08.01.2024
Historie

Ruhe in Frieden, Franz Beckenbauer!

Eintracht Frankfurt trauert um einen der größten Fußballer, den die Welt gesehen hat.

Die Nachricht am frühen Montagabend, dass Franz Beckenbauer im Alter von 78 Jahren verstorben ist, hat im Herzen von Europa große Betroffenheit ausgelöst.

Franz Beckenbauer war zum einen über Jahre eine tragende Säule beim FC Bayern München, für den er 582 Spiele bestritt, davon 26 gegen Eintracht Frankfurt. In Frankfurt hatte der Kaiser aber meist nichts zu lachen, an drei Niederlagen erinnern sich die Adlerträger ganz besonders. Im Oktober 1972 stand Beckenbauer auf dem Platz, als Karl-Heinz Körbel in der Bundesliga debütierte und die Heimelf mit 2:1 gewann. Das DFB-Pokalhalbfinale 1974 gewann die Eintracht in letzter Sekunde durch einen von Jürgen Kalb verwandelten Foulelfmeter mit 3:2, über den durchaus umstrittenen Elfmeter schimpfte Franz Beckenbauer noch vier Stunden nach Abpfiff ganz und gar nicht majestätisch schimpfte. Etwas über ein Jahr später mussten die Bayern gar eine denkwürdige 0:6-Niederlage aus Frankfurt hinnehmen.

Zwei Jahre spielte Franz Beckenbauer auch für den Hamburger SV. Hier trifft er auf die Eintracht mit Bruno Pezzey.

Doch Franz Beckenbauer feierte auch große Siege in der Mainmetropole. Als die Bayern zum erst zweiten Mal DFB-Pokalsieger wurden, holte der Kaiser in Frankfurt 1966 seinen ersten Vereinstitel und setzte beim 4:2 gegen Duisburg nach einem unwiederstehlichen Solo den Schlusspunkt. Im Sommer 1974 feierte er gemeinsam mit Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein den Gewinn der Weltmeisterschaft, auf dem Weg dorthin siegte Deutschland gegen Polen bei der Regenschlacht von Frankfurt. Beckenbauer und Hölzenbein hatten gemeinsam den Angriff eingeleitet, der die Gastgeber durch Gerd Müllers Treffer ins Finale brachte. Als Teamchef führte der Münchner die Nationalmannschaft zum ersten Zu-Null-Sieg gegen Brasilien – 1986 in Frankfurt.

In der Nationalmannschaft traf Beckenbauer als Spieler immer wieder auf Eintrachtler. Auch der Titelgewinn des Europameisters 1972 gelang mit Grabi und 1966 gehörten bei der WM in England mit Friedel Lutz und Jürgen Grabowski zwei Eintrachtler zum Kader. Da reichte es aber wegen des berühmt gewordenen Wembleytors nur zu Platz zwei.

Das Kunststück, den größten Titel des Weltfußballs als Spieler und als Trainer zu gewinnen, gelang bis heute nur Mário Zagallo, Didier Deschamps – und Franz Beckenbauer. Der gewann 1990 in Italien als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft den Titel. Und wieder war mit Uwe Bein ein Eintrachtler dabei, darüber hinaus Andreas Möller, der damals allerdings noch als Spieler des BVB nach Italien reiste. Als Teamchef Beckenbauer bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko den Torhüter Uli Stein vom Turnier nach Hause schickte, war der heutige Markenbotschafter der Eintracht noch Torhüter beim HSV. Mit der Suppenkasperaffäre hat die Eintracht also nichts zu tun.

Nach seiner Zeit auf dem Spielfeld und am Spielfeldrand arbeitete Beckenbauer viele Jahre als Funktionär beim FC Bayern und beim DFB. Als Vorsitzender des Bewerbungskomitees gelang es ihm, die Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland zu holen, hier war er dann Leiter des Organisationskomitees.

Franz Beckenbauer gilt als Wegbereiter für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Hier ist er zu Besuch im Frankfurter Stadtwald zu sehen.

„Eine WM ohne Frankfurt kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Beckenbauer etwa im Dezember 2001, als die damalige Oberbürgermeisterin Petra Roth die offizielle Bewerbung der Stadt Frankfurt übergab. Mit Erfolg. Eine von zwölf Spielstätten war das Stadion im Stadtwald, in der 2005 auch Partien des Confederations Cup stattfanden. Noch zu Beginn desselben Jahres, die Eintracht war ihrerzeit zweitklassig, wünschte sich Beckenbauer im Kaisersaal des Römer, dass „das Wichtigste für 2005“ der Wiederaufstieg der SGE sei.

Die Erinnerung an das Sommermärchen blieb und Franz Beckenbauer dem Fußball weiterhin eng verbunden. Als die Eintracht 2019 ins Halbfinale der UEFA Europa League einzog, zollte der „Kaiser“ mit Blick auf die Duelle mit dem Chelsea FC großen Respekt: „Ich ziehe alle Hüte, die ich zu Hause habe, vor Eintracht Frankfurt. Es tut dem Verein gut, mal in der Welt des gehobenen europäischen Fußballs genannt zu werden. Es ist die Mannschaft der Stunde, ich halte ihnen die Daumen.“

Am 7. Januar ist Franz Beckenbauer im Alter von 78 Jahren verstorben. Wir verneigen uns vor einem einzigartigen Menschen und ebenso einmaligen Lebenswerk und werden in ewiger Erinnerung deine Momente und Erfolge in unserem Gedächtnis behalten!

