Sommerpause
Während die deutsche Nationalmannschaft, die sich mit einem siegreichen Länderspiel in Frankfurt gegen Bosnien aus Deutschland verabschiedet hatte, in Südafrika zwar groß aufspielte, ohne Beteiligung eines Eintracht-Spielers aber erwartungsgemäß nicht den Titel holte, gaben die Frankfurter Macher dem Kader den letzten Feinschliff für die kommende Saison. Die Verträge von Altintop und Heller wurden verlängert, der ausgeliehene Steinhöfer kehrte zurück. Tsoumou und Krük verließen die Hessen, während Petkovic und erneut Bellaid verliehen wurde.
Neben dem aus Offenbach gekommenen Talent Sebastian Rode, der die gesamte Hinrunde über leider verletzt ausfiel, in der Rückrunde dann aber sein großes Potenzial andeutete, verstärkte sich die Eintracht nicht in der Breite, sondern holte sehr gezielt zwei Spieler für wichtige Positionen. In der Linksverteidigung trat der beste Vorlagengeber in der abgelaufenen Saison in Griechenland die schwere Nachfolge von Christoph Spycher an. Er schaffte es auf dieser Problemposition vieler Vereine auf Anhieb zum Stammspieler, hielt seine Seite meist dicht und brachte es immerhin auf 6 Scorerpunkte. Als Kapitän wurde Spycher durch Chris ersetzt, wobei wegen dessen Verletzungsproblemen Patrick Ochs in der Regel die Binde trug. Im Angriff erreichte der nächste Grieche, Theofanis Gekas, nach nur leichten Anlaufschwierigkeiten beachtliche 24 Scorerpunkte - ein Wert den bei Frankfurt lange kein Angreifer vorzuweisen hatte. Nach einem Testspielsieg gegen den FC Chelsea - zuvor hatte man unter anderem US Palermo und Racing Santander geschlagen - ging es mit einer gesunden Portion Optimismus in die Saison.
August
Treffer von Ioannis Amanatidis, Georgios Tzavellas, Patrick Ochs und Halil Altintop sorgten für einen standesgemäßen, freilich etwas zu hoch ausgefallenen 4:0-Sieg in der ersten Pokalrunde beim SV Wilhelmshaven. Der Bundesligastart jedoch ging ordentlich daneben. Die ersten beiden Spiele verlor die dabei von den Unparteiischen jeweils spürbar benachteiligte Eintracht in Hannover und gegen den Hamburger SV. In Hannover reichte der zwischenzeitliche Ausgleich durch Benjamin Köhler nicht, um die Niederlage zu verhindern, bei der den Hessen unter anderem ein klarer Handelfmeter verweigert wurde und Angreifer mehrfach zu Unrecht in aussichtsreichen Positionen wegen angeblicher Abseitsstellung zurückgepfiffen wurden. Der eingewechselte Korkmaz agierte vor dem zweiten Gegentor unglücklich und erhielt lediglich am 4. Spieltag noch einmal 9 Minuten Spielzeit, tauchte sonst jedoch kaum mehr im Kader auf. Er wurde im Winter an den VfL Bochum zu Friedhelm Funkel ausgeliehen, wo er Stammspieler wurde und es in 12 Spielen auf 5 Scorerpunkte brachte. Bei der Heimpremiere gegen Hamburg traf Ochs wie zuvor im Test gegen Chelsea sogar zur Führung, doch die gut in die Saison gestarteten Gäste konnten das Spiel noch drehen und siegten 3:1.
September
Im September überraschte Gekas zunächst mit seinem Rücktritt aus der griechischen Nationalmannschaft, nachdem Amanatidis diesen Schritt bereits im Sommer vollzogen hatte. Für die Eintracht war diese Mitteilung nicht unbedingt von Nachteil, da Gekas - in der WM-Qualifikation noch bester Torschütze Europas - seinem Verein nun uneingeschränkt zur Verfügung stand. In der Liga galt es, bei stark gestarteten Gladbachern endlich zu punkten.
Mönchengladbach hatte gerade in einem wahren Fußballfest 6:3 in Leverkusen gewonnen. Bayer selbst wiederum hatte am 1. Spieltag in Dortmund gesiegt - die bis zum denkwürdigen 17. Spieltag letzte Niederlage des BVB. Der Gegner war also euphorisch, doch der Eintracht gelang ein wahrer Befreiungsschlag. Köhler, zweimal Gekas sowie Ochs waren die Torschützen beim 4:0-Erfolg. Letztmals konnte die Eintracht in den 90er-Jahren auswärts ein Erstligaspiel so hoch gewinnen (in der zweiten Liga gab es 2005 ein 5:0 in Aue).
