07.01.2022
Historie

„Mehr Emotionen mit der Eintracht“

Alexander Conrad über die gemeinsame Zeit mit Manni Binz, Arbeit in der Fußballschule, seine Planung als Trainer und seine Ex-Klubs vor dem Duell am Samstag.

Dass seine Profikarriere hätte besser verlaufen können, ist dem ehemaligen U21-Nationalspieler Alexander Conrad freilich klar. Nur 24 Bundesligaeinsätze stehen zu Buche. „Leider hatte ich viele Verletzungen. Dadurch habe ich SPOREG finanziert“, kann der heute 55-Jährige jedoch darüber schmunzeln, viel Zeit in dem ambulanten Rehazentrum im Osten Frankfurts (später folgte der Umzug nach Offenbach) verbracht zu haben, das sich just zu Beginn seiner Profikarriere unter dem heutigen Namen entwickelte. Dennoch kann Conrad auf eine Fußballerkarriere mit Höhen blicken. Auch mit dem Trainerjob im (semi-) professionellen Bereich hat der momentan nicht unter Vertrag stehende Fußballlehrer noch lange nicht abgeschlossen. Vor dem Spiel der Eintracht gegen Borussia Dortmund spricht er über seine Erlebnisse im Trikot beider Vereine und blickt auf den Samstagabend.

Alex, in diesen Tagen ist diese Frage zurecht die meistgestellte: Wie geht es dir?
Mir geht es gut. Wir sind gesund, das ist das Wichtigste.

Irgendwann haben Knobi und ich zusammen bei Binde angerufen.

Alexander Conrad

Du warst zuletzt als Trainer beim FSV Frankfurt tätig, deine Zeit dort endete im Mai 2019. Wie sind deine aktuellen Planungen in dieser Hinsicht?
Ich habe einige Male überlegt, meinen Hut in den Ring zu werfen. Später hat sich dann gezeigt, dass es gut war, dass ich es nicht getan habe, weil die Umstände schwierig waren. Es hat seitdem einfach noch nicht wieder gepasst. Aber ich habe keinen großen Druck. Ich möchte bei der Jobwahl ein gutes Gefühl haben. Ich bin offen für etwas Neues, bleibe am Ball und bilde mich weiter. Aber Corona ist auch ein Faktor. Solange die Situation so wie in den vergangenen zwei Jahren ist, macht es nicht so viel Spaß.

Conrad hatte vor dem FSV Frankfurt unter anderem Waldhof Mannheim und den 1. FC Eschborn gecoacht, in Offenbach war er drei Spielzeiten Co-Trainer. Im ersten Halbjahr 2021 hatte Conrad bei der A-Jugend in Königstein ausgeholfen, nach klarer Absprache befristet bis zum Sommer. Dort traf er auf Reinhard Knobloch, seit 20 Jahren (Torwart-)Trainer in der Eintracht Frankfurt Fußballschule. „Knobi“ coacht in Königstein die Keeper.

Seit vergangenem Jahr bist du Trainer in der Fußballschule. Wie kam der Kontakt zustande?
Durch Knobi. Er sagte zu mir: Melde dich doch mal bei Binde [Uwe Bindewald, Ex-Profi und leitender Talenttrainer in der Fußballschule; Anm. d. Red.]. Immer wieder hat er mich gefragt, ob ich ihn angerufen habe. Irgendwann haben Knobi und ich zusammen bei Binde angerufen.

Trainer aus Leidenschaft: Alexander Conrad im Einsatz für die Fußballschule.

Wie hat es dir in unserer Fußballschule gefallen?
Es macht sehr viel Spaß. Alle Kids sind super bei der Sache, haben strahlende Augen und große Lust auf Fußball. Besonders die Mädels in den Fördereinheiten bereiten mir viel Spaß. Im Fördertraining bin ich jetzt auch als Trainer. Und wenn es den Kids Spaß macht, haben wir Trainer auch noch mehr Spaß.

Apropos Kids: Als 14-Jähriger wechselte Alexander Conrad zur Eintracht, wurde mit der B-Jugend Deutscher Vizemeister 1982 und gewann mit der A-Jugend den Titel 1983 und 1985. Später feierte er als Adlerträger sein Bundesligadebüt, wechselte Ende 1987 zu Borussia Dortmund und kehrte 1990 noch einmal für kurze Zeit zurück.

