Situation
Auf Schalke ist seit dem letzten Aufeinandertreffen mit der Eintracht noch lange nicht die ersehnte Trendwende eingekehrt. Ganz im Gegenteil – der Verein aus dem Ruhrpott findet sich nach turbulenten Wochen mittlerweile mitten im Abstiegskampf wieder und droht damit die schlechteste Bundeliga-Saison seit Jahrzehnten zu spielen. Annähernd so schlecht lief es für Königsblau leidglich im Spieljahr 2010/11. Damals gelang wenigstens noch der DFB-Pokalsieg, doch in dieser Saison ist auch dieser Traum nach der 0:2-Viertelfinal-Niederlage gegen Werder Bremen nicht mehr zu verwirklichen.
Wirft man einen Blick auf den bisherigen Saisonverlauf des amtierenden Vizemeisters, so ist festzustellen, dass ihnen oftmals die Qualität im Torabschluss fehlte. So konnten nach 340 abgegebenen Torschüssen erst 28 Treffer erzielt werden und auch die Tatsache, dass kein Bundesligist bisher weniger Kontertore zu Buche stehen hat, unterstreicht die Ladehemmung in der Offensive des derzeitigen Tabellen-14.
Auch das eigentliche Prunkstück der Schalker aus der vergangenen Saison – die Defensive – weist in der aktuellen Spielzeit ungewohnte Schwächen auf. Dies zeigt sich darin, dass die Knappen zum gegebenen Zeitpunkt bereits sieben Tore mehr kassiert haben als während der gesamten Saison 2017/18. Dass es unter diesen Voraussetzungen schwer fällt erfolgreich zu sein, liegt auf der Hand. Dennoch hätte auf Schalke wohl niemand gedacht, dass es je zu einer solchen Situation wie der jetzigen kommen würde.
Vor wenigen Wochen vermeldete der Verein daher personelle Konsequenzen. Nachdem Christian Heidel seinen Posten als Sportvorstand aus eigenem Antrieb für Jochen Schneider frei machte, wurde auch Domenico Tedesco als Cheftrainer freigestellt und durch die Trainer-Legende Huub Stevens ersetzt. Der Niederländer soll gemeinsam mit dem ehemaligen Eurofighter Mike Büskens bis zum Saisonende an der Seitenlinie stehen und der Mannschaft aus dem Abstiegskampf verhelfen.
Formkurve
Die Formkurve des Revierklubs zeigte in den vergangenen Wochen mit vier Bundesliga-Niederlagen in Serie nach unten, ehe das 1:0 in Hannover am Sonntag einem Befreiungsschlag glich. Es war erst der zweite Dreier in der Rückrunde. Alle Sorgen konnte dieser Sieg den Schalkern jedoch nicht nehmen, denn das Spiel, in dem Hannover bei einer Torschussbilanz von 15:6 zahlreiche hochkarätige Torchancen vergab, offenbarte zum wiederholten Mal große Probleme auf Seiten der Gäste.
Trainer
Als Huub Stevens vor wenigen Wochen zum dritten Mal das Ruder als Cheftrainer auf Schalke übernahm, wusste man ganz genau, wen man sich mit ihm ins Boot holt, denn es gibt wohl kaum einen Trainer, der Schalke besser kennt als er und umgekehrt. Gerade die Erfolge aus seiner ersten Amtszeit auf Schalke haben ihm insbesondere durch den UEFA-Pokalsieg von 1997 einen Legenden-Status beschert. Dass der Knurrer von Kerkrade nicht nur Trophäen gewinnen kann, sondern auch als Feuerwehrmann für abstiegsbedrohte Mannschaften prädestiniert ist, hat er bei seinen letzten beiden Bundesliga-Stationen in Hoffenheim und Stuttgart eindrucksvoll bewiesen - unter anderem mit Co-Trainer Armin Reutershahn. Zuletzt als Mitglied des Schalker Aufsichtsrats tätig, darf der mittlerweile 65-Jährige diese Rolle nun für seinen Herzensverein ausfüllen. Sollte der Schalker Jahrhundert-Trainer die Mannschaft dabei wieder zu alter Stärke führen können, würde man ihm wohl schon jetzt ein Denkmal auf Schalke bauen.
Taktiktafel
Ein aussagekräftiges Urteil zur taktischen Marschroute von Huub Stevens lässt sich nach erst drei Partien unter seiner Leitung selbstverständlich noch nicht fällen - zumal der Fokus zunächst ohnehin darauf lag, die Mannschaft in Sachen Mentalität wieder auf Kurs zu bringen. In Anbetracht dessen, dass die Zeit für taktische Experimente sowieso nicht vorhanden war, schickte Stevens seine Mannschaft in seinen ersten drei Spielen im gewohnten 3-5-2 aufs Feld, wobei sich das Mittelfeld in der Zentrale stets aus einem defensiv orientierten Abräumer vor der Dreierkette und zwei offensiver ausgerichteten Achtern zusammenstellte. Ganz getreu seiner Maxime „Die Null muss stehen“ legte der Niederländer ein besonderes Augenmerk auf die defensive Stabilität seiner Mannschaft. So richtig fruchten wollte diese Strategie allerdings noch nicht. Zwar konnte man in Hannover endlich wieder eine Partie ohne Gegentor beenden, doch die Offensivschwäche der Mannen aus Gelsenkirchen ist nach wie vor nicht behoben. Nach seinen Leistenproblemen zuletzt zweimal in der Startelf: der ehemalige Frankfurter Omar Mascarell. Weiterhin gesetzt ist Bastian Oczipka.
Spieler im Fokus: Alexander Nübel
Ein Garant für den Sieg über Hannover 96 war Schalkes 22-jähriger Keeper Alexander Nübel. Er brachte die Offensivkräfte der Hannoveraner um Nicolai Müller und Co. mit seinen Paraden zur Verzweiflung und sicherte seinem Team damit drei wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt. Kein Wunder also, dass er sich dafür ein öffentliches Sonderlob von seinem Trainer einholte. Seit Beginn der Rückrunde steht der deutsche U21-Nationalspieler als neue Nummer eins im Kasten der Schalker und verdrängte damit den ehemaligen Eintrachtler und Kapitän Ralf Fährmann auf die Bank. Seither liefert er ab und erlaubte sich in bisher 13 Bundeliga-Spielen kaum einen Fehler.