Da jedoch in den beiden folgenden Spielen wieder mit den Unparteiischen zu hadern war, die Mannschaft gegen Freiburg zudem eine ausgesprochen uninspirierte Vorstellung ablieferte, etablierten sich die Adlerträger trotz des Erfolges in Gladbach zunächst im Tabellenkeller. In einem mäßigen Spiel gegen Freiburg gelang den Gästen kurz vor Schluss durch einen klaren Abseitstreffer das Siegtor. In Leverkusen konnte Gekas zunächst die Führung des Heimteams egalisieren. Die Eintracht war fortan gleichwertig, doch übersah der Schiedsrichter eine Tätlichkeit von Tranquillo Barnetta an Maik Franz im Strafraum. Statt des Elfmeters für Frankfurt gab es den Strafstoß dann in der Schlussminute für die Gastgeber nach einem Foul von Ochs, der ferner gelb-rot sah und damit - vom letzten Pokalspiel in Aachen abgesehen - den einzigen Frankfurter Platzverweis der Hinrunde hinnehmen musste. So wurde das vierte von 5 Ligaspielen ohne Not aus der Hand gegeben. Franz beschwerte sich nach Spielende bei den Medien über die fortgesetzte Benachteiligung der Eintracht durch die Offiziellen und wurde dafür zu einer Geldstrafe verurteilt. Immerhin blieben krasse Fehlentscheidungen in den verbleibenden Spielen der Hinrunde aus oder wurden durch Entscheidungen zugunsten der Hessen etwa kompensiert. Negative Randerscheinung in Leverkusen waren die strengen Einlasskontrollen, die etwa von der Fanpage sge4ever.de wie folgt beschrieben wurden: "So war für die weiblichen Fans ein Zelt aufgebaut worden, in dem sie bis auf die Unterwäsche sich ausziehen mussten. Auch vor, Augenzeugen zufolge, 8jährigen Mädchen machten diese menschenunwürdigen Kontrollen nicht halt. Als Grund wurde gegenüber der Frankfurter Fanbetreuung angegeben, man hätte einen ernstzunehmenden Hinweis erhalten, dass Frauen an diesem Abend Pyrotechnik in den Block schmuggeln würden."
Brutal groß war der Druck nach nur 3 Punkten aus 5 Spielen vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Man merkte dem Team, das sich am Vorabend einmal ohne Trainer ausgesprochen hatte, die Anspannung zwar an, zugleich waren aber auch Entschlossenheit und absoluter Siegeswille zu sehen. Gekas und Chris sorgten für die erlösenden Treffer gegen einen unangenehm zu spielenden Gegner. Der Bock war umgestoßen, die Saison konnte endlich losgehen und eine Serie von 8 (!) ungeschlagenen Pflichtspielen begann.
Oktober
Nun war der Bann gebrochen. In Stuttgart gelang sogar ein überraschender 2:1-Erfolg, der dem VfB-Trainer Christian Gross letztlich den Job kostete. Gross wurde zunächst durch den ehemaligen Frankfurter Jens Keller abgelöst, kurz vor Weihnachten übernahm dann Bruno Labbadia. Frankfurter Torschützen waren wie auch bereits gegen Nürnberg Gekas und Chris, es war der Auftakt eines wahrhaft "goldenen Oktobers".
Denn in Kaiserslautern legten die Adlerträger nach und siegten beim Aufsteiger mit 3:0. Gekas setzte seinen Lauf fort und traf doppelt. Alexander Meier steuerte den dritten Treffer bei. Das Spiel hätte allerdings auch ganz anders laufen können, wäre Srdjan Lakic nicht mit einem Foulelfmeter am starken Oka Nikolov gescheitert. Nikolov spielte die möglicherweise beste Halbserie seiner Karriere, war zwischenzeitlich mit über 80 % abgewehrter Torschüsse als statistisch bester Keeper der Liga gefeiert und hatte - auch wenn er gegen Ende der Hinrunde verletzt ausfiel und von Ralf Fährmann gut vertreten wurde - erheblichen Anteil daran, dass Frankfurt mit 21 Gegentreffern die viertbeste Abwehr der Liga stellte und allein in der Hinrunde 6-mal zu Null spielte - häufiger als in der gesamten Vorsaison!
