25.09.2015
Eintracht

Sebastian Vettel im Interview

Er ist seit seiner Kindheit glühender Eintracht-Fan, Sebastian Vettel, der vierfache Formel-1-Weltmeister. Der gebürtige Hesse, der 2012 zum Ehrenmitglied bei der Eintracht ernannt wurde, äußert sich zu seinem Traumverein und dem deutschen Fußball .

Frage: Sebastian Vettel, Menschen werden auf unterschiedlichste Weise Fan eines Fußballvereins. Einige treffen die Entscheidung ganz bewusst, bei anderen ist der Club wie von Zauberhand plötzlich im Herzen verankert. Wie lief das mit Ihnen und Eintracht Frankfurt?
Sebastian Vettel: Schon als Kind habe ich am Wochenende immer gesehen, wie die vielen Autos mit Schals in den Farben der Eintracht von Heppenheim Richtung Waldstadion gefahren sind. Meine Heimatstadt liegt ja im Einzugsgebiet von Frankfurt, da war die lokale Nähe schon einmal gegeben. Irgendwann wollte ich dann auch mal mit, und so war ich bereits als Kind im Stadion. Ich wurde also ganz automatisch Eintracht-Fan.

Frage: Gab es zu der damaligen Zeit für Sie einen Helden bei der Eintracht?
Sebastian Vettel: Nein. Einen bestimmten Fußballer als Idol oder Vorbild hatte ich nie. Mein einziges Sportidol war schon immer Michael Schumacher. Über ihn wusste ich alles, habe seinen Weg und seine Erfolge genau verfolgt. Ihn dann zu meiner Zeit als Kartfahrer kennenlernen zu dürfen, das war das Schönste, was ich mir vorstellen konnte.

Frage: Nehmen wir mal an, Sie lernen während Ihrer Aufenthalte im Ausland einen begeisterten Fußballfan kennen, der noch nie etwas von Eintracht Frankfurt gehört oder gesehen hat. Wie würden Sie die Eintracht charakterisieren, sodass dieser Mensch sofort ein Bild von Ihrem Herzensclub hat?
Sebastian Vettel: Also, wenn es ein richtiger Fußballfan ist, dann kann es gar nicht sein, dass er noch nichts von der Eintracht gehört hat (schmunzelt). Ansonsten würde ich ihm zuerst erklären, woher die Eintracht überhaupt kommt. Dazu war Eintracht Frankfurt immer für ihren stürmischen Offensivfußball bekannt, auf die Abwehrarbeit wurde nicht ganz so viel Wert gelegt. Es war früher ziemlich normal, dass Spiele mit einem 4:3 oder 5:4 ausgingen. Das ist im modernen Fußball natürlich nicht mehr so, aber diese grundsätzlich offensive und spielfreudige Ausrichtung hat die Eintracht noch immer.

Frage: Man könnte vermuten, dass es sich Sebastian Vettel bei einem Stadionbesuch im VIP-Bereich gut gehen lässt, Kaltgetränke und Schnittchen gereicht bekommt und das Spiel gemeinsam mit anderen, scheinbar wichtigen Personen, verfolgt. Das Gegenteil ist der Fall: Sie gehen in die Kurve. Warum ist das so, und sehen Sie dort zwischen Autogramm- und Fotowünschen überhaupt etwas vom Geschehen auf dem Rasen?
Sebastian Vettel: Wenn ich zum Fußball gehe, dann will ich die Atmosphäre genießen. Und die ist meiner Meinung nach bei den Fans intensiver als in den VIP-Bereichen. Außerdem gehört die Bratwurst in der Halbzeitpause irgendwie mit dazu. Für Fotos habe ich da keine Zeit, denn ich bin zum Fußballschauen da (grinst)

Frage: Wie sieht für Sie der perfekte Nachmittag im Fußballstadion aus?
Sebastian Vettel: Ich lasse das Spiel einfach geschehen, schaue es mir als Fan an und versuche, so viel wie möglich von dem zu verstehen, was gerade auf dem Platz passiert. Interessant ist es für mich aber auch, die Trainer zu beobachten. In Deutschland, England und Spanien bewirbt man die jeweiligen Fußballligen als die beste Europas.

Frage: Welche Liga ist es denn nun?
Sebastian Vettel: Die Bundesliga ist die beste, weil selbst die kleinen Vereine aus den unteren Rängen immer fähig sind, auch mal die Großen zu schlagen. Das zeigt die Ausgeglichenheit. In den anderen Ligen ist das Leistungsgefälle viel größer.

Frage: Eintracht Frankfurt hat mit Kevin Trapp in der Sommerpause einen herausragenden Torwart an Paris Saint-Germain verloren. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie vom Wechsel hörten?
Sebastian Vettel: Als Trapp ging, dachte ich: 'Nein, das ist gar nicht gut.' Andererseits brauchte Eintracht Frankfurt aber auch das Geld, das Paris bereit war zu zahlen. Aber der neue Torwart Lukas Hradecky, ein Landsmann von Kimi Räikkönen, scheint ja ein sehr guter Ersatz zu sein.

Frage: Nach einer kurzen Stippvisite beim VfB Stuttgart wieder auf den Trainerposten zurückgekehrt ist Armin Veh. Gefällt Ihnen das, oder hätten Sie sich einen anderen Coach gewünscht?
Sebastian Vettel: Zunächst einmal fand ich es sehr schade, dass Thomas Schaaf nach nur einem Jahr wieder gegangen ist. Ich finde, er hat einen sehr guten Job gemacht. Dass Armin Veh seine Sache versteht, steht ja wohl außer Frage, und dass er die Frankfurter Mentalität und das Umfeld kennt, kann ja auch nur von Vorteil sein.

Frage: Als Alexander Meier in der vergangenen Saison Torschützenkönig wurde, hatte man das Gefühl, dass auch die Fans, die der Eintracht nicht die Daumen drücken, ihm diesen Titel gönnten. Woran liegt das?
Sebastian Vettel:Ich glaube, es war für viele so überraschend, weil Alexander Meier kein klassischer Stürmer ist. Deswegen ist seine Leistung auch noch höher einzuschätzen.

Frage: Wann haben Sie Eintracht Frankfurt zuletzt live im Stadion gesehen, und wie verfolgen Sie das Geschehen, wenn Sie Ihrer Arbeit am anderen Ende der Welt nachgehen?
Sebastian Vettel: Es ist leider schon eine Weile her, dass ich im Stadion war. Die letzten zwei Spiele habe ich in der vorletzten Saison gegen Mainz 05 und Borussia Dortmund gesehen, beide Partien waren sehr prickelnd. Gegen Mainz hat die Eintracht gewonnen, das Spiel gegen Dortmund endete unentschieden. Wenn wir bei einem Rennen in Übersee sind, und ich nicht gerade im Auto sitze oder Ingenieursbriefing habe, versuche ich, Fernsehen zu schauen oder mich über das Internet über die Zwischenstände zu informieren. Und ich drücke der Eintracht gegen Hertha am Sonntag nach der unglücklichen Niederlage gegen Schalke natürlich die Daumen.

Das Gespräch führte Dirk Winkelmann.