Aus aktuellem Anlass und in Anbetracht zahlreicher Nachfragen erscheint hier nun das für die TV-Sendung „Doppelpass“ am vergangenen Sonntagmorgen geführte Interview zwischen Vorstandssprecher Axel Hellmann und Sport1 im genauen Wortlaut. Thema der Sendung war unter anderem eine „Verzwergung“ der Liga. In der Sendung wurden gezielt selektive Auszüge verwendet, die den wesentlichen Tenor der Aussagen von Axel Hellmann nicht korrekt wiedergegeben haben. Im Folgenden kann sich jeder nun im Sinne einer transparenten Darstellung sein eigenes Bild machen, ob hier ein Mangel an sportlichem Respekt gegenüber den sogenannten kleineren Klubs zum Ausdruck kommt.
Sport1: Das nimmt ja irgendwie den Fans die Worte aus dem Mund, die sie vielleicht nicht mehr äußern können, weil man sieht: Große Vereine sind in der Zweiten Liga, vermeintlich kleine Vereine sind in der Ersten Liga. Deswegen ist das eigentlich nachvollziehbar, dass es so den Gedanken gibt, man muss aufpassen, wie sich das alles entwickelt. Jetzt hat sich aber Oliver Leki auch dazu geäußert und ist der Meinung, das ist eigentlich nicht die richtige Ansprache für Vereine, die es sportlich verdient haben. Ist bei Ihnen da etwas in den falschen Hals gerutscht oder sind Sie da tatsächlich so dieser Meinung: Im Prinzip kann die Bundesliga auf Dauer mit ihrem Renommee nur überleben, wenn die Big Player aus der Zweiten Liga auch da oben sind und Vereine wie Fürth, Augsburg, Bochum und so weiter nicht. Hat man das falsch verstanden oder ist da jetzt ganz viel Aufregung drin und man hat sie falsch verstanden. Wie ist das?
Axel Hellmann: Ich glaube, wenn man genau liest, was ich da gesagt habe – auch zu verschiedenen Zeitpunkten – ist der Begriff der Verzwergung nicht von mir. Ich bin danach gefragt worden. Die Verzwergung bezieht sich nicht auf kleine Vereine – klipp und klar! Und das habe ich auch zu keinem Zeitpunkt gesagt. Und das will ich auch nochmal klarstellen. Jeder, der sich für die Teilnahme an der Bundesliga sportlich qualifiziert, hat den größten Respekt verdient, auch an der Bundesliga teilzunehmen. Das ist eine ganz klare sportliche Entscheidung und da gibt es überhaupt nicht Groß und Klein. Denn in der Bundesliga schlägt Groß Klein und Mittel schlägt Groß, wie wir letzte Woche in München. Und wir verlieren auch mal gegen Kleine, verlieren auch mal gegen Große. Das ist Sport. Und in diesem Sinne gibt es überhaupt gar keine Frage über die sportliche Qualifikation. Und da hat jeder in vollem Umfang den Respekt verdient. Es ist gerade nochmal wichtig, dass das eine falsche Diskussion ist, die hier gerade hochgezogen wird. Sie wird aus anderen Gründen hochgezogen als sie an meinem Statement festzumachen und sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen. Ich will auch nochmal sagen, was für die mich die drei Punkte sind für die Gefahr einer Verzwergung der Bundesliga: Wenn wir in neun Jahren und wahrscheinlich auch im zehnten Jahr denselben Deutschen Meister haben, wird das im Ausland nicht mehr als spannender internationaler Wettbewerb wahrgenommen oder nicht in dem Maße. Wenn wir dann – und das ist der zweite Punkt – in der Liga über fehlende Topstars nicht mehr wahrgenommen werden als absolutes internationales Premiumprodukt, ist das auch etwas, was die Liga in ihrem wirtschaftlichen Wert nach Außen beeinträchtigt. Und natürlich – und jetzt kommt der Binnenbereich – sind Zugpferde wie Bremen, Schalke und Hamburg, wenn sie denn nicht in der Bundesliga spielen, auch schmerzlich – und ich habe nur darauf hingewiesen, dass am Ende in der Konstellation, und zwar in der Zusammenfügung aller drei Punkte – sich keiner wundern sollte, wenn wir bei der wirtschaftlichen Verwertung der Liga am Ende nicht auf dem Niveau unterwegs sind, das wir die letzten Jahre hatten. Aber mit keiner Silbe – und da bin ich ganz weit weg davon – irgendjemanden, wo man viele Jahre in der Zweiten Liga zugebracht hat und vielleicht nicht die Strahlkraft und die Reichweite hat wie bei einem gestanden Erstligaverein und großenTraditionsverein, den Respekt abzusprechen, in der Bundesliga mitzuspielen.