Gegen kriselnde Schalker, die sich erst über Erfolge in der Champions League gegen Ende der Hinrunde fangen sollten, verpasste es die Eintracht trotz starker Überlegenheit und hochkarätiger Torgelegenheiten, einen Treffer zu erzielen und musste sich mit einem Remis zufrieden geben. In der zweiten Pokalrunde gelang Frankfurt dann gegen den Hamburger SV eine wahre Gala-Vorstellung. Die Tore fielen ohne große zeitliche Abstände. Der früh für den verletzten Meier eingewechselte Caio brachte die Hessen mit einem Wahnsinnsschuss mit links aus der Distanz in Führung, ehe Gekas ausbauen konnte. Mladen Petric hielt das Spiel mit dem Treffer zum 1:2 zunächst offen, ehe ihm in der zweiten Hälfte binnen einer Minute gleich 2 weitere Treffer gelangen, der erste davon jedoch ins eigene Netz. Zwischenzeitlich hatte Gekas bereits seinen zweiten Treffer des Tages erzielt, den Schlusspunkt zum 5:2 setzte dann Altintop mit einem Foulelfmeter kurz vor Schluss. Damit erwies sich der Türke als echter Pokaltorjäger, denn 2 Treffern in jenem Wettbewerb stand am Saisonende kein einziges Ligator gegenüber (allerdings immerhin 2 Vorlagen).
Anschließend ging das Punktesammeln in der Liga beim nächsten Auswärtsspiel munter weiter. Die Eintracht konnte bereits das vierte Auswärtsspiel gewinnen und war zwischenzeitlich mit das beste Auswärtsteam der Liga, am Jahresende stand Platz 4 in der Auswärtstabelle. Am Saisonende belegten die Hessen hier allerdings Platz 16. Beim FC St. Pauli wurden die "Hamburger Tage" erfolgreich fortgesetzt. Allerdings musste erst ein Rückstand umgebogen werden, was durch Treffer von Gekas (2) und Caio auch souverän gelang, nachdem sich Gerald Asamoah beim Zwischenstand von 1:1 bereits zu Beginn der zweiten Hälfte mit gelb-rot in die Kabine verabschiedet hatte, die gerechte Konsequenz einer so in der Bundesliga selten anzutreffenden überharten Gangart der Gastgeber. Ausgerechnet die beiden Ligaspiele gegen die Hamburger Clubs waren die einzigen beiden Hinrundenspiele, in denen die jeweils in Rückstand geratene Mannschaft überhaupt noch etwas zählbares erreichen konnte; einmal der HSV und einmal die Eintracht. Ansonsten siegte in 18 Spielen ausnahmslos die Mannschaft, die in Führung gehen konnte, nicht einmal ein Remis war der in Rückstand geratenen Mannschaft noch möglich - eine im Vergleich zur Vorsaison auffallend starke Veränderung! In der Rückrunde setzte sich dieser Trend fort. Die Eintracht konnte Führungen in Wolfsburg, gegen Bayern und in Dortmund nicht über die Zeit bringen und nur einen Rückstand gegen Bremen egalisieren. So stehen nach Rückständen ganze 4 Punkte zu Buche - der gegnerische Führungstreffer als fast sicherer Auftakt der Niederlage.
November
Unvermindert stark traten die Adlerträger im nächsten Heimspiel gegen Wolfsburg auf. 2 Treffer durch Gekas und ein wunderschöner "Sonntagsschuss" von Pirmin Schwegler brachten die Eintracht klar in Front. Ein später Gegentreffer konnte am ersten Erfolg gegen Wolfsburg seit einigen Jahren nichts mehr ändern. Auch in Bremen blieb die Eintracht noch ungeschlagen und erkämpfte sich mit etwas Glück ein 0:0. Nikolov fiel durch eine faire Geste angenehm auf, als er dem Schiedsrichter gegenüber aus freien Stücken zugab, einen Schuss noch berührt zu haben, so dass es statt Abstoß eine (glücklicherweise folgenlose) Ecke für Werder gab.
