20.05.2020
Training

Richtung Zenit

High Noon in Frankfurt, denn die Adlerträger erhöhen ab Punkt 12 Uhr die Schlagzahl. Die erste Einheit dieser Woche macht Lust auf mehr.

Aufmerksamer Beobachter und bei Bedarf Korrektiv: Cheftrainer Adi Hütter.

Inwieweit nach dem durchwachsenen Bundesliganeustart gegen Borussia Mönchengladbach noch in vielen Belangen Steigerungsbedarf besteht, wurde den Adlerträgern zum Auftakt dieser Trainingswoche nochmal eindrücklich vor Augen geführt. Immerhin stand nach den obligatorischen Fieber- und COVID-19-Tests am Dienstagvormittag eine extralange Videoanalyse an. „Wir haben ausführlich die Dinge besprochen, die nicht gut liefen, aber auch das, was wir gut gemacht haben“, gewährt Kevin Trapp im Anschluss Einblicke in die Theoriestunde. Konkret: „Wir haben in der Anfangsphase nicht gut verteidigt sowie Aggressivität und Spritzigkeit vermissen lassen. Vor allem haben wir es verpasst, den Gegner gemeinsam unter Druck zu setzen. Ab der 20. Minute hat man aber gesehen, was möglich ist, wenn wir mutig agieren. Die Qualität dafür haben wir.“

Den entsprechenden Nachweis lieferten die insgesamt 20 Feldspieler und drei Torhüter, als es um Punkt 12 Uhr auf den Trainingsplatz vor der Commerzbank-Arena ging. Einmal mit einen knackigen Athletikauftakt das Wochenende aus den Gliedern geschüttelt, stand für die verbleibenden 70 Minuten der Ball im Mittelpunkt. Oder genauer gesagt: nicht weniger das Freilaufverhalten ohne die Kugel am Fuß. Zunächst noch zweigeteilt, jeweils unter Beobachtung der Assistenztrainer Christian Peintinger und Armin Reutershahn. Während der eine lautstark „Spielen und Gehen“ forderte, mahnte Letzterer energisch an, dass der passgebende Spieler sich umgehend „seitlich anbieten“ sollte. Alles unter dem Vorsatz begrenzter (Ball-)Kontakte. Wie im Coronaleben so im Spiel, sozusagen. Ganz klar, das eigene Angriffsverhalten soll lieber früher als später in Fleisch und Blut übergehen, wie nicht nur Keeper Trapp mit Blick auf neun Ligaspiele in sechs Wochen plus das seit Dienstagnachmittag wohl sicher am 9. oder 10. Juni stattfindende DFB-Pokal Halbfinale beim FC Bayern bewusst ist: „Die Englischen Wochen sind für uns nichts Unbekanntes. Entsprechend müssen wir damit umgehen, so gut wie möglich spielen und punkten, uns voll auf jedes einzelne Spiel fokussieren und dazwischen möglichst gut regenerieren.“

Tiefe Läufe, hohe Schmerzgrenze

Kevin Trapp stellte sich nach Trainingsschluss den Fragen von EintrachtTV.

Was die derzeitige Personalsituation zweifelsohne zulässt. Während „Goncalo Paciencia bald zurückkehrt“, wie Trapp hofft, und der in der vergangenen Woche an der Ferse verletzte Marco Russ wieder auf dem Feld stand, fehlten im ersten Mannschaftstraining dieser Woche zwar David Abraham, Gelson Fernandes und Mijat Gacinovic, die aus Gründen der Belastungssteuerung individuell arbeiteten, wobei der Serbe immerhin auf den Rasenplätzen lockere Laufübungen absolvierte. Die gegen Mönchengladbach eingewechselte Nummer elf rückt am heutigen 19. Mai zwangsläufig mehr ins öffentliche Bewusstsein, hat er beim DFB-Pokalsieg vor genau zwei Jahren mit seinem unvergessenen Lauf für die Ewigkeit doch für die triumphale Entscheidung gesorgt.

Von jenem Leistungszenit sind die Hessen nach über zweimonatiger Zwangspause wie alle Vereine naturgemäß noch entfernt, wenngleich die stetig steigende Intensität im sonnendurchfluteten Stadtwald unübersehbar war, wie auch Trapp hervorhob: „Wir haben viel investiert!“ Und das nicht kämpferisch, sondern bisweilen auch künstlerisch. Auf der einen Seite Sebastian Rode, der vor dem Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Klub im 40-minütigen internen Testspielchen nach einem beherzten Sprint in den Strafraum per sehenswertem Lupfer den ersten Treffer markierte. Ein Lauf in die Tiefe ganz nach dem Geschmack von Cheftrainer Adi Hütter, der seine Schützlinge bei Bedarf zurückpfiff und die Staffelung der Mannschaftsteile korrigierte sowie generell die Mannschaften munter durchwechselte und sich freilich hinsichtlich personeller Gedankenspiele nicht in die Karten blicken ließ. Auf der einen Seite nahm Sahverdi Cetin das gewünschte Gegenpressing nach einem Ballverlust einmal zu ernst und kam im Nachsetzen gegen Marijan Cavar zu spät. Doch der junge Bosnier verzog keine Miene und stand schon wenige Sekunden später wieder auf den Beinen.

Wodurch einmal mehr deutlich wurde, dass für die Adler, von der Eins Kevin Trapp bis zur 42 Marijan Cavar, auf dem Weg zum Zenit kein Schmerz zu groß ist. Was bis zum Showdown beim Rekordmeister noch in vier Einheiten zu beweisen wäre: Am Mittwoch steht eine Doppelschicht, am Donnerstag und Freitag jeweils eine Einheit auf dem Plan.