19.08.2013
Aktuelles

Stephan Schröck: Philippinischer Nationalspieler

In der verständlichen Begeisterung über die Verpflichtung des tschechischen Tontechni..., äh, des tschechischen Nachwuchsstürmers Václav Kadlec soll nicht untergehen, dass wir euch noch die Vorstellung anderer SGE-Neuzugänge schulden.

Passend zum bevorstehenden Europacup-Spiel gegen Qarabag FK am kommenden Donnerstag, 22. August 2013 (Anstoß: 18.00 Uhr - live im hr), befassen wir uns in diesem Artikel mit Stephan Schröck, dessen Lebenslauf dem Slogan „Eintracht Frankfurt international“ voll entspricht. Stephan wurde zwar in Schweinfurt geboren, und sein Vater ist Deutscher, was nicht unbedingt einen internationalen Werdegang nahelegt. Aber die Mutter des Eintracht-Neuzugangs ist Philippinerin, eine nicht ganz unwesentliche Tatsache für Stephans A-Nationalmannschaftskarriere. Doch dazu später mehr.

Vereinskarriere

Der Deutsch-Philippiner Stephan Markus Cabizares Schröck erblickte am 21. August 1986 das Licht der Welt. Schon als kleiner Junge kickte er hinterm Elternhaus, und lief dann für die DJK Schweinfurt auf, bis er 2001 zur SpVgg Greuther Fürth wechselte. Dort trainierte er unter Heinz Krapf (B-Jugend) und unter Reiner Geyer (A-Jugend), dem heutigen Co-Trainer der Frankfurter Eintracht. Wie Stephan uns verriet, haben ihn beide Trainer sehr geprägt. „Reiner Geyer hat mir viele Predigten halten müssen. Schlussendlich hat es gefruchtet“, erzählte uns der Neuzugang lachend.

Nachdem sich Stephan mit der Fürther A-Jugend zweimal bis ins Halbfinale der Deutschen Meisterschaft vorgekämpft hatte (es sollte nicht sein letzter Halbfinal-Einzug bleiben), erhielt er zur Saison 2005/06 einen Profivertrag und kam regelmäßig zu Einsätzen – zunächst als Ergänzungsspieler, später dann als Stammspieler. In der Saison 2010/11 wurde der Schweinfurter von seinem damaligen Trainer „Mike“ Büskens vom Mittelfeld auf die rechte Abwehrseite beordert. Dort war er in der Hinrunde gesetzt, die Rückrunde verpasste er fast komplett. Grund: Knie.

Hier noch im Trikot der TSG: Stephan SchröckIn seinem letzten Fürther Jahr (insgesamt 183 Liga-Einsätze bei den Profis, sieben Tore) wurde Stephan Zweitligameister. Es war die Saison 2011/12 – Ihr werdet euch erinnern: Auf dem zweiten Platz landete die Frankfurter Eintracht. Der Defensivspieler, der während der Schulzeit ein Internat besucht hatte, wechselte nach dem Aufstieg nach Hoffenheim. Er kam dort auf insgesamt zehn Einsätze. Der erste erfolgte am zweiten Spieltag – Gegner war die SGE, die die TSG regelrecht „verkloppte“ (4:0-Auswärtssieg). Stephan flog in dem Spiel übrigens vom Platz, was wir ihm keineswegs übel nehmen. Solange es gegen Frankfurt geht, darf man ruhig mal früher unter der Dusche verschwinden.

Ein Jahr später wechselte der Profi dann zur Eintracht nach Frankfurt und machte vergangenes Wochenende gegen die Bayern sein erstes Pflichtspiel von Beginn an. Es war gleich ein richtig gutes.

Nationalmannschaftskarriere

Schröck spielte zweimal für die deutsche U18-Nationalmannschaft, zwölfmal für die U19 (ein Tor) und zweimal für die U20. Bei der EM 2005 kämpfte sich der 1,70m große Spieler mit seinen U19-Mannschaftskameraden mal wieder in ein Halbfinale vor. Die Truppe scheiterte dort jedoch am späteren Sieger Frankreich.