Es war eines von nur 2 Remis in 20 Hinrundenpflichtspielen, eine durch die 3-Punkte-Regelung durchaus willkommene Bilanz. Aber nicht nur bei der Eintracht, sondern ligaweit waren Unentschieden selten. Während in der Hinrunde 2009/10 noch 47 der 153 Partien (über 30 %) ohne Sieger endeten, gab es in der Hinrunde 2010/11 nur 30 Unentschieden (unter 20 %)! In der Rückrunde kamen 33 Unentschieden hinzu, so dass insgesamt 63 statt zuletzt 86 Begegnungen mit einem Remis endeten. Das heißt auch, dass in dieser Saison 23 Punkte mehr an die Clubs verteilt wurden, im Durchschnitt also jeder Club um etwa 1,3 Punkte besser dastand, mithin eine bestimmte Punktzahl, die im Vorjahr für einen bestimmten Platz ausgereicht hätte, nun womöglich nicht mehr reichte. Passend zu diesen erfolgreichen Wochen sicherte sich Eintracht-Fan Sebastian Vettel einen Tag nach diesem Erfolg in einem Herzschlagfinale die Formel-1-Weltmeisterschaft.
In den folgenden beiden Spielen schien die Eintracht einfach fällig für die zuvor seit 2 Monaten ausgebliebenen Niederlagen, die dann auch deftig ausfielen. Gegen Hoffenheim verloren die Adlerträger mit 0:4. In der folgenden Woche vermutete Amanatidis, das Leistungsprinzip sei außer Kraft gesetzt, da er kaum Einsätze bekomme. Er wurde vom Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen und vom Trainer Michael Skibbe korrigiert, allerdings nicht bestraft. Gegen Ende der Hinrunde erhielt der Grieche sodann doch noch in einigen Spielen die Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen. In der Rückrunde gab es erneut Querelen, ein Rauswurf des Angreifers („spielt vorerst keine Rolle“) wurde jedoch alsbald wieder revidiert.
Bei den Bayern setzte es eine 1:4-Schlappe (Treffer: Gekas). Das hervorragende Torverhältnis ging verloren, ebenso der frisch erkämpfte Ruf, über eine der besten Abwehrreihen zu verfügen. Was war passiert? Während das Spiel gegen Hoffenheim noch sehr unglücklich lief, gab in München die individuelle Klasse der Bayernspieler den Ausschlag. Auch Mario Gomez kam zu einem Torerfolg und bekannte später, dies sei für ihn etwas besonderes gewesen, da er als Junge Eintracht-Fan war und schon damals Oka Nikolov im Tor der Hessen spielte. Die Eintracht, die infolge mehrerer Ausfälle (neben Chris fehlten auch die gesperrten Tzavellas und Franz) mit einer überraschenden Aufstellung angetreten war, gab sich jedoch nie auf. Auf den Außenbahnen kamen Marcel Heller und Sonny Kittel zu ihren einzigen Hinrundeneinsätzen von Beginn an. Kittel war im Sommer noch mit der Frankfurter U 17 deutscher Meister geworden und gehörte zu den jungen Spielern, die sich in dieser Hinrunde am besten entwickelten. Ausnahmsweise auf der linken Abwehrseite agierend, zeigte Sebastian Jung eine starke Partie gegen Thomas Müller.
Dauerbrenner Jung, der wie Kittel schon seit den 90ern für die Jugendteams der Eintracht spielte, war ansonsten einer der Aufsteiger der Hinrunde. Er war über die gesamte Saison gesehen in fast jedem Spiel dabei und verpasste nur 108 Spielminuten. Mit 1.288 Ballkontakten in der Hinrunde nahm er in dieser Kategorie Platz 7 in der gesamten Liga ein. Ganz nebenbei wurde er (wie auch Angreifer Cenk Tosun) Stammspieler der neu gebildeten U21 und soll sogar schon im Notizbuch des Bundestrainers stehen.
Dezember
Im Dezember stand das wichtige "Derby" gegen Mainz an. Die 05er hatten eine blitzsaubere Hinrunde gespielt, die ersten 7 Spiele allesamt gewonnen und vor allem auswärts - das Spiel in Frankfurt ausgenommen - bei 6 Siegen lediglich ein Spiel verloren. Doch die Hessen gingen motiviert ins Spiel und wollten sich keine dritte Niederlage in Folge zufügen lassen. Nach einem Treffer von Marco Russ sowie Elfmetertreffern auf beiden Seiten (für Frankfurt war erneut Gekas erfolgreich) siegte die Eintracht mit 2:1 und blieb damit in der Bundesliga als einziger Bundesligist gegen Mainz ungeschlagen - diese Serie sollte in der Rückrunde leider keinen Bestand haben. Einer der stärksten Frankfurter war einmal mehr Benjamin Köhler, der die möglicherweise stärkste Hinrunde seiner Karriere spielte und ligaweit die zehntmeisten Torschüsse (27) auflegte.
