31.07.2019
Interview

„Sind auf einem verdammt guten Weg“

Der Präsident schaut in Windischgarsten vorbei. Dabei bringt Peter Fischer viele Erinnerungen, einen realistischen Blick für die Gegenwart und optimistische Perspektiven mit.

Peter, bevor wir uns aktuellen Themen zuwenden: Was geht dir durch den Kopf, wenn du an das Spieljahr 2018/19 zurückdenkst?
Zuallererst sehr viele, bunte Bilder, insbesondere von diesen wahnsinnig tollen Europapokalreisen, die ich unmittelbar am eigenen Leibe erfahren durfte. Auf der einen Seite die Treffen mit Präsidium, Vorstand und Mannschaft internationaler Größen wie Benfica, Chelsea, Mailand oder Rom, auf der anderen Seite die Aktionen der Fans wie die Märsche zu den Stadien, was ich mir nicht nehmen lassen wollte. An die wunderbaren Bilder von den Spielen, unsere Tore erinnert sich ohnehin jeder. Wir hatten auch in der Bundesliga tolle sportliche Momente, aber die Spuren, die wir in Europa mit unseren Choreographien, Auslandsreisen und dem Auftreten unserer Mannschaft hinterlassen haben, erfüllen mich mit Stolz.Kannst du bei so vielen Highlights trotzdem deinen emotionalsten Moment benennen?
Das kann ich! 14. März, mein Geburtstag, mehr als 15.000 Eintrachtler in Mailand auf dem Platz. Du kommst da an, sie singen für dich „Happy Birthday“, du gehst ein Stück diesen Marsch mit und erlebst einen ähnlichen Ablauf dann nochmal während des Spiels. Ich muss zugeben, die Papiertaschentücher, die ich dabeihatte, haben nicht ausgereicht, um meine Freudentränen zu trocknen.Bleiben wir bei diesem Bild und widmen wir uns der Gegenwart: Siehst du die Abgänge von Jovic und Haller und damit generierte Einnahmen mit einem lachenden oder weinenden Auge?
Es kann uns schon stolz machen, einen Spieler wie Luka Jovic zum mit Real Madrid wohl erfolgreichsten Klub der vergangenen Jahre verkauft zu haben – erstmal losgelöst von den gehandelten Summen.Ist die Fallhöhe nach den zwei erfolgreichen Vorjahren gestiegen?
Wir sind nicht so verrückt und sehen die Europapokalteilnahme als selbstverständlich an. Natürlich verbieten wir niemandem, zu träumen. Aber wir haben ein seriöses Umfeld, das diese Eintracht einschätzen kann. Ich weiß, wo wir herkommen, was wir durchgemacht haben, und erlebe das seit fast 20 Jahren in einem Amt. Deshalb wird auch niemand bestimmte Hoffnungen äußern oder enttäuscht sein, wenn wir am Ende zwei, drei Plätze tiefer abschneiden würden. Denn wir sind insgesamt auf einem verdammt guten Weg, haben zuletzt viel in die Zukunft investiert, sowohl in Steine, als auch in Beine. Deshalb bin ich hochentspannt.Fredi Bobic ist Manager des Jahres, über die 15.000 Zuschauer in Mailand hatten wir gesprochen, die Mitgliederzahlen steigen unaufhaltsam – woher rührt die aktuelle Faszination?
Wir bieten attraktiven, frechen Fußball, präsentieren uns als transparenten, seriösen Klub, gehen mit allen Themen professionell um, haben einen ganz anderen Zug in allen Bereichen. Präsidium, Vorstand und Aufsichtsrat sind ein verschworener Kern, aus dem nichts nach außen dringt. Das kommt bei den Menschen an und das neiden uns auch andere Klubs. Zudem stehen wir als Verein durchgängig für ein ganz bestimmtes Wertekonzept. Wir haben viele Mitglieder, die auch in anderen Klubs Mitglied sind, aber ihre Solidarität mit uns ausdrücken möchten. Wir haben Sport als gesellschaftspolitischen Faktor definiert und sehen uns unserer Satzung, unseres Museums, unserer Tradition und unserer Erinnerungskultur verpflichtet. Das kombiniert mit der Leistung im sportlichen Bereich bringt uns dorthin, wo wir sind. Eintracht Frankfurt wunderbar!Stichwort Steine: Wie wichtig sind Projekte wie das ProfiCamp, die Eigenvermarktung und der mögliche Stadionausbau für die Perspektiven von Eintracht Frankfurt?
Im Profifußball sprechen wir heutzutage oftmals nur von Nuancen, die den Ausschlag zwischen Gewinnen oder Verlieren geben, die Individualisierung und Spezialisierung nimmt zu. In dieser Hinsicht waren wir zuletzt nicht mehr zeitgemäß aufgestellt. Dahingehend schließen wir mit den genannten Maßnahmen eine Lücke, was extrem wichtig ist. An dieser Stelle zitiere ich Axel Hellmann: „Wir möchten sozialverträgliche Preise, eine größere Kurve und der nächsten Fangeneration eine Chance geben, Fußball sehen zu dürfen."