16.01.2018
Fanshop

Teil der Eintracht-Kultur endet

Ende der vergangenen Woche wurde feierlich Abschied vom Eintracht Shop in der Bethmannstraße in Frankfurt genommen.

Am Ende der vergangenen Woche ging nochmal richtig nostalgisch zu. Axel Hellmann hatte sein hier erworbenes Trikot mitgebracht, Joachim Garthe berichtete von der Beflockung eines OFC-Trikots mit "Eintracht Frankfurt"-Schriftzug, Peter Fischer weiß von "großen Dingen, die hier beschlossen wurden": Der Eintracht-Fanshop in der Bethmannstraße schloss seine Pforten, damit endete nach knapp 43 Jahren ein Stück Frankfurter Fußballgeschichte.

Ende April 1975 eröffnete Bernd Nickel in der Bethmannstraße 15 seinen Eintracht-Shop, die ganze Mannschaft um die Weltmeister Grabowski und Hölzenbein war seinerzeit anwesend. Ein Geschäft, in dem es nur Fanartikel zu kaufen gab, was damals in Deutschland einzigartig war. So entwickelte sich der Eintracht-Shop schnell zu einem Anlaufpunkt für Fans aus der ganzen Welt. Hier kaufte man seine Eintrittskarten für die Spiele ("Sitzplätze Bayern ausverkauft, gibt nur noch Stehplätze"), die neuesten Schals aus England ("von 'Admiral' aus Seide, mit farbigem Mannschaftsbild") oder einfach nur den beliebten Streifen-Aufkleber "Nicht hupen - Fahrer träumt von Eintracht Frankfurt". Gästefans staunten über das Angebot in Frankfurt und schauten vor den Spielen in der Bethmannstraße vorbei. Wenn sich auswärtige Fangruppen mal daneben benahmen, wurden diese in der Stadionzeitung der Eintracht danach streng verwarnt. Kritisch beäugt wurden auf diese Weise die Berliner "Frösche, die in dem Laden wüteten und die Regale durcheinanderschmissen" (1975) oder Nürnberger Fans, die "im Eintracht-Shop Fanartikel und Eintrittskarten plünderten" (1981). Aber eigentlich blieb es im Eintracht-Shop immer friedlich. Manchmal kamen ganze Mannschaften in den Laden, so zum Beispiel 1984, als Dundee United auf dem Rückflug vom Europapokalspiel in Wien in Frankfurt Zwischenstation machte. Die Truppe fuhr kurzerhand vom Flughafen zum Eintracht-Shop und deckte sich mit "Fanartikeln deutscher Spitzenmannschaften" (O-Ton Eintracht-Zeitung, wir vermuten Wimpel der SGE) ein.

In den 1980er Jahren konnten die Fans im Eintracht-Shop, der mittlerweile von Willi Schuster betrieben wurde, sogar ihre Lottoscheine abgeben. Mit ein wenig Glück konnte man ein "matchworn"-Trikot erstehen, das in den 1980er Jahren so noch nicht hieß, und der kleine Laden mit dem großen Angebot platzte vor wichtigen Spielen regelmäßig aus allen Nähten.

Ende 1995 übergab der unvergessene Willi Schuster den Eintracht-Shop an die neuen Besitzer Joachim Garthe und Joachim Pflug. Die beiden Eintracht-Fans, die selbst als Mitglieder des EFC Nied oft genug im Shop eingekauft hatten, waren als Inhaber eines Reisebüros und Organisatoren von Europapokalreisen der 1990er-Jahre längst bekannt in der Frankfurter Fanszene.

1997 zog der Shop einige Häuser weiter, im März wurde in der Bethmannstraße 19 in größeren Räumlichkeiten die Neueröffnung des Eintracht-Shops gefeiert. Warum die neuen Inhaber des Eintracht-Shops die Cheerleader der Galaxy zur Eröffnung eingeladen haben, können wir uns nicht erklären. Passender war der Gewinner des Hauptpreises der Eröffnungstombola: Eintracht-Urgestein und Gelegenheits-Stripper Manfred "Adi" Adelmann, von dem man im neuen Fanshop sogar "Ole-Super-Adelmann-Schals" kaufen konnte, räumte den Reisegutschein ab. Selbstverständlich war auch er am letzten Öffnungstags des Shops zu Gast.

Im neuen Eintracht-Shop erlebten die Fans das Auf- und Ab der End-1990er bei der Eintracht, hinter der Scheibe am Ticketschalter stand nicht selten einer der Anstimmer der Frankfurter Fanszene. Und hatte man vergessen, sich ein Ticket für ein wichtiges Spiel zu sichern, musste man im Hinterzimmer beim strengen, aber immer freundlichen Herrn Hornung ("Pferd") nachfragen. Hornung genießt seither zurecht Legendenstatus. Kurz: Der Eintracht-Shop war ein Treffpunkt der Frankfurter Fanszene und erlebte seine wirtschaftlich besten Zeiten. Hier ging man glücklich raus, wenn man eines der letzten Tickets für das Saisonfinale 1999 erstanden hatte. Hier gab es aber auch bittere Enttäuschungen - etwa als bereits nach wenigen Minuten verkündet wurde, dass der Fanflieger nach Baku 2013 ausverkauft sei. 2014 wurde die Kultstätte in der Bethmannstraße an die Eintracht verkauft. Für die Eintracht-Fans ist schon seit einigen Monaten der Shop in der "MyZeil" die neue Anlaufstelle.

Als der Eintracht-Shop kürzlich das letzte Mal geöffnet hatte, durften ebenso prominente wie treue Gäste nicht fehlen. Eintracht-Vorstand Axel Hellmann hatte eines seiner beiden Trikots aus den Spielzeiten 1983/84 und 1996/97 mitgebracht. "Mit diesem Trikot stand ich im G-Block. Der Shop ist mit vielen persönlichen Erinnerungen verbunden", sagte er beim von Axel "Beve" Hoffmann moderierten offiziellen Teil. "Der Shop war Teil der Kultur von Eintracht Frankfurt. Hier wurde so manche politische Entscheidung getroffen, etwa die Gründung der Fan- und Förderabteilung. Jedes Ereignis hat aber irgendwann ein Ende, und wir wollen dies mit entsprechender Würde tun. Durch den Standort MyZeil ist Eintracht Frankfurt heute modern und zeitgemäß aufgestellt". Eintrachts Markenbotschafter Bernd Hölzenbein hatte "Gänsehaut", während Präsident Peter Fischer die Küche als Epizentrum so mancher Diskussion ausmachte. Ex-Inhaber Joachim Garthe erzählte, dass auch mal ein OFC-Fan den Beflockungsservice in Anspruch nehmen wollte. "Wir haben ihm den gewünschten Namen und Nummer beflockt, und dazu den Schriftzug 'Eintracht Frankfurt'. Dann sind wir zum Kunden zurück und haben gesagt: Sorry, kleiner Fehler, geht auf's Haus." Neben Wehmut und alten Erinnerungen gab es auch eine humoristische Einlage durch das Comedy-Duo "Frankfurter Klasse".