Die folgende Partie brachte eine große Enttäuschung mit sich, weil eine spielerisch locker überlegen geführte Hälfte in Köln keine Tore brachte und am Ende ein 1:0-Sieg der Kölner stand, des in dieser Hinrunde mit Abstand schwächsten Gegners. Glücklicherweise war noch ein Hinrundenspieltag übrig, um diesen Eindruck vergessen zu machen. Gegner war allerdings ausgerechnet die Übermannschaft von Borussia Dortmund, die nach der Niederlage am 1. Spieltag gegen Leverkusen mit Ausnahme eines Unentschiedens alle sämtlichen Spiele bis zum 17. Spieltag gewinnen konnte. Insbesondere hatte der BVB auswärts mit 8 Siegen in 8 Spielen eine weiße Weste. Doch die Eintracht, noch einmal besonders ersatzgeschwächt durch den zusätzlichen Ausfall des dritten Innenverteidigers Russ, hielt den Gegner mit einer starken kämpferischen Leistung in Schach und gewann äußerst beachtliche 54 % der Zweikämpfe - auch dank des erstmals in dieser Saison von Beginn an eingesetzten Ricardo Clark und dank des nach langer Verletzungspause im richtigen Moment der Personalnot wieder fit gewordenen Aleksandar Vasoski, der angesichts der Ausfälle gegen Ende der Hinrunde sofort wieder zum Stammspieler avancierte. Schwegler, trotz der starken Torausbeute von Gekas wohl der wertvollste Eintrachtspieler der Hinrunde (wie sich auch daran zeigte, dass er in der Hinrunde 54-mal und damit ligaweit am zweitmeisten gefoult wurde) überzeugte mit seiner Kopfballstärke auch auf der ungewohnten Position in der Innenverteidigung gegen Barrios. Vielleicht auch, weil Dortmund 3 Tage zuvor spätabends in Sevilla vergeblich um das Weiterkommen in der Europa League gekämpft hatte, waren die Frankfurter in der Schlussphase den entscheidenden Tick konzentrierter. Barrios traf freistehend nur die Oberkante der Latte - im Gegenzug verlängerte Martin Fenin, mit 18 Einwechslungen ab dem 9. Spieltag der klassische Joker, einen Pass von Jung mit der Hacke in den Lauf von Gekas. Der Grieche zeigte sich konzentrierter als sein Pendant bei Dortmund und versenkte den Ball im Tor. Er war an zwei Drittel der Frankfurter Bundesligatreffer beteiligt und Russ stellte wegen der Treffsicherheit gar die nicht ganz ernst gemeinte Vermutung auf, er könnte dem Teufel seine Seele verkauft haben.
Der allerletzte Arbeitsnachweis 2010 war dann zwar durchaus eindrucksvoll, brachte aber eine bittere Enttäuschung mit sich. Anstatt ins DFB-Pokal-Viertelfinale einzuziehen und dort Bayern München gegenüberzutreten, schied die Eintracht bei Alemannia Aachen nach einem Fehlschuss von Meier im Elfmeterschießen aus. Vorausgegangen war nicht nur ein Ausgleichstreffer von Fenin nach Vorarbeit von Meier in der Verlängerung, sondern auch ein grandioser Fight, in welchem die Eintracht nach einem frühen Platzverweis gegen den erneut in der Innenverteidigung aushelfenden Schwegler über 100 Minuten in Unterzahl spielen musste und dennoch die besseren Torgelegenheiten hatte. Schade, aber nicht zu ändern!
Abseits des aktuellen Geschehens auf dem Rasen sorgte die Einweihung des neu gestalteten Vereinsgeländes am Riederwald für positive Schlagzeilen. Der "neue Riederwald" dürfte für die Zukunft ein besonders wichtiger Bestandteil einer in Deutschland hoffentlich konstant unter den "Top 10" mitspielenden Eintracht sein. Auch im Internet konnte Eintracht Frankfurt vorne mitspielen: eine Social Media-Studie, bei der die Einträge der Fans der Bundesligisten in ihren Fanforen sowie in sozialen Netzwerken gezählt wurden, sah die Hessen mit weitem Abstand an der Spitze der Liga!
