29.02.2020
UEFA Europa League

The Day After Tomorrow

Was für eine Woche. Erlebnis um Erlebnis, und am Ende passt auch das Ergebnis.

Inwieweit sich die Anhänger des FC Salzburg der Symbolhaftigkeit ihrer außergewöhnlichen Choreografie tatsächlich bewusst waren, bleibt zunächst dahingestellt. Passend zu den Farben der österreichischen Nationalflagge erhob sich ein überdimensioniertes Abbild von Pennywise aus Stephen King’s Horrorklassiker „Es“ auf dem Unterrang. Der Geschichte nach erscheint der skurrile Clown alle 27 Jahre, um jeweils in Gestalt der größten Ängste des Gegenübers diesen aus dem Verkehr zu ziehen. Nun liegt es zwar knapp 26 Jahre zurück, seitdem Adi Hütter als Spieler mit Casino Salzburg die Eintracht aus dem Europokal geworfen hat, das Überraschungspotenzial war – im besten wie unerfreulichsten Fall – dennoch allgegenwärtig.Auf die Nachfrage auf der Pressekonferenz, ob ihm während des Rückspiels gegen seinen Ex-Verein bange um den Einzug ins Achtelfinale gewesen sei, hielt der heutige Frankfurter Cheftrainer kurz inne, um dann wahrheitsgetreu zu antworten: „Ich hatte schon Momente nach dem 0:1, in denen ich gedacht habe: Kriegen wir das zweite Gegentor, kann es noch sehr unangenehm werden.“ Dabei kam der forsche Sturmlauf der Hausherren weit weniger überraschend als der Orkan am Abend zuvor, wie auch Sebastian Rode selbstkritisch bestätigte: „Wir waren eigentlich darauf eingestellt, dass gleich die Post abgeht, sind aber nicht richtig ins Spiel gekommen.“ Djibril Sow, der an der Seite Rodes den Maschinenraum betätigte, sah es ähnlich: „Auf die Offensive waren wir vorbereitet, haben es aber anfangs nicht in den Griff bekommen.“ Hinter der Doppelacht agierte im Vergleich zum Hinspiel mit Stefan Ilsanker anstatt Makoto Hasebe mehr der Typ Krieger statt Stratege. Und der Österreicher machte seiner Aufgabe alle Ehre, trug letztlich sogar einen dicken Cut davon, blauem Dieter-Hoeneß-Gedächtnis-Turban inklusive.

Im Zeichen der 33

Arbeit stand aber auch in den übrigen Mannschaftsteilen im Mittelpunkt. „André Silva arbeitet wahnsinnig viel für uns. Deswegen freue ich mich für ihn, dass er zwei Tore erzielt hat“, lobte Rode den ersten Verteidiger und doppelten Ausgleichsschützen. Den Portugiesen flankierten wie beim Hinspiel Daichi Kamada und Filip Kostic. Bezeichnend für deren Ergänzungsfähigkeit, dass am 1:1 alle drei beteiligt waren.Die Nummer 33 sollte im letzten Spiel der Round of 32 auch in anderer Hinsicht für Aufmerksamkeit sorgen, weil der Salzburger Anhang in Gedenken an die Opfer von Hanau in der 33. Spielminute eine Schweigeminute einlegte, in Anlehnung an das Gründungsjahr des Ursprungvereins Austria Salzburg. Welche Wucht der FCS zudem auch auf dem Rasen entwickeln kann, bewies nicht nur der Freitagabend, sondern auch die Historie. Salzburg hatte in der UEFA Europa League die vorangegangenen sieben Heimspiele allesamt gewonnen, bis zum 2:3 gegen den Linzer ASK zum Rückrundenstart sogar 53 Mal in der Liga. Als sei dem nicht genug, gilt Salzburg mit weiter 39 Siegen in diesem Wettbewerb als Rekordhalter. Was wiederum für die Eintracht seit dem 4:1 in der vergangenen Woche mit 18 Siegen immerhin aus deutscher Sicht gilt.

Auch die Bundesliga profitiert

Weshalb nicht nur Armin Veh am Spieltag „Herz und Leidenschaft Frankfurts für den Europapokal“ hervorhob, sondern auch Adi Hütter nicht ohne Stolz und mit Bezug auf die Verlegung des Bundesligaspiels in Bremen meinte: „Wir tun mit unseren internationalen Auftritten viel für die Bundesliga.“ Stichwort: UEFA-Fünfjahreswertung.Siehe die zur Zwischenrunde 2019 analogen Ergebnisse gegen Shakhtar Donetsk, weshalb Salzburg auch nach Einschätzung von Trainer Jesse Marsch „unser bestes Spiel 2020“ nichts half. Die in der Schlussviertelstunde nochmal möglich erscheinende Verlängerung, sie sollte allein für den Aufenthalt in der Mozartstadt gelten, die gleichwohl auch die Auswärtsfans auf sich nehmen mussten beziehungsweise wollten und dem Einsatz auf dem Rasen in nichts nachstanden. „Europacup in diesem Jahr“ als Kurvenhymne eines Vereins, der in Europa längst mehr als ein One-Hit-Wonder ist, sondern bald genügend Stoff für ein eigenes Album haben könnte.Oder um nach der Eliminierung des nächsten Champions-League-Teilnehmers zu sagen: Die Eintracht lässt wieder genügend Phantasien zu, zum Schreckgespenst zu werden, das Pennywise in nichts nachstünde – mit dem entscheidenden Unterschied, seine Gesichter weniger oft zu wechseln, worauf auch Rode verwies: „Die Hürde haben wir genommen und wollen das am Mittwoch wiederholen.“ Im DFB-Pokal gegen Werder Bremen.