Freitagabend in Berlin-Zehlendorf. In einer halben Stunde steht das Oberligaderby zwischen Hertha Zehlendorf und Blau-Weiß 90 Berlin an. Bei den Gästen ist Ex-Adlerträger Marco Gebhardt Trainer, seine Mannschaft reist als Tabellenführer an. Den Abend wird der Torschütze beim legendären 5:1 gegen Kaiserslautern 1999 in keiner guten Erinnerung behalten, seine Mannschaft verliert 0:6. Vor dem Spiel kommt es zum Treffen mit einem weiteren ehemaligen Adlerträger: Michael Sziedat. Der 69-Jährige schnürte von 1980 bis 1984 die Fußballschuhe für Eintracht Frankfurt, ansonsten kickte er als Profi einzig für die Hertha.
„Ich bin gelegentlich hier“, sagt er beim Gespräch unweit des Kassenhäuschens. Das ist kein Zufall, denn Sziedat wohnt in Zehlendorf, ist dort aufgewachsen und hat die Hauptstadt als Fußballprofi nur für das Engagement in Frankfurt verlassen. „Es war eine sehr schöne Zeit bei der Eintracht. Ich schwärme heute noch davon. Bei euch wird die Tradition gepflegt, das gefällt mir“, erzählt er. In Bad Vilbel hätte er seinerzeit fast ein Haus gekauft. „Leider war ich mit Dietrich Weise nicht auf einer Wellenlänge. Sonst wäre ich sicherlich länger geblieben.“ 1984, nach vier Jahren, wechselte er zurück zur Hertha.
Wir hatten schon eine klasse Mannschaft.
Michael Sziedat
Mit der Eintracht hatte er den DFB-Pokal 1981 gewonnen, mit sechs Einsätzen in den sieben Spielen hatte er maßgeblichen Anteil. Besonders war für ihn der Halbfinalerfolg über die Hertha, durch ein Tor von Cha Bum-kun siegte die Buchmann-Elf 1:0. „Das war wie heute, wir hatten in den Jahren zuvor keine gute Heimbilanz gegen die Hertha. In diesem Spiel haben wir es geschafft. Ein schöner Erfolg. Das Finale war einseitiger.“ Nach dem 3:1 über den 1. FC Kaiserslautern war die Eintracht zum dritten Mal binnen sieben Jahren Pokalsieger geworden. „Pezzey, Neuberger, Borchers und viele mehr. Wir hatten schon eine klasse Mannschaft.“
Sziedat fragt nach Ronny Borchers und Bernd Hölzenbein, er tauscht sich gelegentlich mit Karl-Heinz Körbel aus, zu Bernd Nickel pflegte er auch nach seinem Karriereende noch Kontakt. „Mein Zimmernachbar. Wir hatten irgendwann beide ein Sportgeschäft, da hatten wir viel miteinander zu tun.“ Gelegentlich kommt er nach Hessen, seine 22-jährige Tochter ist erfolgreiche Tennisspielerin und hin und wieder auf der Rosenhöhe in Offenbach am Ball.
Sziedat sieht Eintracht im Vorteil
Von der Eintracht schwärmt er auch an diesem Abend in Zehlendorf. „Ein top geführter Verein. 2018 durfte ich auf Einladung des Klubs beim Pokalfinale dabei sein und auch mit dem Vorstand sprechen. Wie gesagt, diese Traditionspflege gefällt mir sehr gut. Der Verein hat sich top entwickelt. Es macht doch sicherlich Spaß, dort zu arbeiten?“, fragt er, während er auf den Stadionrasen blickt. „Hier haben auch die Kovac-Brüder und viele andere gespielt. Hertha Zehlendorf steht für sehr gute Jugendarbeit.“ Niko Kovac, den er als seinen Ziehsohn bezeichnet, habe er einst als Spieler nach Frankfurt vermitteln wollen. Doch der damalige Manager, sein ehemaliger Teamkollege Bernd Hölzenbein, habe sich nicht überzeugen lassen.
Viele Spiele der Eintracht schaue er sich auf Sky an, sagt er. „Eine gute Truppe, ein guter Trainer. Aus dieser Schwächephase kommen sie ganz sicher wieder raus.“ Wenn es nach Sziedat geht, schon an diesem Samstag bei der Hertha. „Ich tippe auf Sieg für die Eintracht. Vorne hat Hertha ein paar gute Spieler, aber die Abwehr hat zu viele Lücken.“
Bleibt zu hoffen, dass Michael Sziedat Recht behält – und es für die Eintracht deutlich besser läuft als für Marco Gebhardt am Abend zuvor.