10.06.2020
DFB-Pokal

Tripleträumer

Der FC Bayern visiert naturgemäß den Gewinn aller drei Wettbewerbe an. Das Halbfinale ist der nächste wichtige Zwischenschritt.

Situation

Nicht nur in der Bundesliga überragt der FC Bayern derzeit mit seiner Form, auch im DFB-Pokal und in der weiterhin unterbrochenen UEFA Champions League ist die Mannschaft von Hans-Dieter Flick weiter im Rennen und zuletzt nicht zu stoppen gewesen. Seit 20 Pflichtspielen sind die Bayern wettbewerbsübergreifend ungeschlagen und verbuchten dabei einzig beim 0:0 gegen Leipzig nicht die volle Ausbeute. Der diesjährige Pokalsieg wäre der 20. Erfolg in diesem Wettbewerb und gleichbedeutend mit der Titelverteidigung. Die letzte Pokalniederlage des FCB datiert vom 19. Mai 2018, als die Eintracht das Finale in Berlin mit 3:1 für sich entschied.

Formkurve

Die bisherige Pokalsaison der Bayern lief dabei so ungefährdet wie glanzlos. In der ersten Runde setzten sich die Münchner mit 3:1 beim Regionalligisten Energie Cottbus durch, in Runde zwei gab es einen mühevollen 2:1-Auswärtssieg beim VfL Bochum. Das erste Heimspiel wartete im Achtelfinale auf den FCB, als Ligakonkurrent Hoffenheim nach zwischenzeitlichem 3:4-Rückstand am Ende nur knapp mit 3:4 die Heimreise antrat. Im Viertelfinale siegte der Titelverteidiger mit 1:0 beim FC Schalke 04, Joshua Kimmich schoss sein Team damit zum elften Mal in Folge ins Halbfinale des DFB-Pokals. Insgesamt präsentieren sich die Bayern im Pokalwettbewerb treffsicher. In jeder ihrer jüngsten 21 Partien erzielte der FCB mindestens ein Tor.

Trainer

Nach der Trennung von Niko Kovac übernahm der damalige Co-Trainer Hans-Dieter „Hansi“ Flick vorerst als Übergangslösung den Cheftrainerposten. Seitdem haben die Bayern in der Bundesliga 52 von 60 möglichen Zählern geholt. Der entsprechende Punkteschnitt von 2,6 bedeutet für Flick den besten aller aktuellen Bundesligatrainer. Seine Karriere startete der ehemalige Mittelfeldspieler 1982 beim SV Sandhausen, ehe er zwischen 1985 und 1990 bei den Bayern unter Vertrag stand. Den Beginn seiner Trainerlaufbahn machte der 55-Jährige beim damaligen Oberligisten FC Bammental, bevor er von 2000 bis 2006 als Coach der TSG Hoffenheim nach dem Aufstieg in die Regionalliga mehrfach den von Verein anvisierten Sprung in die Zweite Bundesliga verpasste.

Im Anschluss besetzte er die Co-Trainerposten neben Giovanni Trapattoni in Salzburg, Joachim Löw bei der deutschen Nationalmannschaft und später Niko Kovac in München. Zwischenzeitlich war Flick auch Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes. Nun sitzt er bekanntlich wieder als Cheftrainer mit Vertrag bis 2023 auf der Bank und überzeugt mit mutigem und variablem Spielstil sowie intelligenter Menschenführung Spieler, Fans und FCB-Verantwortliche von sich. Dazu gehört auch Oliver Kahn, der Anfang des Jahres seine neue Aufgabe als Sportvorstand antrat.

Taktiktafel

Zunächst kam mit Hansi Flick auch das altbewährte 4-3-3-System zurück zu den Bayern. In den jüngsten drei Ligapartien setzte der 55-Jährige allerdings auf das zuvor praktizierte 4-2-3-1. Die Viererkette, in der Regel bestehend aus Alphonso Davies, David Alaba, Jerome Boateng und Benjamin Pavard, hat sich nach den früh in der Saison eingetretenen Verletzungen von Niklas Süle und Lucas Hernández mittlerweile sehr gut eingespielt. Der Franzose und Weltmeister musste daher zuletzt trotz Wiedergenesung auf der Bank Platz nehmen. Lediglich am 29. Spieltag gegen Düsseldorf durfte Hernández für den gelbgesperrten Boateng einspringen, der seinen Posten am vergangenen Samstag erneut übernahm. Im Mittelfeld vertraut Flick auf Joshua Kimmich und den formstarken Leon Goretzka. Die Offensivreihe bilden Serge Gnabry, Thomas Müller und Kingsley Coman – ganz vorne stürmt Toptorschütze Robert Lewandowski. Weshalb aus dem Luxuskader zuletzt nicht mal für den nach einer dreiwöchigen Verletzungspause wiedergenesenen Thiago Platz in der Startformation war.

Spieler im Fokus: Leon Goretzka

Der 25-jährige Mittelfeldmann spielt derzeit die wohl beständigste Saison seiner Profikarriere. Seine Anfänge machte Goretzka als Jugendlicher beim VfL Bochum, ehe er nach seiner ersten Zweitligasaison zum FC Schalke 04 wechselte. In Gelsenkirchen entwickelte er sich vom Toptalent zum immer noch jungen Leistungsträger und weckte das Interesse des FC Bayern, der ihn 2018 ablösefrei an die Isar lockte. In bisher zwei Spielzeiten beim Rekordmeister kommt der 1,89 Meter große Mittelfeldakteur auf 70 Pflichtspieleinsätze und je 16 Tore wie Assists.

Leon Goretzka hat sich seit seinem Wechsel vom FC Schalke 04 spätestens seit der Coronapause auch beim FC Bayern zum Leistungsträger aufgeschwungen.

Besonders in der aktuellen Spielzeit entdeckt Goretzka seine Torjägerqualitäten: Aufgrund von kleineren Verletzungen stand der wahlweise defensive oder offensive Mittelfeldspieler zwar nur in 20 Ligaspielen auf dem Platz, kommt dabei aber auf beeindruckende 13 Scorerpunkte. Spätestens seit der Coronazwangspause ist der Confed-Cup-Sieger von 2017 zum absoluten Führungsspieler gereift, was nicht von ungefähr kommt. Schließlich hat er die fußballfreie Zeit genutzt, um an seinem Körper zu arbeiten. Ganz offensichtlich wirkt der Olympische Silbermedaillengewinner von 2016 nach dem Restart athletischer und muskulärer. Das zahlt sich aus: In jenen fünf Partien erzielte Goretzka zwei Tore und bereitete drei Treffer vor. Doch nicht nur auf dem Platz sorgt der 25-Jährige derzeit für Furore. Nach dem Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie startete er mit Mannschaftskollege Kimmich die Spendenaktion „WeKickCorona“, an der sich beide Profis mit je 500.000 Euro beteiligten. Diese Aktion fand in der Öffentlichkeit großen Anklang und hatte eine Folgewirkung auf die Profis der Bundesliga. So unterstützten beispielsweise auch Sebastian Rode und Erik Durm die Initiative. Die neben dem Platz gelebte Solidarität wird am Mittwochabend gleichwohl für – mindestens – 90 Minuten ruhen...