07.07.2024
Team

Tore pflastern seinen Weg

Mehr Saisontreffer als Lebensjahre, Olaf Thon entthront, europaweit begehrt und „bereit für die Bundesliga“: Neuzugang Can Uzun im Portrait.

Seinen Geburtstag feiert er dann, wenn andere die fünfte Jahreszeit einläuten. Am 11. November 2005 ist Can Uzun in Regensburg geboren und schnürte die Fußballschuhe anfangs für seinen Lokalverein: den Freier-TuS Regensburg. Bereits mit sieben Jahren zog es ihn in die Jugend des SSV Jahn, für den er eine Saison spielte, ehe er zum FC Ingolstadt 04 wechselte und sich im Jahr 2019 mit 15 Jahren dem 1. FC Nürnberg anschloss. Am Valznerweiher agierte Uzun für die U17 und U19 in den Junioren-Bundesligen, erzielte addiert 47 Treffer in 43 Partien und sammelte nebenher erste Berührungspunkte mit Eintracht Frankfurt.

Schreckgespenst am Riederwald

Beim 3:1-Sieg der Nürnberger U17 gegen die Riederwälder im September 2020 traf Uzun drei Mal, ein Jahr später versenkte er den Ball bei einem 2:0 zwei weitere Male im Netz. In der gleichen Spielzeit kratzte das Offensivjuwel an der Torjägerkrone, verpasste sie mit 22 Treffern knapp, sicherte sie sich aber in der Folgesaison 2022/23 mit der U19 der Clubberer in der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest. 15 Tore erzielte Uzun in dieser Saison, kein Spieler netzte häufiger. Die Hessen verschonte der Goalgetter diesmal und steuerte doch eine Vorlage bei.

Zweifelsohne hat Can Uzun sein Können in Franken unter Beweis gestellt. Kein Wunder, dass auch Dieter Hecking in seiner damaligen Rolle als Cheftrainer der Profis Wind davon bekam. Unter ihm debütierte Uzun am 12. Mai 2023 beim 2:2 gegen den 1. FC Magdeburg  in der Zweiten Bundesliga, sein Startelfdebüt feierte er zwei Wochen später am 34. Spieltag gegen den SC Paderborn 07.

Doppelpack als Dosenöffner

Bekanntes Bild 2023/24: Can Uzun in Jubelpose nach einem Tor für den 1. FC Nürnberg, hier gegen die SV Elversberg.

Am zweiten Spieltag der Saison 2023/24 war sodann die erste Bude im deutschen Fußballunterhaus fällig. Uzun traf beim 2:2 gegen Hannover 96 zum Anschluss und schrieb Geschichte. Denn Uzun war zu diesem Zeitpunkt exakt 17 Jahre und 268 Tage alt und löste Christian Wück als jüngsten Torschützen der FCN-Historie ab. Es wurde noch besser. In der Nachspielzeit trat Uzun zum Strafstoß an, bewies Nerven und verwandelte das Max-Morlock-Stadion in ein Tollhaus. Er traf zum 2:2 und sicherte den Franken den ersten Punktgewinn der neuen Saison. Nur wenige Tage später netzte der Deutsch-Türke dreifach beim 9:1 gegen den FC Oberneuland und wurde damit zum jüngsten Dreierpacker der DFB-Pokalgeschichte. Seit 1984 stellte Olaf Thon diesen Rekord.

An 41 Prozent der Club-Tore direkt beteiligt

Es sollte seine Saison werden, wenngleich das Abschneiden des 1. FC Nürnberg als durchwachsen einzureihen ist. Der Club landete letztlich auf Tabellenrang 14 und stellte mit 43 Treffern die fünfschwächste Offensive der Liga. Einer aber stach hervor: Can Uzun. Sein Doppelpack gegen Hannover war der erste von vier, insgesamt erzielte der Youngster in seiner ersten kompletten Zweitligasaison 16 Tore und steuerte zwei Assists bei – damit war er an 41 Prozent aller Tore des FCN direkt beteiligt und erzielte 37 Prozent der Treffer selbst. Zusammen mit den drei Kisten im DFB-Pokal kommt Uzun damit 2023/24 auf mehr Tore als Lebensjahre ...

