26.01.2023
Bundesliga

Neue Verantwortungsträger

Djibril Sow fungiert als Kapitän, Diant Ramaj überzeugt als Rückhalt und die Eintracht holt mit der vielleicht jüngsten Abwehr der Liga einen Punkt in Freiburg.

Seit jeher beherzigt Oliver Glasner gewisse Credos. Dazu zählt zum einen kurzfristig, sich immer damit auseinanderzusetzen, das nächste Spiel zu gewinnen. Das andere langfristigere wiederholte er unlängst vor dem Pflichtspielstart 2023: „Am Ende stehen wir dort, wo wir es verdient haben.“ Nach der letzten Partie der Hinrunde, dem 1:1 beim SC Freiburg, wäre das Platz vier. Genau wie vor der Winterpause.

Wohlwissend, dass bei Bundesligahalbzeit zwischen Rang zwei und sieben vier Punkte Differenz liegen und gewissermaßen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Europapokalplätze entbrannt ist. Soweit also vieles beim Alten. Doch im Europa-Park Stadion entstanden auch neue Geschichten und Erkenntnisse.

Geschichte des Spiels: Der U23-Riegel hält

Relativ kurzfristig stand fest, dass Kevin Trapp wegen Unwohlsein, laut Markus Krösche „aber nichts Dramatisches“, unpässlich sein sollte. Weshalb Diant Ramaj zu seinem zweiten Bundesligaeinsatz, dem ersten seit dem 1:1 in Augsburg am 16. Januar 2022, das Gehäuse der Adler hütete – und anschließend Lob von allen Seiten erhielt.

Christopher Lenz, der seinen Schlussmann in der 65. Minute beinahe selbst überwunden hätte, meinte: „Diant hat sich das verdient. Er hat eine sehr gute Partie gemacht und hatte eine gute Ausstrahlung. Niemand hat sich deswegen unsicher gefühlt.“ Auch Cheftrainer Glasner imponierte der Auftritt seiner Nummer 40: „Ich bin sehr zufrieden. Es sieht zwar unspektakulär aus, aber er stand bei jedem Abschluss schon da, wo der Ball hinkam. Das ist eine großartige Eigenschaft und ich glaube, das ist kein Zufall.“

Im selben Atemzug verwies der Fußballlehrer auf die generelle Altersstruktur in der Defensive: Neben dem 21-jährigen Ramaj bildeten die 23-jährigen Tuta und Evan Ndicka sowie der 22-jährige Hrvoje Smolcic die Dreierkette. Gemäß Stichtag 1. Juli sozusagen ein U23-Riegel, der in den Augen Glasners „richtig zu fighten“ hatte. „Das haben sie gemacht, sich gegenseitig gesichert. Und wenn etwas durchkam, war Diant da.“

Zahl des Spiels: 4 Mal die 4

Ein gefragter Stabilisator war wie gewohnt auch Djibril Sow, der trotz vier Gelben Karten clever wie energisch ackerte, zugleich ohne Verwarnung blieb und weiter spielberechtigt bleibt. Der Wert des 25-Jährigen war im Breisgau diesmal auch am linken Oberarm zu erkennen. Nahe der Grenze seiner Schweizer Heimat führte der Achter die Eintracht erstmals von Beginn an als (vierter) Kapitän aufs Feld, weil Trapp erkältet fehlte, Sebastian Rode von der Bank kam und Makoto Hasebe auf dieser blieb.

Du kannst gegen jeden Gegner in Rückstand geraten – erst recht gegen Frankfurt.

Christian Streich, Cheftrainer SC Freibug

Dass die Balance selten bis ins eigene Angriffsdrittel reichte, wussten die Hessen im Nachgang selbst. „Der letzte Ball war zu ungenau, die Laufwege nicht gut“, monierte der insgesamt mit dem Remis zufriedene Glasner. „Man hat gesehen, dass wir uns noch in vielen Bereichen steigern müssen. Gerade gegen Gegner, die nicht so viel zulassen. Dafür benötigen wir höheres Balltempo und bessere Bewegungen, um mehr Chancen zu kreieren“, bemerkte Sportvorstand Krösche.

Die statistische Konsequenz der Blitzanalyse: Vier Schüsse über 90 Minuten, die wenigsten der SGE in 2022/23. Und doch ein Treffer, dank der, so Glasner, „ersten und über 90 Minuten einzigen richtig schönen Aktion“. An deren Ende Randal Kolo Muani zur Pausenführung einnetzte – bei einer Torwahrscheinlichkeit von vier Prozent. Effizienz pur, oder wie es SC-Coach Christian Streich formulierte: „Du kannst gegen jeden Gegner in Rückstand geraten – erst recht gegen Frankfurt.“

Das schreiben die Medien

  • Bild: „Eintracht ist seit sieben Pflichtspielen ungeschlagen, bleibt weiter unter den Top 4 und hat aus den zwei Spielen nach dem Re-Start vier Punkte geholt. Doch die Frankfurter haben noch viel Luft nach oben.“
  • FAZ: „Die Eintracht kann sich glücklich schätzen, die anspruchsvolle Auswärtspartie beim heimstarken Sportclub vor 34.700 Zuschauern im ausverkauften Freiburger Stadion unbeschadet überstanden zu haben.“
  • kicker: „FAZIT: Zeitweise teilnahmslose Frankfurter freuten sich dank Kolo Muanis Einzelleistung über einen glücklichen Punkt.“

Das sagt das Netz

  • „CL Platz in der Liga. 1/8 Finale DFB Pikal. 1/8 Finale CL. Auch ekelhafte Spiele sollte man ertragen können. Einfach mal dankbar und zufrieden sein.“ (@fail0r)
  • „Eintracht Frankfurt ist also inzwischen so eine Mannschaft, die kompletten Mist spielt und dann trotzdem ein Tor schießt. Das ist wirklich anders als früher.“ (@giacobaer)
  • „Diant Ramaj gefällt mir, macht ein super Spiel. Als ich gelesen hab Trappo fällt aus, hatte ich echt ein bisschen bammel.“ (@JanaHein1)

Ausblick: Topspiel in München

Wer möge dem mit 340 Bundesligaspielen nun Rekordtrainer des Sport-Club widersprechen. Immerhin gelang der Eintracht in 15 von 17 Vergleichen der Hinrunde mindestens eine Bude. Häufiger gelang dies einzig dem FC Bayern München: 16 Mal. Am Samstagabend treffen beide Kontrahenten direkt aufeinander.

In welcher Personalkonstellation, ist noch nicht final entschieden. „Ich hoffe, dass Kevin am Freitag mit nach München reist. Aber ich weiß es noch nicht“, weiß Glasner nicht um den gesundheitlichen Verlauf bei seiner Nummer eins. So oder so ist die Marschroute auch gegen den Branchenprimus klar: „Genauso zielstrebig und mutig sein, die Energie auf den Platz bringen und versuchen, jedes Spiel zu gewinnen.“ Gesagt hat das am Mittwochabend nicht Glasner, sondern Linksverteidiger Lenz. Selbst wenn manche technisch-taktischen Verhaltensweisen erst wieder zurückkehren müssen – die mentalen Attribute haben die Spieler offenbar verinnerlicht.