Die Eintracht schloss die Hinrunde letztlich mit 26 Punkten, mehr Siegen als Niederlagen sowie einem positiven Torverhältnis ab. Dies gelang zuletzt vor 17 Jahren, als Frankfurt sogar Herbstmeister wurde. Auch im gesamten Kalenderjahr, den DFB-Pokal eingerechnet, beeindruckt die positive Bilanz: 16-6-15, 59:54. Über das Kalenderjahr betrachtet und seine Zeit bei Hertha BSC Berlin eingerechnet, gelangen Gekas übrigens 22 Pflichtspieltreffer in 36 Spielen. Die Hessen zeigten sich in der abgelaufenen Hinrunde als das Team mit den meisten klärenden Aktionen und hatten mit beinahe 80 % auch einen Spitzenplatz bei der Passgenauigkeit inne. Mit anderen Worten: hinten resolut zupacken und vorne gepflegt den Ball laufen lassen - das war das Erfolgsrezept der Eintracht 2010.
Rückrunde
Von einem Erfolgsrezept des Jahres 2011 kann dagegen leider keine Rede sein. Zunächst bemühte sich die Eintracht mehr oder weniger erfolgreich, den Kader angesichts eines befürchteten Saisonminus von mehreren Millionen Euro abzuspecken. Petkovic und Korkmaz wurden verliehen, Steinhöfer, Alvarez und Tosun endgültig abgegeben. Cenk Tosun, der in der U 23 mit 13 Scorerpunkten in 13 Einsätzen auf sich aufmerksam gemacht hatte, aber nicht an Gekas vorbeikam, schlug bei seinem neuen Verein Gaziantepspor in der ersten türkischen Liga voll ein. In 18 Pflichtspielen gelangen ihm 18 Scorerpunkte - mehr als allen Eintrachtspielern in der gesamten Rückrunde zusammen. Neuverpflichtungen gab es keine. Stattdessen wären um ein Haar noch Caio und Ochs verkauft worden. Doch der Wechsel von Ochs zu Schalke zerschlug sich, während Dynamo Moskau verkündete, Caio habe die sportmedizinische Untersuchung nicht bestanden.
Die Geschehnisse der Rückrunde sind schnell erzählt, wenn man sich auf die Erfolgserlebnisse beschränkt. In den ersten 7 Rückrundenspielen gelang nur ein 0:0 in Freiburg, die anderen Spiele wurden mit insgesamt 0:13 Toren verloren. Es folgten ein 0:0 gegen Kaiserslautern und eine 1:2-Niederlage auf Schalke, bei der man im neunten Spiel endlich das erste Rückrundentor erzielte. Tzavellas stellte bei diesem Kuriosum gleich einen Bundesligarekord auf und überwand ausgerechnet Nationalkeeper Neuer mit einem als Pass gedachten langen Ball aus 73 Metern. Im folgenden Heimspiel gegen St. Pauli meldete sich Gekas als Torschütze zurück und traf beim einzigen Sieg der Rückrunde doppelt. Nach diesem Spiel wurde Trainer Michael Skibbe entlassen. Mit 77 Punkten in 61 Spielen gehörte er statistisch betrachtet nicht zu den erfolglosen Eintrachttrainern. Auch stand die Eintracht bei seinem Abgang noch auf Platz 14 - gleichauf mit dem 1. FC Kaiserslautern, der später 7. werden sollte. Doch war die Tendenz trotz des Sieges gegen St. Pauli fatal, die Eintracht mit Abstand Schlusslicht der Rückrundentabelle. Dem maßgeblich nach Skibbes Wunsch zusammengestellten Kader mit den Angreifern Gekas und Altintop fehlte es nun an Durchschlagskraft. In den Medien wurden der Eintracht zudem konditionelle Defizite und dem Trainer Nachlässigkeiten in der Trainingsgestaltung nachgesagt. Ob Skibbe die Eintracht vor diesem Hintergrund - wie er selbst behauptete - in der Liga gehalten hätte, wenn er hätte weitermachen dürfen, ist naturgemäß nicht auszuschließen, darf aber bezweifelt werden.