Nachdem Stephan die philippinische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, lief er am 29. Juni 2011 erstmalig für das Land seiner Mutter auf. Das Spiel der Philippinen, dem fünftgrößten Inselstaat der Welt, gegen Sri Lanka endete 1:1.

Hintergrundinfos zu den Philippinen

Falls Ihr genau so wenig über die Philippinen wisst wie wir, bevor wir diesen Text geschrieben haben: Die Philippinen liegen im Westpazifik und bestehen aus mehr als 7.100 Inseln. Manche Quellen sagen 7.107, andere 7.108. Die Zahl soll davon abhängen, ob gerade Ebbe oder Flut ist – kein Witz! Viele der philippinischen Inseln haben allerdings noch nicht mal einen Namen, „nur“ knapp 1.000 sind bewohnt.

7.100 – das hört sich zwar nach ‘ner Menge an, aber ratet mal, wie viele Inseln zum Beispiel Schweden hat! Da fällsde tot vom Pferd… – Es sollen mehr als 220.000 sein! Wer Lust hat, kann ja mal sein Schlauchboot aufblasen und die alle ansteuern und ‘n Fuß drauf setzen. Wenn man pro Insel fünf Minuten rechnet, dauert das Ganze nicht viel länger als zwei Jahre. Vorausgesetzt, man schläft nie.

Aber zurück zu den Philippinen: Sie erhielten ihren Namen von dem spanischen Entdecker Ruy López de Villalobos, der im Jahre 1544 den Löffel abgab. Er nannte – natürlich, bevor er den Löffel abgab – die Inseln zu Ehren von Philipp II. von Spanien „Las Islas Filipinas“. Deswegen werden die Einwohner der Philippinen auch Filipinas (weiblich) bzw. Filipinos (Dreibeiner) genannt.

Die Amtssprache der Philippinen ist aber nicht mehr Spanisch, wie man vielleicht denken könnte. 1973 hat man der Sprache den Stecker gezogen – heute ist Filipino, das auf dem Tagalog basiert, die offizielle Amtssprache der Inselgruppe. Tagalog ist nicht etwa der hessische Ausdruck für ein Tagebuch des früheren Frankfurter Sushi-Bombers Naohiro Takahara. Nein, der Begriff Tagalog bezeichnet die am weitesten verbreitete Sprache auf den Philippinen, die zwar nicht rechtlich, aber faktisch Grundlage des Filipino ist und vor allem in der philippinischen Hauptstadt Manila von vielen gesprochen wurde beziehungsweise wird.

Thrilla in Manila

Manila dürfte vor allem Box-Fans ein Begriff sein: Dort haben sich 1975 Joe Frazier und Muhammad Ali zum dritten und letzten Mal den Quark aus dem Hirn geklopft. Der Kampf ging als „Thrilla in Manila“ in die Boxgeschichte ein, was wir an dieser Stelle vor allem deswegen erwähnen, weil Stephan Schröck – seinem Vater nacheifernd – selbst eine Zeit lang boxte.

Aber eigentlich ging es ja gerade um Sprachen. Dazu noch ein interessanter Fakt: Auf den Philippinen gibt es 171 (!) verschiedene. (Das Problem, dass die Abgrenzung zwischen Sprachen und Dialekten nicht immer ganz einfach ist: Geschenkt!) Die Sprachen haben so schön klingende Namen wie Waray-Waray, Maguindanao, Surigaonon, Ilokano, Bikolano, Chabacano, Cebuano. – Vielleicht sollte man Ikea mal vorschlagen, die Möbelstücke nach philippinischen Sprachen zu benennen. Oder den Ossis, dass die ihren Kindern nicht immer amerikanische Vornamen geben, sondern… Egal.

Wie verständigen sich die 92.337.852 Philippiner (so das erstaunlich exakte Volkszählungsergebnis aus dem Jahre 2010) eigentlich untereinander, bei so vielen Sprachen? Naja, durch den amerikanischen Einfluss – die USA entließen die Philippinen 1946 in die Unabhängigkeit – ist die zweite Amtssprache Englisch. Außerdem verstehen etwa 80% der philippinischen Staatsbürger Filipino. Die Verständigung untereinander klappt also schon. Ist eigentlich ähnlich wie bei uns: Irgendwie funktioniert unsere Kommunikation mit den Nicht-Hessen ja auch – es sei denn, man muss nach Bayern. Das ist aber ein spezielles Problem.