Wenn du an deine aktive Eintracht-Zeit denkst, was kommt dir als erstes in den Sinn?
Durch meine Tätigkeit in der Fußballschule sind in diesem Sommer im Gedächtnis natürlich wieder viele Jugendspiele aufgepoppt. Mit Manni Binz [seit vielen Jahren Fußballschulentrainer; Anm. d. Red.] bin ich schon als 15-Jähriger durch Bockenheim gezogen. Beim A-Jugend-Finale um die Deutsche Meisterschaft bin ich noch als B-Junior für ihn eingewechselt worden. Das war ein tolles Erlebnis, vor 10.000 Zuschauern in Marburg zu spielen. Auch mit unserem Torschützen von damals Bernhard Trares stehe ich noch in Kontakt. Und an mein Bundesligadebüt erinnere ich mich noch ganz genau.

Wird in seiner Zeit als Adlerträger durch Verletzungen ausgebremst: Alexander Conrad.

Du bist für Cezary Tobollik eingewechselt worden, der ein Trainer der ersten Stunde bei uns ist.
Genau. Cezary kam in Uerdingen ab der 70. Minute ständig an die Seitenlinie gelaufen und meinte zu Dietrich Weise: „Trainer, ich kann nicht mehr.“ Weise hat ihn immer wieder aufs Feld zurückgeschickt, bis er mich kurz vor Schluss für ihn eingewechselt hat. Ich war damals noch A-Jugendspieler. Das war natürlich eine tolle Erfahrung, ich habe mit Cezary gerade dieses Jahr wieder drüber gesprochen. Es ist schön, mit den alten Recken wieder regelmäßig Kontakt zu haben.

Mit dem BVB hast du 1989 den DFB-Pokal gewonnen. Wie ist heute dein Kontakt nach Dortmund?
Ich war 20 Monate verletzt und der BVB hat mir damals die Chance gegeben, dort zunächst ohne Vertrag mit zu trainieren. Dann hat sich ein Spieler verletzt und ich habe einen Vertrag erhalten, um dann auch spielen zu können. Das war gut, um wieder auf die Beine zu kommen. Beim Pokalsieg1989 saß ich auf der Bank. 2019 waren wir zum 30. Jubiläum eingeladen, im vergangenen Sommer habe ich meinen ehemaligen Mitspieler Mark Strudal in Dänemark besucht.

Mit der Eintracht war ich 2017 und 2018 bei den Pokalfinals und habe mich natürlich über die grandiose Schlussphase gegen die Bayern gefreut.

Alexander Conrad

Mit wem fieberst du am Samstag mit?
Ich verbinde natürlich mehr Emotionen mit der Eintracht, denn hier habe ich viel länger gespielt. Mit der Eintracht war ich auch 2017 und 2018 bei den Pokalfinals und habe mich natürlich über die grandiose Schlussphase gegen die Bayern gefreut. Grundsätzlich bringt mich aber kein Fußballteam mehr dazu, schlechte Laune zu haben. Außer als Trainer die eigene Mannschaft. Und beim Football schauen die Miami Dolphins. Da fiebere ich mit, ich war dort auch schon öfter im Stadion. Für Samstag sehe ich es so: Der BVB wird ohnehin nicht ganz nach vorne kommen in der Tabelle, also braucht die Eintracht die Punkte mehr (lacht).

Bei der Frage, wie er aktuell die beiden Mannschaften verfolgt, kommt der Trainer in ihm raus. Begriffe wie Fünferkette, Pressing und Verbindungsspieler fallen. „Ich schaue die Spiele aus Trainersicht“, sagt Conrad, der dabei auch die aktuelle Situation seiner Berufskollegen auf dem Radar hat und an die COVID-19-Fälle denkt: „Training kannst du steuern, Corona nicht.“

Wie siehst du die Perspektive für die Eintracht nach Platz sechs zur Saisonhalbzeit?
Am Anfang hatte die Mannschaft ihre Probleme, zuletzt lief es deutlich besser. Die Eintracht kann oben dranbleiben, klar. Wichtig wäre ein Sieg, um die Rückrunde mit einem guten Gefühl zu starten. Aber natürlich hat der BVB große Qualität und viel Tempo im letzten Drittel. Ich bin sehr gespannt auf das Spiel.