05.07.2020
Team

„Stolz auf alle Beteiligten“

Fazit von Fredi Bobic. Der Sportvorstand spricht über die Qualität der Mannschaft, das nationale Abschneiden und internationale Hoffnungen.

Fredi, wie geht es dir nach dieser sehr intensiven Saison?
Insgesamt waren die vergangenen zwei Jahre ein wilder Ritt. Das erste Jahr war natürlich super, wir standen im Halbfinale der Europa League und haben unfassbare Spiele abgeliefert. Es fühlt sich aber an, als wäre das schon wieder lange her, denn die aktuelle Spielzeit lief zwölf Monate lang. Ich habe den Jungs am vergangenen Samstag nach dem Spiel gesagt, dass ich total stolz darauf bin, wie sie diese Saison gemeistert haben. Sie haben es geschafft, den Fokus über so einen langen Zeitraum in jedem Spiel, in jedem Training und vor allem auch in der Coronazeit zu halten. Es war eine sehr schwierige Aufgabe, in solch einer Situation so konzentriert und fokussiert zu bleiben. Aber die Jungs haben das einfach prima umgesetzt. Normalerweise beginnen wir Ende Juni fast schon mit der Saisonvorbereitung, diesmal haben wir erst die aktuelle Spielzeit beendet. Auch für mich war diese Zeit quälend lang. Wir hatten wieder viele Highlights dabei, aber es gab natürlich auch schwere Phasen. 54 Spiele, wie in dieser Saison, hat Eintracht Frankfurt in der Bundesligahistorie noch nie zuvor gehabt. Ich bin sehr zufrieden, dass wir es geschafft haben, diese Partien in einer guten Art und Weise zu gestalten – mit Höhen und Tiefen. Umso schöner ist es, dass wir zum Abschluss noch einen Heimsieg einfahren und die Saison dadurch mit einem guten Gefühl abschließen konnten. Das gibt uns Hoffnung für die neue Spielzeit, gerade weil wir noch nicht wissen, wie es weitergeht.

Ihr wusstet auch während der Coronapause lange nicht, wann und wie es weitergeht. Wie bewertest du den Restart der Liga und das Saisonende?
Sehr erfolgreich! Es ist ein Wahnsinn, dass wir es in der Kürze der Zeit geschafft haben, mit allen Ministerien zusammen einen Notfallplan zu erstellen, der jegliche Hygienemaßnahmen berücksichtigt. Dass sich alle 36 Vereine aus der Bundesliga und der Zweiten Liga einig waren und an einem Strang gezogen haben, war sehr wichtig. Es kann sich bestimmt jeder daran erinnern, welchen Shitstorm wir im Fußball über uns ergehen lassen mussten. Jeder hat gesagt, dass wir nicht spielen dürfen. Mittlerweile sieht die Situation ganz anders aus. Ich habe immer gesagt, dass wir ein Vorbild für alle anderen Sportarten sind, wenn wir es als Vorreiter schaffen, mit diesen Umständen umzugehen und zeigen, wie es funktionieren kann. Das haben wir gemeinsam geschafft, ohne den Zeitplan in den Juli hinauszuzögern. Zudem gab es, abgesehen von Dynamo Dresden zu Beginn des Restarts, keine Coronafälle. Das zeigt, wie diszipliniert jeder Einzelne diese Vorschriften verinnerlicht und sich an sie gehalten hat. In dieser Zeit hat sich die Kraft des Mannschaftssports gezeigt, da alle gemeinsam an einem Strang gezogen haben. Ich bin sehr stolz auf alle Beteiligten, dass wir das so hinbekommen haben. Mittlerweile orientieren sich alle anderen Ligen und Sportarten daran, wie wir diesen Notfallplan umgesetzt haben.