Dragoslav StepanovicSpricht Stephan Schröck auch Filipino? Nö. Er sagte uns, dass er immer mal wieder ein paar Brocken aufschnappt, wenn er mit der Nationalmannschaft unterwegs ist. Aber da er die meiste Zeit in Deutschland lebt, fehlt natürlich das regelmäßige Sprachtraining. Ist aber auch worschd. Zum einen spricht Stephan Englisch, zum anderen ist die Sprache des Fußballs ohnehin international. Wir im schönen Frankfurt haben Dragoslav Stepanovic und sein serbokroatisches Hessisch ja auch nicht nur verstanden, sondern regelrecht ins Herz geschlossen. Und das trotz – oder gerade wegen – eines Satzbaus, der ein klein wenig an Meister Yoda erinnert („Glaube ich schon, dass die Eintracht das nächsde Spiel gewinne wird!“). Stepi war gegen die Bayern übrigens im Stadion. (Falls Du das hier liest, Stepi: Schöne Grüße! Lebbe geht weidda! Trotz Fehlentscheidung.)

Es geht voran!

Mit Schröcks „Wechsel“ von den deutschen Nachwuchsteams zur philippinischen A-Nationalmannschaft hat Stepi allerdings nichts zu tun. Der Wechsel steht in Zusammenhang mit einer 2010 gestarteten Initiative des philippinischen Fußballverbandes, vermehrt Spieler für die Nationalmannschaft zu gewinnen, die im Ausland aufgewachsen sind und philippinische Wurzeln haben. Der Trainer der Philippinen ist übrigens ein Deutscher: Michael Weiß. Der frühere Torwart des FK Pirmasens hospitierte unter anderem bei Manchester United, Arsenal London und Real Madrid und arbeitete als (Co-)Trainer beziehungsweise technischer Direktor schon in Japan, China und Ruanda. Er ist also eine Art zweiter Otto Pfister – ein Weltenbummler vor dem Herrn. Was wir – nebenbei bemerkt – ziemlich cool finden!

Neben Schröck kicken übrigens noch ein paar weitere gebürtige Deutsche beziehungsweise in Deutschland aktive Profis für die Philippinen. Der in Glostrup (Dänemark) geborene Dennis Cagara zählt dazu. Manche kennen ihn vielleicht von seinem kurzen Gastspiel beim FSV Frankfurt während der Rückrunde 2011/12 (fünf Einsätze). Er kickt inzwischen beim KSC.

Auch Manuel Ott ist zu nennen. – Wie? Den kennt Ihr nicht? Schämt euch! … Okay, wir kannten ihn auch nicht. Unser Nachschlagen ergab: Er spielt als offensiver Mittelfeldspieler bei der 2. Mannschaft des FC Ingolstadt in der bayerischen Regionalliga. Womit man auch – und das ist nicht gehässig gemeint – einen groben Eindruck vom Niveau der philippinischen Nationalmannschaft bekommt. Die Philippinen stehen derzeit (Stand: 8. August 2013) auf dem 141. Platz in der FIFA-Weltrangliste. Die Entwicklung geht jedoch – nicht zuletzt auch dank Stephan Schröck – stetig voran. Da tut sich was.

Der Eintracht-Neuzugang ist völlig zu Recht stolz wie Bolle, für das Land seiner Mama auflaufen zu können. Bislang war das achtmal der Fall. Bei der 1:2-Niederlage der Philippinen gegen Kuwait am 28. Juli 2011 erzielte Stephan sein erstes Tor für die Inselgruppe. Das zweite folgte am 24. März 2013: Beim 8:0-Sieg gegen Kambodscha traf er zum 5:0.

Weiter so, Stephan Schröck! Und herzlich willkommen in der einzigen deutschen Stadt mit einer sehenswerten Skyline. Wir wünschen Dir eine schöne, erfolgreiche und verletzungsfreie Zeit in Frankfurt am Main!