24.05.2024
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„Schönste Zeit meiner Karriere“

Großer Bahnhof für einen „außergewöhnlichen Menschen und Fußballer“: Vor 150 Journalisten gibt Makoto Hasebe mit Sportvorstand Markus Krösche eine Pressekonferenz in Tokyo.

Rund 150 Journalisten, darunter 15 Kamerateams, Liveübertragungen im japanischen Fernsehen und große Emotionen ­– die offizielle Abschiedspressekonferenz von Makoto Hasebe in Tokyo war das, was man umgangssprachlich als „großen Bahnhof“ bezeichnen kann. Eine große Spielerkarriere geht zu Ende und der „Beckenbauer Japans“ gab heute Vormittag im Palace Hotel Tokyo sein letztes Stelldichein mit den Medien in seiner Funktion als Spieler. Organisiert wurde die Veranstaltung von Eintracht Frankfurt, was Hasebe als „große Ehre“ bezeichnete. Eine Eintracht-Delegation begleitete Hasebe bei seinen vielen PR-Terminen in der Hauptstadt seines Heimatlandes. 

Besondere Pressekonferenz für Hasebe

„Ich habe viele Pressekonferenzen gegeben in meiner Karriere, natürlich ist diese besonders“, sagte der DFB-Pokalsieger von 2018 und Europa-League-Gewinner von 2022 kurz vor Beginn, als im großen Ballsaal die Medienvertreter längst Platz genommen hatten: „Ich bin etwas aufgeregt und freue mich sehr darauf.” Mit Makoto Hasebe nahm auch Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche auf dem Podium Platz und fand die richtigen Eröffnungsworte: „Makoto ist ein außergewöhnlicher Mensch und er war ein außergewöhnlicher Fußballer. Für uns alle war Vorbild und ein echter Leader. Ich bin sehr glücklich und dankbar, mit Makoto diese Zeit verbracht zu haben. Er war vor allem für jüngere Spieler immer eine echte Inspiration. Er hat einen sehr großen Anteil am Erfolg der Eintracht in den letzten Jahren.“

Im Blitzlichtgewitter der 40 Fotografen sprach Makoto Hasebe in seiner launigen und pointierten Rede über seine großartige Karriere. Nur die besten Worte fand Hasebe, der 2014 vom 1. FC Nürnberg als 30-Jähriger an den Main gewechselt war, über die Zeit in Frankfurt: „Rückblickend kann ich sagen, dass die Zeit bei Eintracht Frankfurt die schönste meiner Karriere war. Frankfurt ist meine zweite Heimat und ich bin froh, weiter bei der Eintracht bleiben zu können.“ 

Rund 150 Journalisten, darunter 40 Fotografen und 15 Kamerateams, begleiten die Pressekonferenz mit Makoto Hasebe und Sportvorstand Markus Krösche.

Natürlich wollten die japanischen Medienvertreter tief eintauchen in das Seelenleben des 40-Jährigen. Wie war der Moment nach dem letzten Spiel, als er seine Kinder kniend vor der Nordwestkurve im Arm hielt? Wem hatte er die Entscheidung zuerst mitgeteilt? Hasebe: „Eigentlich war ich nie emotional und es ist mir etwas unangenehm, aber als ich meine Kinder in den Arm genommen haben weiß ich nicht was passiert ist – ich musste einfach weinen. Dabei haben die beiden wahrscheinlich gar nicht realisiert, was überhaupt passiert ist.“ Die erste Person, die über sein Karriereende Bescheid wusste, war seine Frau. „Sie habe ich eingeweiht, als ich vor etwa zwei Monaten die Entscheidung getroffen habe. Dann meine Eltern, wobei meine Mutter die Entscheidung schnell respektiert hat. Mein Vater war irritiert und wollte den Rücktritt erst nicht so akzeptieren“, sagte Hasebe mit einem Lächeln auf den Lippen.