Warst du von dem hohen Niveau der Spiele seit dem Restart überrascht?
Nein, eigentlich überhaupt nicht. Die Jungs können kicken und versuchen immer, das Beste aus sich herauszuholen. Trotzdem war nicht jedes Spiel top, das muss man klar sagen – allerdings ist auch mit Fans im Stadion nicht jede Leistung top (lacht). Die Intensität nach dem Neustart war sehr hoch und es war außergewöhnlich neu für uns alle, in einem großen Stadion ohne Zuschauer zu spielen und jeden Ton hören zu können. Sogar meine Frau, die eigentlich nicht besonders im Fußball involviert ist, hat sich ein paar Spiele angeschaut und sich darüber gefreut, dass sie mal verstehen konnte, was sich die Jungs auf dem Platz zurufen. Es war einfach ein komplett anderes Erlebnis, an das wir uns aber keinesfalls gewöhnen wollen. Zu diesem Zeitpunkt war es allerdings absolut notwendig. Man hat gemerkt, dass die Jungs immer versucht haben, die beste Leistung abzurufen, auch wenn sich der eine oder andere am Anfang schwer damit getan hat, ohne die Emotionen und die Leidenschaft der Fans zu spielen. Irgendwann hat aber jeder einen Weg gefunden, wie er seine Leistung bestmöglich auf den Platz bringen kann. Das hat man bei uns in der gesamten Mannschaft gesehen: Zu Beginn des Restarts hatten wir ein paar Schwierigkeiten, aber mit der Zeit haben wir uns immer weiter gesteigert. Auch wenn wir ohne Zuschauer teilweise sehr gute Leistungen gezeigt haben, ist diese Situation überhaupt nicht vergleichbar mit der Normalität, denn die Fans geben uns, gerade zum Ende der Partien, häufig noch den entscheidenden Kick. Die Jungs haben aber sehr gut gearbeitet, wir hatten trotz dieser langen Spielzeit kaum Verletzte – das waren ganz wichtige Faktoren.

Wir spielen im August noch in der Europa League, die Saison ist also noch nicht komplett vorbei. Wir werden diesen Wettbewerb und diese Partie in den Vorbereitungsprozess eingliedern und dann versuchen, gegen Basel zu gewinnen und eine Runde weiterzukommen.

Fredi Bobic

Nach den beiden Niederlagen gegen Gladbach und Bayern kam auf einmal der Relegationsplatz immer näher. Wie habt ihr es in dieser Situation geschafft, die Ruhe zu bewahren?
Das war natürlich keine einfache Situation für uns, aber wir sind zu keiner Zeit in Panik verfallen. Wir vertrauen immer in die Qualität der Mannschaft. Das einzige Spiel, mit dem wir überhaupt nicht zufrieden waren, war das Eröffnungsspiel gegen Gladbach. Da hätten wir nach sechs Minuten eigentlich schon nach Hause gehen können. Ich habe damals gesagt, dass wir den Mindestabstand in diesem Spiel gut eingehalten haben – auch im Strafraum. Bis wir uns ein bisschen in die Partie herein gefunden hatten, war das Spiel schon fast zu Ende. In München kannst du immer verlieren, die Bayern haben nach dem Restart alles gewonnen und sind zurecht Meister geworden. Der Sieg gegen Wolfsburg war dann unheimlich wichtig für uns. Da hat die Mannschaft wieder bewiesen, dass sie dem Druck in solchen Spielen standhalten und sehr gut mit solchen Situationen umgehen kann. Wir haben in Wolfsburg natürlich nicht sensationell gespielt, aber die Jungs haben den Teamgedanken in einer ganz starken Art und Weise auf den Platz gebracht. Danach lief es sehr gut, auch wenn wir uns einen fast schon traditionellen Aussetzer gegen Mainz geleistet haben. Trotzdem haben wir die Saison prima zu Ende gebracht und gezeigt, dass wir mit unserer Qualität mit jedem Gegner mithalten und Spiele gewinnen können. Unterm Strich haben wir mit 27 Punkten eine sehr gute Rückrunde gespielt. Hätten wir in der Hinrunde ein paar Zähler mehr gesammelt, wäre am Ende noch mehr möglich gewesen. Aber das sagen sich auch andere Vereine. Die Tabelle lügt nicht und zum Abschluss der Saison steht jeder da, wo er hingehört. Nach den 34 Spieltagen können wir damit aber sehr gut leben.

