10.11.2023
Europapokal

Motto des Spiels: Trouble? Maker!

Ausfälle, Kälte, Kunstrasen, Reisestrapazen, Dauerbelastung – Siege. In Helsinki schreibt die Eintracht ein Stück Geschichte. Die Kapitel im Einzelnen.

Wer aktuell auf der Suche nach Prototypen des lösungsorientierten Arbeitens ist, wäre am Donnerstagabend in Helsinki richtig aufgehoben gewesen. Die SGE sorgte in der etwas mehr als 10.000 Zuschauer fassenden Bolt Arena nicht für Glanz, aber für Gloria und zog dank des 1:0-Sieges gegen HJK als erster Verein der Bundesligageschichte in die K.-o.-Phase der UEFA Europa Conference League ein. Zugegeben, der Wettbewerb befindet sich erst in seinem dritten Spieljahr. Trotzdem sei das nicht selbstverständlich, meinte Dino Toppmöller, nach zwei Stunden in klirrender Kälte endlich im kleinen wie heimeligen Medienraum angelangt. Klar sei: „Wir wissen, dass wir einen Tick besser spielen können und die Gruppe gewinnen wollen. Aber es gab schon andere Mannschaften, die in dem Wettbewerb gescheitert sind.“ In den ersten beiden Jahren schieden die deutschen Teams jeweils als Gruppendritte aus. 

Der Fußballlehrer erklärte: „Es fängt im Kopf an. 6:0 das Hinspiel gewonnen, Kunstrasen. Das ist nicht einfach für die Jungs. Dafür haben sie es einfach gut gemacht.“ Alles Kopfsache also. Ähnlich wie die rund 2000 Eintracht-Anhänger, die sich die Feierlichkeiten über dem Gefrierpunkt neben zahlreichen Fangesängen schließlich mit „Mexiko“ versüßten. Träumen darf erlaubt sein.

In 9 von 18 Spielen hält die 0

Keine Illusion war zwei Tage vorher die Tatsache, dass mit Tuta und Robin Koch Leistungsträger des Abwehrverbunds „weggebrochen sind. Trotzdem haben wir wieder zu null gespielt. Die Jungs haben die Ausfälle super kompensiert Da kann man schon mal ein Kompliment aussprechen“, so Toppmöller. Genau genommen blieb Frankfurt im dritten Auswärtsspiel am Stück ohne Gegentreffer. Das gelang letztmals vor über vier Jahren zwischen Februar und März 2019 in Hannover, Düsseldorf und Mailand. Überhaupt war es die neunte weiße Weste im 18. Pflichtspiel. Zum Vergleich: 2022/23 waren es insgesamt elf.

Zahl des Spiels: 22

Und das mit einem Team, das nach allen fünf Auswechslungen und Torwart Trapp, Retter in letzter Minute, einmal ausgenommen, auf den Feldspielerpositionen bei Abpfiff einen Altersschnitt von 22 Jahren aufwies. „Wir sind absolut stolz auf die Jungs“, lobte Toppmöller, der im Eifer des Gefechts das kürzlich mit einem Lizenzspielervertrag ausgestattete Eigengewächs Elias Baum zu seinem Profidebüt verhalf. Was der 18-Jährige defensiv mit Bravour gemeistert und offensiv beinahe gekrönt hätte. In der Nachspielzeit hatte Paxten Aaronson nach einem Konter die Wahl zwischen Schuss und Pass, wählte ersteres, der HJK-Keeper lenkte das Leder an den Außenpfosten. „Als ich sehe, dass Elias angeflitzt kommt, habe ich mich innerlich schon gefreut, dass er in den nächsten zehn Sekunden sein Debüt krönt. Aber dass Pax sich den Abschluss genommen hat, war absolut in Ordnung, der Torwart hält ihn gut“, gewährte Toppmöller Einblick in seine Gedankenwelt und ergänzte: „Wir sind froh, dass wir die beiden Jungen aus dem NLZ einbinden können. Bei Elias war es nur eine Frage der Zeit. Er wird den Tag nicht vergessen.“ Erster Joker war einmal mehr mit Nacho Ferri das zweite am Riederwald ausgebildete Talent.

Stolz auf sein Profidebüt: Der bei Eintracht Frankfurt ausgebildete Elias Baum.

Neben den Hoffnungen aus dem eigenen Stall empfahlen sich auch wieder einige Sommerzugänge. Niels Nkounkou führte mit 20 Zweikämpfen so viele wie kein anderer seiner Kollegen in der bisherigen Gruppenphase, die 105 Ballaktionen übertreffen international einzig Koch und Hrvoje Smolcic. Und nicht zuletzt Farès Chaibi, nicht nur in den Augen von Toppmöller „der Hauptaktivposten in der Offensive“. Und mit einem begnadeten rechten Fuß gesegnet, mit dem er nach einer halben Stunde mit einem Schlenzer à la Philipp Lahm im WM-Eröffnungsspiel 2006 den Dreier sicherte. „Für seine gute Technik ist er sehr robust, kann sich daher gut durchsetzen im Eins-gegen-eins und hat einen super Abschluss“, nannte Toppmöller die Qualitäten des 20-Jährigen überzeugt und gab gleichzeitig zu, mit den Auswechslungen in der Schlussphase auch „Körner sparen“ zu wollen. „Jens Petter ist erfahren und hat es ordentlich gemacht“, sah der 42-Jährige darin kein Risiko. Er behielt recht.

Ausblick

Wohl durchdacht gestaltet das Trainerteam auch das weitere Programm. Läufe für die nicht eingesetzten Akteure am Donnerstagabend, dafür kein Training am Freitag, früher Rückflug nach Frankfurt, Spielersatztraining in abgespeckter Form, so die Skizzierung Toppmöllers: „Regenerieren, nicht zu viel machen“. Am Samstag folgt das Abschlusstraining, dann geht die vierte Auswärtsreise in Serie los; an die Weser zum SV Werder Bremen. Ein „extrem straffes Programm“, das dennoch nicht als Alibi herhalten soll. Oder um es in abgewandelter Anlehnung mit der Vorstellungspressekonferenz des neuen Chefcoachs zu halten: Trouble? Maker!