Lediglich fünf Adlerträger aus dem derzeitigen Kader waren schon auf der Welt, als die UEFA Champions League den Europapokal der Landesmeister als wichtigsten europäischen Vereinswettbewerb ablöste. Manch einer mag als Kleinkind vielleicht die berühmte Hymne auf dem Sofa der Eltern wahrgenommen haben, greifbare Erinnerungen dürften jedoch bei Mario Götze (damals zwei Monate alt), Sebastian Rode (knapp zwei Jahre), Kevin Trapp (zwei Jahre) und Jens Grahl (knapp vier Jahre) nicht hängengeblieben sein.
Einzig Makoto Hasebe wäre mit acht Jahren alt genug gewesen, um sich ernsthaft damit zu beschäftigen, doch in Japan war der europäische Fußball damals bei weitem noch nicht so populär wie heute. SGE-Chefcoach Oliver Glasner startete 1992 übrigens in seine Spielerkarriere und erlebte im Alter von 18 Jahren seine erste Profisaison bei der SV Ried in der zweiten österreichischen Liga.
Dramatischer Meisterschaftskampf in der Vorsaison
Die damals vorangegangene Bundesligasaison war eine der spannendsten der Geschichte und wird womöglich auch am jungen Österreicher nicht unbemerkt vorbeigegangen sein. Für viele langjährige Frankfurt-Fans wird sie jedoch deutlich stärker im Gedächtnis eingebrannt sein. Der folgende Satz fühlt sich immer noch ein bisschen wie Salz in der Wunde an: Die Eintracht hätte der erste deutsche Vertreter in der Champions League sein können.
Der Dreikampf um die Meisterschaft am letzten Spieltag 1992 war hochdramatisch und endete für die Mannschaft um Uwe Bein, Andreas Möller und Anthony Yeboah tragisch mit einem späten nicht gegebenen Elfmeter und der Niederlage in Rostock. Nutznießer war der VfB Stuttgart, der nicht nur Deutscher Meister wurde, sondern sich auch für die erste Ausgabe der Königsklasse qualifizierte.
Die Württemberger sorgten auch für eine der kuriosesten Geschichten der Premierensaison. Gegen den englischen Meister Leeds United gewannen sie das Hinspiel der ersten Runde souverän mit 3:0. Beim 1:4 im Rückspiel, das durch die Auswärtstorregel zum Weiterkommen gereicht hätte, wechselte Christoph Daum sieben Minuten vor dem Abpfiff mit Josip Simanic versehentlich einen unerlaubten vierten ausländischen Spieler ein. Das Spiel wurde im Nachhinein mit 3:0 für Leeds gewertet, sodass es zu einem Entscheidungsspiel im Camp Nou in Barcelona kam. Dieses verlor der VfB mit 1:2 – Simanic spielte nie wieder für die Stuttgarter.
Ein Leistungsträger des schwäbischen Champions-League-Teams wechselte anschließend an den Main. Maurizio Gaudino eroberte in der Folgesaison mit der Eintracht erneut Europa. Im UEFA-Cup war erst im Viertelfinale Schluss. Als Adlerträger feierte er damit den international größten Erfolg seiner Karriere.
Turniermodus noch in der Experimentierphase
Die Champions League war darüber hinaus nicht nur wegen ihrer erstmaligen Austragung historisch, sondern auch aus politischen Gründen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion entsandten mehr Staaten ihre Meister ins internationale Geschäft. Zudem kam erstmals jeweils eine Mannschaft aus Israel und den Faröer Inseln hinzu.
Dadurch bestand das Teilnehmerfeld aus 36 Teams, nach der Qualifikationsrunde noch aus 32. Der Modus war ebenfalls noch ein anderer. Gestartet wurde nicht wie heute mit einer Gruppenphase, sondern mit zwei K.-o.-Runden, ehe zwei Gruppen gebildet wurden, deren Sieger das Finale bestritten.
Letztlich gewann der kommende Kontrahent der Eintracht, Olympique de Marseille um Fabien Barthez, Didier Deschamps und dem gebürtigen Hanauer Rudi Völler, das Finale im Münchner Olympiastadion mit 1:0 gegen die von Frank Rijkaard und Marco van Basten angeführte Mannschaft der AC Milan.
Marseille wurde übrigens nachträglich der Meistertitel, der zur Champions-League-Qualifikation geführt hatte, aufgrund von Spielmanipulation aberkannt, der Titel in der Königsklasse blieb trotz großer Diskussionen jedoch unberührt. So kann sich die Eintracht jetzt schon auf die Fahne schreiben, in ihrer noch jungen Champions-League-Geschichte bereits einen ehemaligen Titelträger in dessen Stadion geschlagen zu haben. Am Mittwoch soll nun der zweite Streich folgen.