Sport1: Wenn diese großen Vereine sich selbst klein machen – in Anführungsstrichen – sprich: durch fehlende Wirtschaftlichkeit oder Fehler, die im Management gemacht wurden, dann sind die ja selbst in der – ich nehme jetzt mal das Wort, das in der Tat nicht von Ihnen kam, sondern von den Kollegen des Mannheimer Morgen – Verzwergung, dann sind diese Vereine doch auch selbst dran schuld. Ist man da nicht in einem Teufelskreis drin, dass die Vereine sich selbst kaputt machen und die Bundesliga gar nicht anders dastehen kann als jetzt?
Axel Hellmann: Wer absteigt... (Fragesteller unterbricht)
Sport1: Wir reden auch noch über Nürnberg und viele ehemalige Deutsche Meister. 1860, Braunschweig, Kaiserslautern – die sind noch wo ganz anders. Da braucht man gar mehr darüber reden.
Axel Hellmann: Eintracht Frankfurt ist ja auch einige Male abgestiegen in der Klubgeschichte. Abstiege sind immer am Ende Verkettungen von Fehlentscheidungen, die sicherlich nicht nur auf dem Platz stattfinden, sondern auch außerhalb. Und ganz sicher sollten Traditionsvereine oder große Traditionsvereine eigentlich eine gute wirtschaftliche Grundlage haben. Als Absteiger in die Zweite Liga sind dann Fehler gemacht worden. Das ist überhaupt nicht die Frage. Ich will aber auch sagen: Traditionsvereine haben es immer eine Spur schwerer als andere Vereine, weil natürlich das kollektive Gedächtnis, das große Traditionsvereine haben, die sich an große Titel und Pokalsiege und Erfolge erinnern können – das sind andere Maßstäbe und Spielergenerationen mit kritischeren Umfeldern. Es sind sozusagen zwei Seiten einer Medaille: Die eine Seite ist die große Reichweite, die dazu führt, dass das wirtschaftliche Produkt Fußballbundesliga funktioniert. Aber auf der anderen Seite haben wir eine erhöhte Drucksituation, weil Traditionsverein und Erwartungshaltung kann man nicht voneinander trennen und das wollte ich nur klären. Das ist, glaube ich, wichtig zu verstehen, dass man niemanden in Schutz nehmen kann, also einen Artenschutz für Traditionsvereine schaffen. Ich bin aber dafür, dass man in einem stärkeren Maße die Klubs stärkt, die tatsächlich für den wirtschaftlichen Boden der Bundesliga sorgen, und eine Stärkung, also auch Reichweite bei der TV-Geldverteilung, so wie wir das ja beim letzten Verteilungsschlüssel verabredet haben. Ich denke, man muss diese Debatte runterbrechen und ganz klar: Es geht dabei nicht darum, Traditionsvereine künstlich zu schützen. Aber es geht darum, auch ein Verständnis dafür zu haben, dass ihre Herausforderungen größer sind als bei anderen.
Sport1: Ich glaube, wir haben das jetzt klar, dass niemand in Fürth, Bielefeld oder Augsburg Angst haben muss vor möglicher Arroganz im Rest der Liga und schon gar nicht von Ihnen.
Axel Hellmann: Ganz und gar nicht. Sondern ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bewundere die Arbeit – das habe ich vor Jahren schon, die sind ja jetzt etabliert – bei den Mainzern getan, die uns teilweise sportlich auch überflügelt haben. Ich bin ganz weit weg davon, irgendjemandem abzusprechen, dass er, nur weil er nicht die Tradition, die Reichweite hat, die wir vielleicht aufgebaut haben oder andere, in irgendeiner Form in der Ersten Liga nichts zu suchen hätte oder respektlos behandelt werden sollte. Ganz und gar nicht! Das Gegenteil ist der Fall. Es haben sich alle hart erarbeitet. Und deswegen sollen sie auch sehr, sehr gerne in dieser Rolle – so lange es irgendwie sportlich geht – der Bundesliga angehören.
Sport1: Danke!