Manchmal sind es die kleinen Fußnoten, die das große Ganze greifbar machen. Am Sonntagabend im winterlichen Heidenheim nach dem Betriebsklima bei den Fußballern der Frankfurter Sportgemeinde Eintracht befragt, ging Dino Toppmöller mit Kusshand ins Detail: „Natürlich ist Fokus wichtig. Aber diese ehrliche Freude, mit der wir als Kinder angefangen haben, Fußball zu spielen, siehst du den Jungs an, wenn sie zusammen auf dem Platz stehen – im Training und im Spiel. Wir haben es auch genossen, bei Minusgraden in Heidenheim zu spielen, wo wir wussten, dass es mit Sicherheit knackige Zweikämpfe geben wird. Auch das haben wir als Team so angenommen und wir genießen es.“ Laudatio Ende.
Ein Genuss ist nach Abschluss des zwölften Spieltags auch der Blick auf die Anzeigetafel der Voith-Arena und auf die Tabelle gewesen. Platz zwei mit 26 Punkten, 4:0 aus Sicht der SGE an der Brenz. Gegen den nun 16. der deutschen Beletage, ließe sich verargumentieren. Genauso ist es aber Tatsache, dass niemand den Schwaben bislang eine höhere Niederlage in der Bundesliga zugefügt hatte. Heidenheims Coach Frank Schmidt sprach hernach unumwunden von einem „Klassenunterschied in der zweiten Halbzeit“.
Fingerzeige in Halbzeit eins
Umso schwieriger erscheint es nach dieser Einleitung, jemanden besonders hervorzuheben oder durchs Raster fallen zu lassen. Auf der anderen Seite war es in den ersten 45 Minuten bei zwei Aktionen an beiden Spielfeldenden je eine Nuance, die den Unterschied zwischen 0:1 (Parade Trapp) und 1:0 (Tor Marmoush) machten. Ein Umstand, der nicht hoch genug einzuschätzen ist. Als einzige Mannschaft lag die Eintracht an den ersten zwölf Spieltagen vor der Pause nicht ein Mal in Rückstand. In den acht Matches mit Führung zur Halbzeit standen am Ende sieben Siege und ein Remis.
Schlüsselfiguren in Halbzeit eins
Hier Kevin Trapp, der die erste Großchance für die Hausherren vereitelte. Der Eintracht-Kapitän kommt mittlerweile unter allen regelmäßig eingesetzten Bundesligakeepern mit 76,7 Prozent auf die höchste Quote abgewehrter Bälle.
Alle Tore im EintrachtFM-Kommentar
Dort Omar Marmoush, der den einzigen Schuss vor der Pause auf das Heidenheimer Gehäuse versenkte. Weil der Stürmer nach dem Seitenwechsel auch noch Bundesligator Nummer 13 folgen ließ und daneben auf sieben Assists kommt, ist der Ägypter alleiniger Topscorer im deutschen Fußballoberhaus. Weitere Bestmarken im Schnelldurchlauf:
- 20 direkte Torbeteiligungen sind die meisten in Europas Top-Fünf-Ligen vor Harry Kane (19) und Mohamed Salah (18).
- Mit dieser Ausbeute übertrifft Marmoush schon jetzt seine Scorerpunkte aus der gesamten Saison 2023/24, als es 18 waren.
- Acht Auswärtstreffer sind alleiniger Ligahöchstwert in dieser Spielzeit.
- 13 Tore in einer Bundesligahinrunde gelangen mit dem Adler auf der Brust bisher Alex Meier (2014/15, 13) und Theofanis Gekas (2010/11, 14). Und noch sind fünf Partien offen.
- Gekas hielt bisher auch den Frankfurter Rekord nach zwölf Spieltagen mit elf Toren – abgelöst.
Als wäre dazu nicht alles gesagt, durfte Markus Krösche in der Mixed Zone einmal mehr Fragen zu Marmoush beantworten. „Omar hat außergewöhnliche Qualitäten, die er wieder gezeigt hat“, gab der Sportvorstand zu Protokoll. Dabei war der Ägypter alles andere als Alleinunterhalter, sondern nicht zuletzt auch Vollstrecker der Zuspiele von Nathaniel Brown.
Der 21-jährige Neuzugang aus Nürnberg erhielt erneut das Mandat fürs linke Mittelfeld, eine Rolle, die er, indem er sich immer wieder zentral anbot statt an der Außenlinie zu kleben, teils wie ein Zehner interpretierte. Conclusio: Zwei Vorlagen auf dem Papier, gewissermaßen drei, hätte Gegner Patrick Mainka mit seiner Ballberührung die offizielle Zählweise nicht torpediert.
„Nene ist auf einem guten Weg und hat in den vergangenen Wochen immer wieder gute Leistungen gebracht; auch diesmal. Er vereint fußballerische Klasse, Spielintelligenz und Geschwindigkeit“, umriss Krösche die Vorzüge der Nummer 21. Darüber hinaus führte der gelernte Außenverteidiger die meisten Zweikämpfe (14) und gewann gleichermaßen die meisten für sein Team: neun.
Skhiri und Knauff laufen allen davon
Überhaupt mangelt es den Hessen dieser Tage weder an Robustheit noch Frische. Toppmöller tauschte die Feldspieler zur Hälfte aus, der am Donnerstag in Dänemark geschonte Ellyes Skhiri knackte als einziger Akteur aller 18 Klubs an diesem Wochenende die 13-Kilometer-Marke und Ansgar Knauff verzeichnete mit 35,3 Kilometern pro Stunde den Topspeed des zwölften Spieltags. Vorlage zum 4:0-Enstand durch Hugo Ekitiké inklusive – das erste Jokertor für den Franzosen in der Bundesliga. Und das zweite auf dem Schlossberg nach Farès Chaibi.
Der Algerier diente Krösche im Nachgang als willkommenes Beispiel für die Optionen und Opferbereitschaft der Belegschaft. „Wenn jemand nicht oder wenig spielt, ist das nie endgültig. Jeder weiß, dass er die Chance hat, über Leistung zu Einsatzzeiten zu kommen. Es ist nicht einfach, wenn du nicht immer im Kader bist oder seltener startest. Das spricht für den Kader, die Qualität der Jungs und die Arbeit des Trainerteams.“ Mit der Rückkehr des in der Schlussphase einwechselten Oscar Højlund wird die Auswahl nicht kleiner.
Ausblick: Leipzig
Ebenso wenig der dringende Rekordverdacht unterm Adlerdach. Der Sieg in Heidenheim war der siebte in Folge. Eine vergleichbare Serie legten die Adlerträger letztmals 1999 unter Jörg Berger hin. Auch seinerzeit waren es sieben, saisonübergreifend und inklusive eines Zweitrundenerfolgs im DFB-Pokal in Verl. Apropos Pokal: Soll nach Mittwochabend in Leipzig der Einzug in das Viertelfinale stehen, kommen die Hessen um den achten zwangsläufig nicht herum. Das Credo, von Toppmöller und Trapp wie aus einem Mund gesprochen: „Genau so weitermachen!“