11.08.2021
Team

Nordlicht im Scheinwerferlicht

Jens Petter Hauge ist der sechste Norweger der Eintracht-Historie. Am Dienstag hat er seine Zelte in Frankfurt aufgeschlagen. An Vorschusslorbeeren mangelt es nicht.

Als hätte er es kommen sehen. Es war im Dezember 2020, als Jan Aage Fjörtoft im Rahmen seiner Kultkolumne „Übersteiger“ im Klubmagazin von Eintracht Frankfurt auf einen Sensationsmeister aus seinem Heimatland Norwegen zu sprechen kam. Der FK Bodö/Glimt, um genau zu sein, war erst 2017 in die Eliteserien zurückgekehrt und durfte sein erstes Championat seit 104 Jahren feiern; nebenbei als erster norwegischer Klub jenseits des Polarkreises. Seinerzeit seit knapp drei Monaten außer Landes und dennoch in aller Munde: Ein gewisser Jens Petter Hauge, dessen „Entwicklung in den letzten beiden Jahren“ für Fjörtoft „wie ein kleines Märchen“ anmutete. Ein Märchen, das seit Hauges Verpflichtung am Dienstag in Frankfurt seine Fortsetzung finden soll.

Ihren Anfang nahm die Geschichte gleich mit einem Paukenschlag, der seinesgleichen sucht. Am 13. April 2016 im Alter von 16 Jahren im ersten Pflichtspiel für Bodö/Glimt im Pokal eingewechselt, sorgte der Blondschopf sofort mit einem lupenreinen Hattrick für Aufsehen. Nicht zum letzten Mal, wenngleich die nächsten Glanzlichter reichlich Durchsetzungsvermögen verlangten.

Alle Norweger der Eintracht-Geschichte

  • Jörn Andersen (1988 bis 1994): 115 Spiele, 39 Tore
  • Tore Pedersen (1998 bis 2000): 20 Spiele, 1 Tor
  • Jan Aage Fjörtoft (1999 bis 2001): 54 Spiele, 17 Tore
  • Tommy Berntsen (2001 bis 2002): 3 Spiele
  • Vadim Demidov (2012 bis 2013): 6 Spiele
  • Jens Petter Hauge (seit 2021)

Denn im gleichen Jahr musste die Nachwuchshoffnung aus Nordland den Gang in die Zweitklassigkeit antreten, dem Wiederaufstieg im Jahr darauf folgte die persönliche Rückkehr ins Unterhaus. Die Ausleihe nach Aalesund verlief holprig, „also spielte er zumeist sogar nur für deren zweite Mannschaft in der vierten norwegischen Liga“, erinnert sich Fjörtoft, der bekanntlich 1999 selbst die Mutter aller Bundesligaabstiegskämpfe zu prägen wusste. Damals war Hauge, neben Fjörtoft einer von insgesamt sechs Norwegern in der Eintracht-Historie, nicht mal geboren...

Sprung in die Gegenwart: Seit 2019 etabliert sich der trotz seiner 1,84 Meter enorm bewegliche Hauge auf der linken Außenbahn, bringt es schließlich in 117 Partien auf 35 Treffer, derer 14 trugen zum Titelgewinn seines Jugendklubs bei. Dass es nicht noch mehr wurden, lag an einer Bude, einem Auftritt, der für den heute 21-Jährigen von einem auf den anderen Tag die Fußballwelt auf den Kopf stellte. An einer Spielstätte, die auch Eintracht-Fans noch in bester Erinnerung ist: Dem Giuseppe-Meazza-Stadion in Mailand.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Bodö/Glimt hatte sich bereits in den ersten zwei Qualifikationsrunden für die UEFA Europa League behauptet, da wartete niemand Geringeres als die AC Milan. Hauge traf in San Siro zum 2:3-Endstand aus Sicht der Gäste. Das Aus besiegelt – und das Interesse aus der Modestadt am umtriebigen Flügelflitzer geweckt.

Mit dem Lockruf aus der Lombardei sicherte sich Hauge folglich doch sein Europapokalticket. Gleich beim ersten internationalen Auftritt für die Rossoneri machte er weiter, wo er gegen sie aufgehört hatte, und knipste bei Celtic Glasgow zwölf Minuten nach seiner Einwechslung zum letztendlichen 3:1-Sieg.

Er ist ein junger, entwicklungsfähiger Spieler, der bereits seine ersten Schritte bei einem absoluten Topklub auf internationalem Niveau gemacht hat.

Markus Krösche, Sportvorstand Eintracht Frankfurt

Im weiteren Saisonverlauf sollte das europäische Parkett Hauges beliebtestes Betätigungsfeld bleiben. Drei Tore und eine Vorlage verzeichnete er in fünf Auftritten, auch in der Serie A enttäuschte der Youngster nicht. Angesichts der riesigen Konkurrenz im Offensivbereich wie Hakan Calhanoglu, Ante Rebic oder Zlatan Ibrahimovic stehen bei 18 Ligaeinsätzen zwar 15 als Joker zu Buche. Angesichts der Tatsache aber, dass es für Hauge das erste Jahr in einer Topliga war, sieht nicht nur Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche einen Neuzugang, „der bereits seine ersten Schritte bei einem absoluten Topklub auf internationalem Niveau gemacht hat“.

Der Gelobte selbst schwärmte im Februar gegenüber dem kicker allein von den Trainingseinheiten an der Seite von Weltstar Ibrahimovic: „Selbst im Training stellt er sehr hohe Anforderungen. Es ist großartig, die Chance zu haben, jeden Tag von ihm zu lernen. Er spricht oft mit mir und gibt mir Tipps. Wie er spielt, wie wir spielen und wie ich spielen kann. Wie ich mit und ohne den Ball arbeite.“

Endlich ein Adler: Jens Petter Hauge befindet sich in seiner ersten Trainingswoche mit der Eintracht.

In derlei und mehr Bereichen wird er in der laufenden Spielzeit unter der Leitung von Chefcoach Oliver Glasner arbeiten – und womöglich darüber hinaus. Die Leihe an den Main beinhaltet zugleich eine Kaufoption für Frankfurt. Der beim Transfer federführende Krösche ist sich der Kompatibilität „des nächsten wichtigen Puzzleteils“ sicher: „Neben eines hohen Tempos verfügt Jens Petter über Fähigkeiten, offensive Eins-gegen-eins-Situationen zu lösen und so aus allen offensiven Positionen Torgefahr auszustrahlen.“

Fjörtoft, nicht nur internationaler Markenbotschafter der Eintracht, sondern auch internationaler TV-Experte, ist sich ebenso sicher, dass die Adler einen Akteur in ihren Reihen haben, der „die Eins-gegen-eins-Duelle annimmt, torgefährlich ist und Assists gibt – natürlich nicht so viele wie ein anderer Norweger damals hier...“, fügt der 54-Jährige grinsend an. Na, wenn das mal kein Ansporn ist.

Gude, Jens Petter Hauge!

Wer mehr über Sommerneuzugang Jens Petter Hauge erfahren möchte, dem sei dessen offizielle Vorstellung am Donnerstag, 13 Uhr, ans Herz gelegt. Die Pressekonferenz läuft live auf EintrachtTV, mainaqila, YouTube und Facebook.