Eintracht Frankfurt weist Vorwürfe von Roland Ernst und der Stadt Frankfurt
entschieden zurück.
Zunächst zum Stil:
Die Stadt hat Eintracht mündlich und schriftlich aufgefordert, auch zum
Thema ""reines"" Fußballstadion nebst Finanzierungskonzept Stellung zu
nehmen, damit bei einem Scheitern des ""Dome"" Projekt nicht als einzige
Alternative die Renovierung des Waldstadions bleibt.
Für alle Verhandlungen wurde Vertraulichkeit vereinbart. Es ist schlechter
Stil, wenn am Freitag gegen 18.00 Uhr den Redaktionen ein Brief der Stadt
an die Eintracht zugefaxt wird, der der Eintracht erst am Montag zugehen
kann. Es besteht der Eindruck, daß eine Stellungnahme der Eintracht
verhindert werden sollte, um so Stimmung gegen die Eintracht machen zu
können.
Wenn die Handelnden auf Seiten der Eintracht auch noch persönlich
angegriffen werden, nur weil sie sich nicht, wie gefordert, bedingungslos
zum ""Dome"" bekennen, sondern die Interessen der Eintracht gewahrt wissen
wollen, so ist dies eine unvertretbare Vorgehensweise.
Zur Sache:
Die Freude über den Aufstieg darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es
jetzt erst richtig schwer für die Eintracht wird. Die erste Liga muß
gesichert und eine auch für weiterreichende Aufgaben wettbewerbsfähige
Mannschaft aufgebaut werden. Die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel
können, da die Zeit der großen Ablösesummen vorbei ist, nur durch eine
umfassende Vermarktung des Vereins und der Spieler aufgebracht werden.
Sponsoren erwarten maßgeschneiderte Pakete als werbliche Gegenleistung,
wenn sie sich finanziell engagieren sollen. Solche Pakete umfassen
Bandenwerbung, Videospots, Events mit Stadion-TV und VIP-Betreuung sowie
Verkauf von Produkten im Stadion. Die erfolgreichen Vereine im In- und
Ausland machen es uns vor, wie eine solche umfassende Vermarktung geschehen
muß. Dieses vitale Interesse der Eintracht wird bisher von Roland Ernst
nicht hinreichend berücksichtigt. Was nützen uns 340 Logenplätze auf der
Gegentribüne, wenn der Investor 1020 Logenplätze sowie 1750 VIP-Sitze mit
Restaurant auf der attraktiven Haupttribüne selbst vermarktet ?
Erst durch die Spiele der Eintracht (und andere Veranstaltungen) werden aus
leeren Räumen VIP-Logen und aus Banden vermarktbare Werbeflächen.
Während andere Städte, wie München oder Stuttgart, ihren Vereinen ""weiße""
Stadien zur umfassenden Vermarktung überlassen, will der Investor allein
aus der Vermarktung des VIP-Bereiches und der Werbung bei Eintracht-Spielen
rund 29 Mio. DM erzielen, von denen nur 2.25 Mio. DM an die Eintracht als
""Ausgleich"" fließen sollen.
Gäbe es nur ein ""reines"" Fußballstadion mit einer Bausumme von 150 Mio. DM
zu finanzieren, so wären anteilmäßig entsprechend der Benutzung ca. 110
Mio. DM Eintracht und ca. 40 Mio. DM Gelaxy als zweitem Hauptmieter
zuzurechnen. Bezogen auf diese 110 Mio. DM bedeuten 26.75 Mio. DM jährliche
Einnahmen aus dem Bereich Fußball eine Verzinsung von rd. 25 %.
Dies zeigt, daß die Eintracht überpropotional zur Finanzierung des Dome
herangezogen werden soll bzw. der Fußball eine Multifunktionalität
finanzieren soll, von der der Fußball allenfalls einen geringfügigen Nutzen
hat.
Die Eintracht ist - wie auch Galaxy - bereit, eine umsatzbezogene
angemessene Miete zu zahlen, aber nicht bereit, auf die Vermarktung der
eigenen Spiele zu verzichten.
