17.10.2021
Bundesliga

Risiken mit Nebenwirkungen

Dass vor der Länderspielpause nicht alles glänzte, was Punkte brachte, ist bei der Eintracht jedermann bewusst. Die Art und Weise der Niederlage gegen Berlin überraschte aber doch.

Einordnung: Erkannte Mängel, unbekannte Schwächen

Dass der Arbeitsnachmittag alles andere als planmäßig verlief, räumten alle Beteiligten nach der Niederlage gegen Hertha BSC offenherzig ein. „Unsere Leistung war nicht gut“, meinte Sportvorstand Markus Krösche. „Wir haben uns etwas anderes vorgenommen“, reflektierte Cheftrainer Oliver Glasner. „Das waren nicht die Leistung und das Ergebnis, was wir uns vorgestellt haben“, so Jens Petter Hauge.

Im Kontext des bisherigen Saisonverlaufs beobachteten sie dabei nicht mal allzu ungewöhnliche Verhaltensweisen – mit einer signifikanten Ausnahme. „Im Spiel nach vorne sind wir zu unsauber und machen zu viele einfache Fehler“, analysierte Krösche genauso wie Glasner: „Wir tun uns schwer, gegen defensiv gut organsierte Mannschaften, die robust auftreten, Chancen herauszuspielen.“ Ergo: Vorne hapert’s. Dass Frankfurt nach sechs Unentschieden und zuletzt zwei Siegen erstmals seit Mitte August komplett punktlos blieb, hing rein mathematisch schlicht damit zusammen, dass es seitdem nie mehr als ein Gegentor gesetzt hatte. Immer geht es knapp zu, mal zum Wohl, mal zum Wehe der Hessen. Und hier kommen die behoben geglaubten Baustellen ins Spiel. Krösche bemängelte „zu einfache Gegentore“. Glasner forderte gleichermaßen „bessere Sicherheitsmechanismen“.

Kettenreaktion des Spiels

Was der Fußballlehrer genau meinte, führte er im Anschluss relativ konkret aus. Unabhängig vom System stieß dem bedienten, aber nicht erklärungslosen Österreicher wie selbst beim umjubelten Sieg in München auf, dass die Flügelverteidiger zu offensiv zu Werke gegangen seien, also „zu hoch standen“. Was im Vorwärtsgang an sich auch nicht verwerflich wäre, die Vermeidung von Ballverlusten vorausgesetzt. Da diese aber nicht ausblieben, klaffte auf mindestens einer Flanke oftmals eine Lücke, welche die Halbverteidiger zu stopfen versuchten. Einmal herausgerückt, standen statt drei noch „maximal zwei Spieler im Zentrum“, wie Glasner aufzählte. Die von Kevin Trapp vereitelten Großchancen etwa durch Krzysztof Piatek waren entsprechend zwangsläufig. Auf der anderen Seite wünschte sich Glasner neben „weniger Fehlern“ auch „mehr Abschlüsse“. Kurzum: Alles hängt mit allem zusammen, unabhängig der Mannschaftsteile.

Zahl des Spiels: 18

Gefahr ging zwar auch in der zweiten Halbzeit trotz „Druck, Druck, Druck“, wie es Gäste-Coach Pál Dárdai wahrgenommen hatte, selten von den Adlerträgern aus. Dennoch: Die Moral stimmte. Die eingewechselten Rafael Santos Borré und Goncalo Paciencia produzierten alleine wie zusammen den einen oder anderen Torschuss – und der Portugiese schließlich mit seinem zweiten in dieser Saison vollstreckten Strafstoß immerhin den Anschluss. Die Heimserie von 22 Bundesligaspielen ohne Niederlage war mit dem 1:2 zwar nicht abzuwenden, aber immerhin bedeutete der 18. verwandelte Ligaelfmeter in Folge Vereinsrekord.

Ausblick: Viel Wille und etwas Dilemma

Diese Disziplin hatte Vorstandsmitglied Krösche kaum im Kopf, als er resümierte: „Ich glaube, dass wir in allen Bereichen Punkte haben, die wir verbessern müssen.“ Dieses Bewusstsein ist freilich bei allen Adlern allgegenwärtig – aber leichter erkannt als gebannt. Am Montag hätten die Spieler frei, „am Dienstag Analyse und am Mittwoch das Abschlusstraining“, zeigte Glasner das Dilemma auf, während Englischer Wochen beziehungsweise Länderspielpause kaum praxisnah an den Stellschrauben drehen zu können, um die Spieler körperlich „nicht zu überlasten“. Umgekehrt möchte der 47-Jährige seine Schützlinge auch nicht mit zu viel Theorie und Videos überfrachten. Ein terminliches Dilemma, von dem sich der bewusst kritische Chefcoach aber nicht entmutigen lässt. „Wir schauen nicht auf die Tabelle, sondern auf das Spiel am Donnerstag gegen Piräus. Wir werden die Zeit bestmöglich nutzen, um an den genannten Schwerpunkten zu arbeiten.“ Und ohnehin: „Nach dem Bayern-Sieg hat sich niemand abfeiern lassen. Und jetzt werden wir uns nicht verbarrikadieren.“ Die Angriffslust, sie bleibt ungetrübt.