Zukunft im Herzen von Europa

Die Zukunft plant der 114-malige Nationalspieler der Samurai weiterhin in der Mainmetropole. Markus Krösche baut auf die Identifikationsfigur: „Makoto hat sich vorgenommen, Trainer zu werden. Die Möglichkeit bekommt er bei uns. Gerade bei den jungen Spielern kann er als Vorbild und Aushängeschild von Eintracht Frankfurt viel bewegen. Er hat herausragende Eigenschaften, die ihn in seiner Karriere ausgemacht haben. Diese Disziplin, Klarheit und auch Ruhe wird ihm sehr helfen, als Trainer Fuß zu fassen und seinen Weg zu gehen.“

Für den Deutschen Meister von 2009 (mit dem VfL Wolfsburg) sind die Vorzüge beider Länder reizvoll: „Deutschland wird mein Lebensmittelpunkt bleiben. Ich fühle mich sehr wohl dort und zu Hause. Das Land hat genau wie Japan viele Vorzüge. Meine Kinder gehen hier zu Schule, meine Familie fühlt sich wohl. Die Trainerausbildung ist sehr gut in Frankfurt. Zum Essen komme ich dann immer gerne nach Japan.“ Ob Hasebe auch mal Trainer der Eintracht werden könne, wollte ein Journalist wissen. „Das wäre ein großer Traum“, sagte Hasebe, der wiederum in seiner typischen Bescheidenheit anmerkte: „Aber dafür muss ich viel leisten. Zum Beispiel die Fußball-Lehrerlizenz machen. Es ist noch ein weiter Weg.“

Frankfurt ist meine zweite Heimat und ich bin froh, weiter bei der Eintracht bleiben zu können.

Makoto Hasebe

Neben dem Blick nach vorne durfte aber auch jener in den Rückspiegel nicht fehlen. Vor allem seine Zeit bei den Urawa Red Diamonds und der japanischen Nationalmannschaft wurde stark thematisiert. Besonders emotional wurde Hasebe aber vor allem, wenn es um seine Heimatgemeinde Fujieda geht.

„Ich hatte in Fujieda sehr fürsorgliche Trainer, die mich auf meinen Weg sehr gut vorbereitet haben. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Fujieda, rund 200 Kilometer von Tokyo gelegen in der Präfektur Shizuoka, ist in Japan bekannt für seine hervorragende Ausbildung im Jugendfußball. Umso passender, dass Eintracht Frankfurt und Makoto Hasebe weiterhin vor Ort gemeinsam die Akademie betreiben und ausbauen wollen. „Fujieda ist meine Heimat. Es freut mich sehr, dort gemeinsam mit der Eintracht etwas aufbauen zu können. Natürlich ist es ein Traum, dass wir einmal einen Spieler dort ausbilden, der dann für die Eintracht spielt“, sagt Hasebe, der neben seinem Engagement im Jugendfußball auch weiterhin für wohltätige Zwecke einsetzen wird: „Ich bin der UNICEF-Botschafter Japans. Als Spieler konnte ich nicht so viel machen, weil ich zeitlich eingebunden war. Aber jetzt, wo ich etwas mehr Zeit habe, kann ich sicher mehr helfen. In Europa habe ich gelernt, dass man als Vorbild solche wohltätigen Aktionen nach außen tragen und zeigen muss. Das ist in Japan anders.“ 

Makoto hat sich vorgenommen, Trainer zu werden. Die Möglichkeit bekommt er bei uns.

Sportvorstand Markus Krösche

Nach exakt 106 Minuten endete eine launige und kurzweilige Pressekonferenz mit der Übergabe einer Steinadler-Miniatur als weiterer Dank von Eintracht Frankfurt von Markus Krösche. „Normalerweise bekommen nur ausgewählte Klubs, gegen die wir international spielen, dieses Geschenk“, sagte der Sportvorstand und erklärte die Ausnahme: „Aber Makoto ist ein außergewöhnlicher Spieler und Mensch. Wir sind ihm sehr dankbar für alles und auch, dass wir heute hier mit ihm gemeinsam diese Pressekonferenz machen durften.“

Ein besonderes Geschenk für Makoto Hasebe: Sportvorstand Markus Krösche überreicht ihm eine Steinadler-Miniatur.

Hasebe, im offiziellen Eintracht-Klub-Anzug gekleidet, verabschiedete die Journalisten mit einer Rede und bedankte sich bei den Medienvertretern für die Zusammenarbeit. Schluss ist für ihn noch lange nicht. In den kommenden Tagen wird er mit allen wesentlichen Medienvertretern des Landes Abschlussgespräche führen und Interviews machen. Auch in diesem Gebiet zeigt Makoto Hasebe einmal mehr, was ihn auf dem Platz ausgezeichnet hat: eine großartige Disziplin und Professionalität. Arigato, Hasebe-San!