Kein Verständnis für Auftreten beim 0:2 gegen Mainz / Samstag ein 3:1-Sieg über Aachen
Bei Eintracht Frankfurt wird, auch wenn sich das derzeit ungeheuerlich
anhören mag, doch noch Fußball gespielt. Ungeachtet der schweren
Turbulenzen, die den Verein mal wieder erschüttern und nahe an den
Abgrund treiben, hat der abstiegsbedrohte Bundesligist sein erstes
Testspiel unter der Regie des neuen Trainers Felix Magath mit 3:1 (0:0)
gegen den Zweitligisten Alemannia Aachen gewonnen. Ein Anfang ist also
gemacht, das sah auch der 46 Jahre alte Fußball-Lehrer so: ""Das war ein
moralisch wichtiger Sieg"", sagte Magath, ""es war gut, dass wir mal wieder
gewonnen haben.""
Danach sah es vor 2000 Zuschauern am Riederwald lange Zeit nicht aus,
eine Viertelstunde vor Schluss ging die Alemannia durch Luciano Emilio
sogar in Führung, und das Spiel der Frankfurter war bis dahin nun wirklich
keine Offenbarung, auch wenn das beim ersten Test natürlich nicht zu
erwarten war. ""Wir haben uns schwer getan"", resümierte der Coach, der
den Aachenern eine sehr gute Leistung attestierte. Chen Yang (78.),
Thomas Sobotzik (84.) und der schwach agierende Horst Heldt per
Strafstoß (88.) drehten den Spieß in den letzten Minuten doch noch um.
Der eigentliche Gewinner der Partie war jedoch Thomas Reichenberger.
Der aus Leverkusen gekommene Stürmer, der am Freitag erstmals mit der
Mannschaft trainierte, deutete schon mal an, dass er der Eintracht noch viel
Freude bereiten könnte. Immer anspielbar, beweglich und motiviert bis in
die Haarspitzen ging der kleine Angreifer zu Werke, nur vor dem Tor
zeigte er Nerven, versiebte gleich zwei so genannte ""Hundertprozentige"".
""Das ist nicht schlimm"", sagte Magath, ""ich freue mich, dass er sich die
Chancen rausgearbeitet hat."" Überhaupt war der Coach angetan von dem
wuseligen Mann, der die Hessen mit seinen Toren im Oberhaus halten soll.
Ganz deutlich habe man spüren können, dass Reichenberger von einem
Klub komme, der in der Tabelle weit oben steht. ""Er hat viel mehr
Selbstsicherheit ausgestrahlt, als die meisten anderen bei uns."" Ralf Weber
kann er da nicht gemeint haben, der Kapitän spielte einen umsichtigen
Libero und ist laut Magath ""eine echte Alternative"" auf dem Posten des
freien Mannes, genauso wie Petr Hubtschew übrigens.
Im Großen und Ganzen war Magath, der auf die angeschlagenen oder
kranken Spieler Alexander Schur (Sprunggelenk), Olaf Janßen
(Wirbelsäule), Jan-Aage Fjörtoft (Angina) sowie Tibor Dombi (hohes
Fieber) verzichten musste, ""mit der sehr guten Trainigseinheit"" zufrieden,
auch wenn er einschränkend anfügte: ""Es war in Ordnung, aber nicht gut.""
Die Mannschaft, aus der Marco Gebhardt herausragte, sei im
Ausdauerbereich sehr gut trainiert, könne schon jetzt 90 Minuten
marschieren, und das sei positiv. Magath appellierte an seine Kicker, die
Testspiele nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. ""Ein jeder Spieler kann
sich zeigen, den Eindruck, den ich hier gewinne, bleibt haften.""
Anderntags hat der Coach dann keinen besonders guten gewinnen können.
Ganz im Gegenteil: Diese Eintracht-Mannschaft blamierte sich gegen den
Zweitligisten FSV Mainz 05 bis auf die Knochen und unterlag völlig zu
Recht mit 0:2 (0:0). Der kroatische Testspieler Skriniar und Jovic hatten
die Tore für die auch spielerisch überlegenen Mainzer erzielt, die Eintracht
brachte es fertig, erstmals in der 85. Minute halbwegs gefährlich vor des
Gegnes Tor zu kommen. Westerthaler aber schob die Kugel neben das
Tor.
Kein Wunder, dass Magath hernach restlos bedient war: ""Eigentlich
müssten wir uns bei den Fans entschuldigen. Bislang habe ich die Spieler
wegen des harten Trainings in Schutz genommen. Das was heute
abgelaufen ist, will ich aber nicht entschuldigen."" Er habe sich von allen
Spielern ein Bild machen wollen, unvoreingenommen, und was er gesehen
hatte, dürfte ihm gereicht haben. ""Wenn die Selbstüberschätzung in den
Köpfen bleibt, dann wird es nicht nur schwer, sondern unmöglich. ""Ich
habe kein Verständnis für das Auftreten der Mannschaft. Was die
Mannschaft gespielt hat, weiß ich nicht. Mit Fußball hatte das jedenfalls
nichts zu tun."" Einzig Rasiejewski und Mutzel, der auch gegen Aachen
spielte, überzeugten den gestrengen Eintracht-Coach. ""Mutzel war unser
bester Spieler"", die übrigen Recken enttäuschten auf der ganzen Linie.
Allerdings wird dieses Team wohl nie in der Bundesliga in dieser
Zusammensetzung spielen.
Zudem wäre es auch verwunderlich gewesen, wenn Felix Magath
unmittelbar vor dem am heutigen Montag beginnenden Trainingslager auf
Zypern (vom 17. bis 24. Januar) zufrieden gewesen wäre mit seinem
Team. Einen ersten Eindruck vom knochenharten Trainingslager auf der
Mittelmeer-Insel werden die 25 Spieler bereits am heutigen Montag
bekommen: Das Flugzeug hebt um 6.05 Uhr von Rhein-Main ab. kil/dur
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