewesen, wenn Felix Magath

unmittelbar vor dem am heutigen Montag beginnenden Trainingslager auf

Zypern (vom 17. bis 24. Januar) zufrieden gewesen wäre mit seinem

Team. Einen ersten Eindruck vom knochenharten Trainingslager auf der

Mittelmeer-Insel werden die 25 Spieler bereits am heutigen Montag

bekommen: Das Flugzeug hebt um 6.05 Uhr von Rhein-Main ab. kil/dur

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