11.11.2024
Bundesliga

Prime Time

Wo ein Wille ist, ist – ein Weg zum Sieg für die Eintracht in diesen Tagen. Das 3:2 in Stuttgart in der Nachbetrachtung.

Nun werden scheinbar auch sämtliche Diva-Mentalitäten abgelegt. Satte 45 Jahre hat es gedauert, bis nach einem Bundesligasieg mit fünf oder mehr Toren Differenz auch drei Punkte im nächsten Match folgten. 45 (!) Jahre. Immerhin zehn Siege in dieser Höhe hatte es gegeben, und die Diva-Mentalität hatte schon oft eine Niederlage gegen ein Team aus der unteren Tabellenhälfte zur Folge. Das war nicht nur tabellarisch vor dem Spieltag (jetzt Platz elf) definitiv nicht der Fall mit dem VfB Stuttgart, der mit einem Erfolg bis auf einen Punkt an die Eintracht herangerückt wäre. Wäre, denn nach dem 3:2-Erfolg grüßt die Eintracht zur Länderspielpause von Rang drei.

Eintrachts Zahlenkombi: 20-8-4

„Eine Momentaufnahme“, wie Sportvorstand Markus Krösche in der Mixed Zone der MHP Arena einordnete. Die Fakten nach zehn Spieltagen in der Bundesliga, deren vier international und zwei DFB-Pokalrunden:

  • 20 Punkte nach zehn Spielen – mehr waren es für die Eintracht zuletzt 1993/94 (26). Unter Trainer Klaus Toppmöller übrigens.
  • Acht Tore nach Standards sind geteilter Bestwert mit dem FC Bayern München.
  • Vier Siege in Folge in drei Wettbewerben. Platz vier in der Europa-League-Ligaphase, Rang drei in der Bundesliga, Achtelfinaleinzug im DFB-Pokal.

Dass es im letzten von sieben Spielen binnen 23 Tagen seit der vergangenen Länderspielpause zu drei Punkten in Stuttgart reichte, hatte natürlich mehrere Gründe. Die Widerstandsfähigkeit, gegen eine vom Ballbesitz (60:40 Prozent), Schüsse (22:8) und Pässe ins Angriffsdrittel (68:35) – um nur drei Statistiken zu nennen – überlegene Stuttgarter Mannschaft zu bestehen. Die Effizienz, mit fünf Schüssen aufs Tor drei Treffer zu erzielen. Die Fähigkeit, durch Kevin Trapp schon den dritten Elfmeter der Saison gegen sich abzuwehren – zwei durch den 34-Jährigen (dazu in Leverkusen), einen durch Kaua Santos in Istanbul. Die mannschaftliche, aber freilich auch die individuelle Klasse. Zum letzten Punkt später mehr.

Faktor Spielglück

Aber auch den Faktor Spielglück, das machten Verantwortliche und Spieler nach dem Schlusspfiff deutlich. „Wir hatten das Quäntchen Glück auf unserer Seite“, war der letzte Satz von Dino Toppmöller in seinem Eingangsstatement auf der Pressekonferenz in Stuttgart. Der Ausgleich lag in der Schlussphase in der Luft, er fiel auch – aber das Tor wurde nach Videobeweis aberkannt, weil Schütze Führich im Abseits gestanden hatte.

Der Ausgleich lag in der Schlussphase in der Luft, er fiel auch – aber das Tor wurde nach Videobeweis aberkannt.

Sei’s drum, ein reguläres 3:3 fiel nicht. „Wir mussten zittern“, bemerkte Toppmöller, während Sportdirektor Timmo Hardung in Bezug auf einige Abseitsentscheidungen zu ungunsten des VfB feststellte: „Viel Abseits war das jeweils nicht“. Hardung wusste aber auch, dass man „verpasst hatte, den Deckel früher draufzumachen“. Nene Brown, der zuvor in seinem zweiten Bundesligaspiel sein zweites Tor erzielt hatte – dieses Mal als Startspieler –, hatte das 4:0 auf dem Fuß. „Da ging mir die Kraft aus, das habe ich nicht gut gemacht“, zeigte er sich später selbstkritisch.

Breiter Kader zahlt sich aus

Spricht man über Nene Brown, ist man unweigerlich beim breiten Kader und damit einem weiteren Erfolgsfaktor. Hardung sagte bei EintrachtTV: „Wir haben immer wieder vom breiten Kader gesprochen. In den vergangenen Wochen haben wir gezeigt, dass wir ihn auch haben.“ Brown, aber auch andere Beispiele wie Neu-Bundesligaspieler Nnamdi Collins, demonstrieren, dass es sich lohnt, wie beide sagten, „dranzubleiben und geduldig auf seine Chance zu warten“.  

Wir haben immer wieder vom breiten Kader gesprochen. In den vergangenen Wochen haben wir gezeigt, dass wir ihn auch haben.

Sportdirektor Timmo Hardung

„Ich lebe immer noch meinen Traum“, ergänzte Brown in Stuttgart, wo er erstmals „seit der U16, glaube ich“ wieder so offensiv auf der linken Seite aufgetreten war. Neben Brown (21) und Collins (20) hatte auch Can Uzun (wird am heutigen Montag 19 Jahre alt) zuletzt erstmals Bundesligaluft geschnuppert, Jean-Mattéo Bahoya (19) war gegen Bochum zum zweiten Mal in einer Bundesligaanfangsformation. Zehn Adlerträger haben sich in dieser Bundesligasaison bereits in die Torschützenliste eingetragen – geteilter Höchstwert. Betrachtet man alle Pflichtspiele, kommen noch zwei weitere Spieler hinzu.

Marmoushs Zahlenkombi: 11-18-3

„Chef-Torjäger“ ist freilich Omar Marmoush, der bei seinem Ex-Klub wieder Mal für Superlative sorgte:

  • Elf Tore in zehn Bundesligaspielen – Vereinsrekord und Platz eins mit Harry Kane in der aktuellen Torschützenliste.
  • 18 Scorerpunkte – Platz eins in der Liga, auch die sieben Assists werden nicht getoppt.
  • Drei direkt verwandelte Freistöße in Folge wettbewerbsübergreifend (Bochum, Prag, Stuttgart) – Bestwert in Europas Top-Fünf-Ligen und erster Bundesligaspieler seit Christian Fuchs 2009, dem das gelingt.
Auch nach dem Spiel nicht zu bremsen: Omar Marmoush auf dem Weg zur Fankurve.

Anerkennend sprach Stuttgarts Cheftrainer Sebastian Hoeneß davon, dass sich Omar Marmoush „wahrscheinlich in der Prime Time“ seines Lebens befinde. Das trifft durchaus auch auf Eintracht Frankfurt im Herbst 2024 zu, betrachtet man die sportliche Bilanz. Aber, um mit Markus Krösche auch zu schließen: „Es ist eine Momentaufnahme.“

Ausblick: Natio, Bremen, Rush Hour

Diesen Moment genießen die Adlerträger nun unterschiedlich – die einen mit ihren Nationalmannschaften auf Länderspielreisen, die anderen mit Training in Frankfurt (Dienstag, Mittwoch, Donnerstag) sowie einigen freien Tagen über das Wochenende. Danach geht’s im Deutsche Bank Park weiter, am 23. November ist der SV Werder Bremen zum Samstagabend-Topspiel ab 18.30 Uhr zu Gast. Der nächste Block bis zur Weihnachtspause beinhaltet acht Spiele in 29 Tagen. Rush Hour in der Prime Time.