Der Fehler des Investors liegt anscheinend darin, ausgehend von einer
enormen Investitionssumme alle zur Finanzierung erforderlichen Einnahmen
zusammenkratzen zu wollen, statt sich an der Marktseite, d. h. der
Leistungsfähigkeit der möglichen Mieter zu orientieren und danach die
Investitionssume zu bestimmen.
Eine Akzeptanz des Angebotes von Roland Ernst hätte für uns fatale Folgen.
Dies wird anhand der von uns dargestellten Einnahmesituation im Vergleich
jetzige Situation Waldstadion und Arena deutlich. Danach müßten wir unsere
gerade erst auf Erstliganiveau angehobenen Eintrittspreise um weitere sage
und schreibe
75 % (!)
erhöhen, um auf unser jetziges Einnahmeniveau zu kommen (siehe Berechnung).
Völlig ungelöst ist die Frage, wie ein Ausgleich des Verlustes erfolgen
soll, den Eintracht Frankfurt während der dreijährigen Bauzeit der Arena
zwangsläufig hat. Wenn es stimmt, daß vom bisherigen bzw. späteren
Baukörper immer ein U, also 75 % zur Verfügung stehen - was von uns bei den
bekannten Auflagen der Baugenehmigungsbehörde mehr als fraglich erscheint -
dann fehlen uns in diesem Dreijahreszeiten incl. Ausfälle für Banden etc.
sowie zusätzlicher Fernsehspiele rund 14 Mio. DM. Hier hatte Roland Ernst
vage angedeutet, 5 Mio. DM zu tragen.
Unsere Wettbewerbschancen mit unseren Liga-Konkurrenten:
Im Zusammenhang mit dem Samstag-Artikel in der Frankfurter Rundschau ist
ein Hinweis auf Aufmerksamkeit gestoßen, nach dem die Stadt Stuttgart dem
Liga-Konkurrenten VfB für eine jährliche Finanzierungsbeteiligung in Höhe
von 5 Mio. DM ein ""weißes"" Stadion zur Verfügung stellt.
Wenn man auch hier von dem Wert des Objektes in Höhe von rund 150 Mio. DM
ausgeht, dann bedeutet dies, daß die Stadt Stuttgart dem VfB das Stadion
für einen Mietzins von 3 % zur Verfügung stellt.
Noch einmal zur Erinnerung, von uns werden über das Arena-Modell 25 % (!)
erwartet.
Würde die Stadt Frankfurt am Main die Eintracht wie die Stadt Stuttgart den
VfB behandeln, ergäbe sich für uns folgende Rechnung:
1. Einnahmen aus Eintrittskarten 13,5 Mio. DM
2. Banden und Sonstiges 4,0 Mio. DM
3. VIP-Logen und VIP-Sitze 16,5 Mio. DM
4. Catering / Merchandising 0,5 Mio. DM
5. Sonstige Vermarktung an Dritte 1,2 Mio. DM
----------------------
35,7 Mio. DM
./. Stadionmiete 5,0 Mio. DM
./. Betriebskosten 3,0 Mio. DM
----------------------
verbleiben rund 27,7 Mio. DM
Noch einmal zur Erinnerung, über das Arena-Modell verbleiben uns ca. 10,5
Mio. DM. Gegenüber unserem Liga-Mitbewerber würden wir uns also um rund 17
Mio. DM jährlich schlechter stellen; eine Differenz, die uns im Wettbewerb
auf Dauer jede Chance nimmt, sportlich auf das gleiche Niveau zu kommen.
Da eine Entscheidung über das Verhandlungsangebot von Roland Ernst nicht
nur von erheblicher finanzieller, sondern auch wegen der Langfristigkeit
des von uns abverlangten Mietvertrages (20 Jahre) von existenzieller
Bedeutung ist, kann es doch nicht verwundern, wenn wir das vorliegende
Angebot nicht bedingungslos akzeptieren und in Teilbereichen noch
erheblichen Verhandlungsbedarf sehen.
EINTRACHT FRANKFURT
Rolf Heller
Präsident
Frankfurt am Main, 23. Juni 1998