Im September soll die neue Saison starten, dann haben wir auch die Möglichkeit, eine bessere Hinrunde zu spielen. Was erwartest du dir von der kommenden Spielzeit?
Es ist sehr gut, dass unsere Mannschaft im Stamm zusammenbleibt. Wir werden auf dem Transfermarkt nicht so viel machen müssen, wie in den Jahren zu vor. Wir haben eine hohe Qualität in der Mannschaft und sind absolut konkurrenzfähig. Das ist für Eintracht Frankfurt immer das Wichtigste. Wir wissen noch nicht genau, wann die neue Saison startet – aller Voraussicht nach irgendwann im September. Die Transferperiode wird sehr zäh, gerade weil sie sich bis in den Oktober zieht. Es wird sich zeigen, ob wir den noch einen oder anderen Spieler verpflichten können oder abgeben werden. Das steht alles noch in den Sternen. Grundsätzlich bin ich aber sehr zufrieden mit den Jungs, die wir haben. Zudem wird sich in der kommenden Saison zeigen, ob wir bald wieder mit Zuschauern spielen dürfen. Dieser Faktor hat gewisse wirtschaftliche Auswirkungen, die für uns eine immense Bedeutung haben. Wir arbeiten uns situativ in die nächsten Wochen herein und versuchen, Akzente zu setzen, wo es uns möglich ist. Eins dürfen wir aber nicht vergessen: Wir spielen im August noch in der Europa League, die Saison ist also noch nicht komplett vorbei. Natürlich sagt jeder, dass wir nach dem 0:3 im Hinspiel keine Chance mehr haben, aber da bin ich mir nicht so sicher. Du kannst auch gegen Mannschaften wie Basel Spiele gewinnen. Letztendlich wird es an uns liegen, wie wir in die Vorbereitung starten. Wir werden diesen Wettbewerb und diese Partie in den Vorbereitungsprozess eingliedern und dann versuchen, gegen Basel zu gewinnen und eine Runde weiterzukommen. Die Viertel-, Halbfinals und das Finale werden bekanntlich in nur einer Partie ausgetragen, demnach ist auch da vieles möglich. Abschenken werden wir das also keinesfalls, wir werden diese Aufgabe seriös angehen. Dann werden wir sehen, ob die kommende Spielzeit nur aus Bundesliga und Pokal besteht, oder ob am Ende des Tages vielleicht doch noch ein internationaler Wettbewerb hinzukommt. Sollte der europäische Wettbewerb wegfallen, ist es für uns vielleicht auch nicht schlimm, unter der Woche mal gut trainieren zu können. Dann liegt es an uns, dass wir es schaffen, einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen.

In den vergangenen Wochen wurde über die Zukunft von Adi Hütter spekuliert, er selbst hat signalisiert, dass er sich eine Vertragsverlängerung vorstellen kann. Was sagt der Boss dazu?
Wir sprechen ständig miteinander. Es ist wichtig, dass auch Adi und sein Trainerteam jetzt die Zeit nutzen, um nach dieser langen Saison runterzukommen und abzuschalten. Wir haben bereits über eine mögliche Verlängerung gesprochen, es liegt auch schon alles vor. Wir werden uns im Sommer in aller Ruhe zusammensetzen und schauen, ob wir uns gemeinsam einigen können. Ich bin guter Dinge, da Adi und die Eintracht gut zusammen funktionieren. Wir sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Trotzdem muss man das Trainerteam erstmal entspannen lassen, denn auch die nächste Saison wird sehr anspruchsvoll. Zum richtigen Zeitpunkt werden wir unsere Gespräche führen und ich gehe davon aus, dass wir im Anschluss daran die Verlängerung vermelden können.