Als Nachfolger wurde sehr überraschend Christoph Daum verpflichtet, der nach einem Engagement in der Türkei seit letztem Sommer auf eine neue Beschäftigung wartete. Sein Arbeitsbeginn in Frankfurt löste große Hoffnungen aus - Tausende Fans verfolgten das erste sogar live im Fernsehen übertragene Training, dem der Coach zahlreiche markige Sprüche folgen ließ, etwa den Kopf als „das dritte Bein“ im Fußball bezeichnete. Das erklärte Ziel war es, die Saison neu zu beginnen und „in der Tabelle der letzten 7 Spieltage“ einen Spitzenplatz zu erringen. Dies gelang nicht. Im Gegenteil holte die Eintracht in diesem Zeitraum nur 3 Punkte, lediglich Mitabsteiger St. Pauli schnitt noch schlechter ab. Dabei war der Auftakt der Ära Daum durchaus hoffnungsvoll. In Wolfsburg lagen die Adlerträger in Überzahl durch einen Treffer von Meier in Führung, mussten aber dennoch den späten Ausgleich hinnehmen. Es folgte gegen Bremen eine Leistungssteigerung und ein erneutes Remis durch ein Tor von Fenin. Der Sieg wäre auch in diesem Spiel durchaus möglich gewesen, doch scheiterte Gekas mit einigen selbst herausgearbeiteten hochkarätigen Chancen in einer Art Privatduell immer wieder an Tim Wiese. In Hoffenheim hätte die so stark wie auswärts seit langem nicht mehr auftretende Eintracht dann endgültig den Sieg verdient gehabt. Die bessere Spielanlage, 57 % gewonnene Zweikämpfe und die klareren Chancen brachten aber keinen Ertrag, weil vorne der Ball mal wieder nicht reinwollte und Hoffenheim selbst durch ein klares Abseitstor den Siegtreffer erzielte. Die gezeigte Leistung konnte Frankfurt gegen die Bayern noch ein weiteres Mal steigern. Gegen den deutschen Meister lag man dank des ersten Bundesligatreffers von Rode mit 1:0 in Führung, als Jung den Ball von der Torauslinie flach nach innen zu Gekas passte, der den Ball aus zwei Metern nicht richtig traf und somit nicht im leeren Tor unterbrachte - mit Sicherheit ein Schlüsselmoment im Abstiegskampf. Denn die Bayern kamen durch einen Elfmetertreffer in der 89. Minute noch zum Ausgleich.
Wer beim Spiel in Mainz auf eine erneute Leistungssteigerung hoffte, wurde brutal enttäuscht. Die Mannschaft schien nicht damit fertig zu werden, dass sie sich in den vorherigen Spielen für ihre Mühen nicht mit einem Sieg belohnen konnte und spielte nun wieder ähnlich apathisch wie in den ersten 10 Spielen der Rückrunde. Auch wenn der Abstieg erst am 34. Spieltag besiegelt wurde, darf die 0:3-Niederlage in Mainz als Tiefpunkt der vergangenen 7 Jahre gelten. Neben einer ausgesprochen schwachen Leistung der Adlerträger stellte sich im Spielverlauf heraus, dass alle Konkurrenten gewinnen konnten. Außerdem fiel Clark verletzt aus und Rode musste mit einer roten Karte vom Feld, so dass gegen Köln mal wieder der Aufstellungsnotstand eintrat. Denn auch Franz war mittlerweile wieder verletzt. Bemerkenswerterweise hatte ihn der Hoffenheimer Mlapa sowohl in der Hin- als auch der Rückrunde jeweils vorsätzlich so übel gefoult, dass er für mehrere Wochen ausfiel. Das Spiel gegen Köln, bei dem der A-Jugendliche Julian Dudda aufgrund der Personalnot in der Innenverteidigung sein Bundesligadebüt gab, war erneut eine große Enttäuschung. Trotz 61 % Ballbesitz und 57 % gewonnenen Zweikämpfen brachte die Eintracht nicht einen einzigen Schuss auf das gegnerische Tor! Als Köln den Ball dann kurz vor der Pause den Ball ins eigene Tor beförderte, wurde die Eintracht durch die nächste Fehlentscheidung benachteiligt und der Treffer wurde zu Unrecht wegen Abseits nicht anerkannt. Nach dieser 0:2-Niederlage, die Frankfurt erstmals seit dem 5. Spieltag auf einen Abstiegsplatz zurückfallen ließ, bäumten sich die Hessen in Dortmund noch einmal auf. Fährmann, der Mitte der Rückrunde für den zuletzt verletzten Nikolov zwischen die Pfosten gerückt war, hielt 2 Strafstöße und Rode traf gar zur Führung. Doch die Eintracht konnte dem bereits als Meister feststehenden Gegner die Feier nicht wirklich vermiesen und wurde am Ende mit 3:1 überrollt.