Ruhe in Frieden, Kaiser Franz!

Erinnerungen an Franz Beckenbauer

Peter Fischer (Präsident Eintracht Frankfurt): Franz Beckenbauer war eine der größten Persönlichkeiten im deutschen Fußball – als Spieler, Trainer, Mensch und ehemaliger Präsidentenkollege. Jeder von uns hat Erinnerungen an den Kaiser, sei es wegen seiner begeisternden Art Fußball zu spielen und spielen zu lassen oder sei es wegen des unvergesslichen Sommermärchens im eigenen Land, das wir ihm zu verdanken haben, wo mir immer jegliches Verständnis gefehlt hat für seine Kritiker. Am Ende hat der Fußballgott ihn vielleicht auch von seinem Leiden erlöst und ihn zu sich geholt. Dort ist er nun in bester Gesellschaft bei unseren großen Eintrachtlern und seinem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Jürgen Grabowski. Ruhe in Frieden!

Karl-Heinz Körbel (Rekordbundesligaspieler, Debüt gegen den FC Bayern mit Beckenbauer): Ich habe keinen Spieler mehr gesehen, der so gut war wie Franz. Ein Genie! Der deutsche Fußball hat ihm unendlich viel zu verdanken, er hat unglaublich viel für uns alle geleistet. Ich bin sehr traurig, aber natürlich auch froh, dich gekannt zu haben! Dass er seiner Zeit voraus war, habe ich als Spieler gemerkt, als er sich als erster Fußballer wegen der Belastung und seiner Spielweise den Knöchel immer abtapen ließ. Das wollte ich auch haben, bin während eines Trainings mit der Nationalmannschaft nach einem Zweikampf liegengeblieben und habe auf meinen Knöchel gezeigt. Dann haben sie einen Tapeverband angelegt. Ich war so stolz, dass ich ihn noch beim nächsten Bundesligaspiel getragen habe. Ruhe in Frieden und Gottes Segen!

Uwe Bein (Weltmeister 1990): Natürlich bin ich schockiert, sein Tod stimmt mich sehr nachdenklich. Ich habe Franz zu verdanken, dass ich Nationalspieler und Weltmeister geworden bin. Ich habe immer zu ihm aufgeschaut, bildlich gesehen mache ich das jetzt weiterhin. Ich habe mich immer gefreut, wenn wir uns gesehen und unterhalten haben; wir haben die Leidenschaft fürs Golfen geteilt, zuletzt sind wir uns wahrscheinlich auch bei einem Charity-Golfturnier vor einigen Jahren begegnet. Er hat unglaublich viel für den deutschen Fußball geleistet, wieder geht ein ganz Großer.

Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann mit Franz Beckenbauer in Frankfurt.

Axel Hellmann (Vorstandssprecher Eintracht Frankfurt): Franz Beckenbauer darf sicherlich als der prominenteste Fußballer bezeichnet werden, den unser Land hervorgebracht hat. Mit ihm verlieren wir eine sportliche Legende, die im Fußball stets das Schöne, Leichte und Kreative des Spiels verkörpert hat. Er hat den deutschen Fußball geprägt wie kaum ein anderer.

Markus Krösche (Sportvorstand Eintracht Frankfurt): Mit Franz Beckenbauer verlieren wir eine Lichtgestalt, die nicht nur den Fußball als Spieler und Trainer nachhaltig verändert, sondern weltweit die Herzen der Menschen erobert hat. Er hat es geschafft, einer Position, dem Libero, sein Gesicht zu geben. Das schaffen die Wenigsten. Als Spieler Europa- und Weltmeister zu werden und letzteres als Trainer zu wiederholen, zeugt von seiner einzigartigen Begabung. Nicht zuletzt das Sommermärchen im eigenen Land haben wir Franz Beckenbauer zu verdanken, das allen Menschen unvergesslich bleibt und von dem der deutsche Fußball durch die Modernisierung einiger Stadien und vielem mehr bis heute profitiert. Auch wir in Frankfurt und bei der Eintracht.

Andreas Möller (Weltmeister 1990): Ich bin sehr schockiert über die Nachricht vom Tod von Franz Beckenbauer. Er hatte mich als jungen Spieler in die Nationalmannschaft geholt, anschließend durfte ich ihn zwei Jahre als Trainer erleben. Diese Zeit wurde gekrönt durch den Weltmeistertitel 1990. Das war mit die schönste Zeit in meiner Karriere, die ich nie vergessen werde. Franz Beckenbauer hatte eine besondere Aura, die mich beeindruckt hat. Die Gespräche waren immer wertvoll für mich. Er war für mich eine herausragende Persönlichkeit. Ich bin sehr traurig über diese Nachricht. Sein Tod ist ein großer Verlust, Deutschland verliert einen der größten Fußballer und Trainer. Er wird uns fehlen.

Hartmut Scherzer (Journalist; aus seinem 2020 erschienen Buch „Welt Sport“, zu dessen Vorstellung im Deutsche Bank Park Beckenbauer zu Gast war): Einmal eingefangen von seiner Aura, zählte ich mich im weitesten Sinn zum Gefolge des Fußballkaisers. 50 Jahre lang, seit seinem Debüt in der Nationalmannschaft 1965 bis zum Sommermärchen 2006. In all den Jahren ist meine Wertschätzung entstanden: Seine Liebenswürdigkeit ist einzigartig, sein Charme umwerfend, seine Nonchalance beneidenswert. Die aufregenden journalistischen Jahrzehnte mit ihm und die Erinnerung daran kann mir niemand nehmen.