Nie zuvor erzielte ein so junger Spieler so viele Tore im Unterhaus. 18 Scorerpunkte ließen den 1,86-Meter-Mann schließlich auf Platz neun der Scorerliste dastehen. Summiert erzielte Uzun in der Saison 2023/24 19 Tore, sammelte vier Assists in 32 wettbewerbsübergreifenden Pflichtspielen.

Im März 2024 feierte der Shootingstar zudem unter Trainer Vincenzo Montella, der die Türkei bei der UEFA EURO 2024 bis ins Viertelfinale gegen die Niederlande coachte, seine Premiere für die türkische Nationalelf gegen Ungarn. Schon zuvor lief der gebürtige Regensburger für die Türkei in Junioren-Nationalteams auf, erzielte in 14 Spielen sieben Treffer für die U17 und U19 der Nation und wurde im September 2023 erstmals für die U21 nominiert.

Die Spielzeit 2023/24 hatte es schlichtweg in sich. Es war Uzuns Raketenstart, der ihn letztlich früh auf die nächste Zündstufe vorbereitete. Im Oktober 2023 brachten ihn wenige Medien erstmals lose mit Eintracht Frankfurt in Zusammenhang – da hatte er noch nicht mal seinen ersten Profivertrag in der Tasche.

Mit Teamkollege Brown nach Frankfurt

Seit dem 2. Juli ist der Wechsel nach Frankfurt offiziell. Zusammen mit Teamkollege Nathaniel „Nene“ Brown wechselt Uzun von Nürnberg an den Main, sagt: „Es war ein Faktor, dass Nathaniel bei Eintracht Frankfurt spielt, aber nicht der einzige.“ In der Geschichte sind es die beiden jüngsten Clubberer, die zu Eintracht Frankfurt wechseln. Die ältesten beiden waren übrigens Makoto Hasebe mit 30 und Andreas Köpke mit 32 Jahren.

„Es ist die perfekte Station, um mich weiterzuentwickeln, hoffentlich viel Spielzeit zu bekommen und mich auf der neuen Bühne präsentieren zu können“, schildert Uzun die Hintergründe seines Wechsels und fügt an: „Ich bin ein sehr selbstbewusster Spieler, der weiß, was er kann und zeigen will, was er kann.“ Im Schnitt 2,94 Ballberührungen im gegnerischen Strafraum, 2,98 Schüsse und 2,62 erfolgreiche Offensivzweikämpfe pro 90 Minuten in Liga zwei lassen unschwer erahnen, wo die Stärken des flexiblen Offensivspielers liegen: im Abschluss. Nicht zuletzt belegt das auch seine Torquote.

Can ist sicherlich eines der größten Talente, die wir momentan in Deutschland haben.

Markus Krösche, Sportvorstand Eintracht Frankfurt

„Ganz Europa hat ihn gejagt“, weiß Sportvorstand Markus Krösche, der „glücklich“ ist, „dass er sich für die Eintracht entschieden hat. Can ist sicherlich eines der größten Talente, die wir momentan in Deutschland haben. Für sein Alter hat er außergewöhnliche Fähigkeiten: eine große Ruhe vor dem Tor und einen guten Abschluss. Er ist ein Riesentalent.“ Und nach den drei neuen Jungprofis der aktuell jüngste Lizenzspieler im Kader 2024/25.

Schon in der abgelaufenen Saison hatte die Eintracht zahlreiche junge Spieler, die Spielzeit sammeln konnten. Sieben Adlerträger, die unter 21 Jahre jung waren, debütierten in der Saison 2023/24 für Frankfurt. „So soll es auch bei Can sein“, fügt Krösche an. Und auch Uzun zeigt sich willig: „Ich fühle mich bereit für die Bundesliga und freue mich auf die nächste Saison.“