Am Ende fehlten 2 Punkte auf einen Relegationsplatz und 5 Punkte zur sicheren Rettung. Noch nie ist eine Mannschaft nach 26 Punkten in der Hinrunde noch abgestiegen. Anders ausgedrückt hätte die Eintracht in der Rückrunde nur 10 Punkte holen müssen, um in die Relegation zu kommen. Bedenkt man die völlig unnötige 0:1-Niederlage im direkten Duell gegen Mönchengladbach, so hätte im Nachhinein rechnerisch auch ein 0:0 in jenem Spiel ausgereicht, um den Relegationsplatz zu erreichen. Von der Gekas-Chance gegen die Bayern oder falschen Schiedsrichterentscheidungen gegen Frankfurt in der Schlussphase einmal ganz abgesehen. Auch wenn man als klares Schlusslicht der Rückrundentabelle mit nur einem Sieg und 7:28 Toren nicht wirklich von einem unverdienten Abstieg sprechen kann (nur Tasmania Berlin erzielte bisher ebenfalls lediglich 7 Rückrundentore), so muss man ihn doch als einen besonders unnötigen und eigentlich leicht vermeidbaren Abstieg bezeichnen.
Eine einzige Hauptursache dafür wird sich schwerlich benennen lassen. Entscheidend war sicherlich auch das Verletzungspech. Dies begann bereits mit dem Ausfall von Kapitän Chris, dem stärksten und wichtigsten Eintrachtspieler. Die gleichwohl erreichte Serie von 8 ungeschlagenen Spielen in der Hinrunde war nicht zuletzt auf die Eingespieltheit der Vierkette zurückzuführen. Tzavellas, Franz, Russ und Jung bestritten fast alle dieser 8 Spiele gemeinsam (nur Tzavellas fehlte einmal). Sie verpassten zusammen aber 16 Rückrundenspiele. Dass auch Nikolov, Vasoski und Clark zeitweise ausfielen, führte dazu, dass die Defensive immer wieder neu zusammengestellt werden musste. Ein weiterer Grund dürfte in der „Dynamik des Misserfolgs“ zu sehen sein. Die Rückrunde begann mit Belastungen für die eigentlich gute Stimmung: die sich hinziehende Vertragsverlängerung von Skibbe, die überraschend ausbleibende Verlängerung von Schwegler und das Wechseltheater um Ochs und Caio. Nach einigen Niederlagen dann schwächte das fehlende Selbstvertrauen die Elf noch einmal zusätzlich. Ferner ist hervorzuheben dass es kaum einmal gelang, auf Rückstände angemessen zu reagieren und in der Schlussphase auch noch einmal ein Spiel zu drehen. Nach 1:0-Führung verlor die Eintracht noch 10 Punkte, erkämpfte aber nach 0:1-Rückstand nur deren 4. Ob dies körperliche oder andere Ursachen hatte, kann dahinstehen. Jedenfalls waren die 90 Minuten oft genug ein Spiegelbild des gesamten Saisonverlaufs: erste Halbzeit (oder Hinrunde) prima - im zweiten Durchgang war meist der Gegner besser. Dass diverse Spieler wie Gekas, Schwegler oder Köhler ihre überaus starke Hinrunde nicht bestätigen konnten, während andere Akteure im Grunde über die gesamte Saison hinweg nicht ihr volles Potenzial abriefen, kam hinzu. Als letzter maßgeblicher Grund ist schließlich zu nennen, dass die starken Anfänge der Daum-Ära nicht mit ausreichend Punkten belohnt wurden. Diese Spiele waren symptomatisch dafür, dass die Eintracht nicht nur die wenigsten Tore erzielte, sondern mit 9,6 % auch die schwächste Chancenverwertung der Liga hatte. Hier muss der Mannschaft das zuvor erarbeitete Selbstvertrauen wieder abhanden gekommen sein. Den Fans ging es jedenfalls ähnlich. Mit Protesten nach dem Mainz-Spiel und einem Platzsturm einiger Unbelehrbarer nach dem Köln-Spiel sorgten einige wenige Anhänger für einen unrühmlichen Abschluss der Saison auch in dieser Hinsicht. Rückblickend betrachtet nahm die Abwärtstendenz mit dem Pokalspiel in Aachen ihren Anfang - ausgerechnet dort also, wo die Eintracht ihre bis dahin erfolgreiche Ära 2004 mit dem ersten Zweitligapflichtspiel gestartet hatte.
Den Mitarbeitern von Eintracht Frankfurt wird diese Saison 2010/11 ganz unabhängig vom sportlichen Ergebnis darüber hinaus für immer als diejenige in Erinnerung bleiben, in der Pressesprecher Michael Feick im Februar 2011 überraschend verstarb.