02.03.2018
Bundesliga

Starke Leistungen trotz unruhiger Zeiten – Gegnercheck Hannover

Obwohl es sportlich bei Hannover 96 ziemlich rund läuft, beherrschen andere Themen die Wahrnehmung bei den Niedersachsen.

Der frühere Frankfurter Spieler Horst Heldt, mittlerweile Manager bei Hannover 96, war am vergangenen Wochenende nicht unbedingt bester Laune. Das lag allerdings weniger an der 0:1-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach, sondern vielmehr an dem anhaltenden Dissens zwischen einigen Fans der 96er und der Vereinsführung. Es brodelte bei Heldt - und das war sinnbildlich dafür, dass die anderen Themen im Hintergrund des Klubs die starken Leistungen der Mannschaft aus Niedersachsen aktuell ein wenig in den Hintergrund rücken lassen.

Grund zur Zufriedenheit

Nach 14 Jahren war Hannover vor eineinhalb Jahren aus der Bundesliga abgestiegen, schaffte aber mit dem sechsten Aufstieg gleich die direkte Rückkehr. Der Kader ist mittlerweile viel breiter und homogener geworden im Vergleich zur Abstiegssaison, die Mannschaft strotze vor Selbstvertrauen, betonte Coach André Breitenreiter zuletzt. In der Rückrunde glänzten die Niedersachsen durch Variabilität, insbesondere in der Abwehr, und zeigten sich vor allem auswärts stabil: Dreimal hieß es in 2018 in der Fremde 1:1, vor allem der Punkt auf Schalke kam für viele eher unerwartet. Acht Punkte fehlen Breitenreiter, der zuvor bereits für Paderborn und Schalke in der Bundesliga gearbeitet hat und nun unweit seiner Heimat coachen darf, noch zum Klassenerhalt. Vor allem im Sturm hat der Trainer derzeit die personelle Qual der Wahl: Niclas Füllkrug und Ihlas Bebou scheinen in vorderster Front die Nase vorn zu haben, doch der erfahrene Martin Harnik und auch der brasilianische Sommerneuzugang Jonathas, der seinen Sehnenteilriss im Oberschenkel auskuriert hat, drängen ebenfalls in die erste Elf.

Viel Eintracht-Bezug

Neben Manager Horst Heldt haben auch drei Spieler einen relativ engen Draht zur Eintracht: Pirmin Schwegler war über Jahre Kapitän in Frankfurt und ist nun auch in Hannover zur Führungspersönlichkeit geworden, Marvin Bakalorz kickte wie dessen Vater Dirk in der Hinrunde 2013/14 am Main. Florian Hübner indes wird am Samstag von seinem Vater Bruno, seines Zeichens Sportdirektor bei der SGE, in Empfang genommen. Sie wie auch alle anderen Spieler der Roten müssen indes auf ihren Kapitän weitere viele Monate verzichten: Edgar Prib hat sich vor kurzem erneut das rechte Kreuzband gerissen, ist mittlerweile immerhin erfolgreich in Augsburg operiert worden und will in spätestens neun Monaten wieder angreifen.

Drei im Fokus

Niclas Füllkrug: Mit 23 zurück zu den Wurzeln

Niclas Füllkrug kam als einziger Hannoveraner in allen 24 Bundesligaspielen dieser Saison zum Einsatz. Der früher für Bremen, Fürth und Nürnberg stürmende 25-Jährige hat Martin Harnik als Stürmer Nummer Eins verdrängt und stand seit dem 14. Spieltag immer in der Startelf. Füllkrug ist mit zehn Treffern Hannovers Top-Torschütze. Allein in der Rückrunde traf er fünfmal - ligaweit kein Spieler häufiger. Füllkrug gab bei Hannover auch die meisten Torschüsse ab (60). Der 96-Angreifer ist mit drei Toren nach Einwechslungen auch der Top-Joker der Liga (gemeinsam mit Leverkusens Leon Bailey und Eintrachts Luka Jovic), erzielte seine letzten vergangenen Treffer aber alle in Spielen von Beginn an. Vollen Einsatz zeigt Füllkrug dabei immer, er bestritt viele Zweikämpfe (im Schnitt 32 pro 90 Minuten) und gewann für einen Stürmer gute 45 Prozent davon. Füllkrug wurde in Hannover geboren, landete aber erst mit 23 Jahren bei 96.

Pirmin Schwegler: Leader und Herr des ruhenden Balls

Pirmin Schwegler spielte von 2009 bis 2014 bei der Eintracht, für die er über 100 Bundesligaspiele bestritt und zwischenzeitlich auch als Kapitän auflief. Mit 226 Erstligapartien bestritt er die meisten aller Spieler im Kader von Hannover, ist nicht umsonst mittlerweile Führungsspieler auf dem Feld: Als Stratege vor der Abwehr gewann er 56 Prozent seiner Zweikämpfe, bestritt allerdings auch die meisten Fouls in Reihen der Niedersachsen (46), vornehmlich freilich taktischer Natur. Standardschütze ist der 30-Jährige, der 14-mal für die Schweizer Nati aufgelaufen ist, auch: Viermal bereitete Schwegler per Ecke ein Tor vor - Bestwert in Liga eins.

Salif Sané: Zwangspause für Kopfballungeheuer

Auf einen anderen Leader müssen die Niedersachsen derweil verzichten: Abwehrchef Salif Sané sitzt in Frankfurt nach der fünften Gelben Karte eine Sperre ab. In der Hinrunde beim 1:2 gegen die Eintracht hatte der Senegalese sein einziges Saisontor erzielt. Sané ist für 96 kaum zu ersetzen: Er ist der kopfballstärkste Spieler der Bundesliga (in dieser Saison 83 % der Luftduelle gewonnen) und antizipiert überragend (ligaweit die meisten gegnerischen Zuspiele abgefangen).