Zum Abschluss der rund 40-minütigen Medienrunde hatte Leon Balogun noch selbst eine Frage auf dem Herzen. „Ernsthaft: Wer hier aus der Runde drückt am Mittwoch mir die Daumen“, wollte der Verteidiger des Rangers FC mit einem Schmunzeln auf den Lippen wissen. Die Mehrheit enthielt sich vornehm, das Interesse an den Standpunkten des ehemaligen Bundesligaprofis und finalen Eintracht-Gegners war deswegen nicht weniger groß. Unter anderem sprach der frühere Mainzer über...
...das Endspiel gegen Eintracht Frankfurt: Ich erwarte ein sehr intensives Spiel. Ich möchte nicht die Floskel „Wer will es mehr“ bemühen. Aber es wird eine gewisse Entschlossenheit brauchen. Frankfurt war schon immer eine unangenehme, geschlossene und körperbetonte Truppe, die es zudem versteht, fußballerische Elemente einzubringen, sei es über Konter oder aus dem Ballbesitz heraus. Barca und West Ham haust du nicht einfach so aus dem Wettbewerb. Es wird auch auf ein paar taktische Kniffe ankommen. Das ist meiner Erfahrung nach umso wichtiger, je mehr das Niveau steigt. Ich denke, es wird viele zweite Bälle geben, über die wir den Frankfurtern den Schneid abkaufen möchten. Wir wollen das Spiel für uns entscheiden – komme, was wolle. Ich denke auf jedem Fall, dass das für uns eine machbare Aufgabe ist.
...die Herangehensweise: Unseren Matchplan werde ich natürlich nicht verraten und vorhersagen, wie es Frankfurt angehen wird, kann ich nicht. Es wird sich zeigen, ob sie abwartender beginnen oder gleich das Heft in die Hand nehmen wollen. Ein großer Faktor wird sein, wie wir die Zweikämpfe angehen und wer da die Oberhand behält. Gerade im Mittelfeld warten wichtige Duelle. Tagesform und so weiter spielen ebenso mit rein.
...die Frankfurter Flügel: Die Eintracht ist sehr umschaltstark. Links Kostic und rechts Knauff sind dafür elementar. Kostic kommt über eine große Physis. Das wird ein schönes Match für Tav [James Tavernier; Anm. d. Red.]. Gegen ihn muss sich Kostic erstmal durchsetzen. Es wird auf jeden Fall für beide ein spannendes Duell. Aber wie gesagt sollte man beide Außen bei Frankfurt auf dem Schirm haben wegen ihres Tempos. Sie sind ein wichtiger Bestandteil, wenn die Post abgeht. Tempo ist grundsätzlich ein wichtiger Faktor. Entsprechend sind wir gewappnet.
...Toptorjäger James Tavernier: Er hat einen sehr ausgeprägten Offensivdrang. Ein paar Elfmeter waren bei seinen Toren auch dabei. Ich glaube, er hat vergangene Saison wettbewerbsübergreifend über 20 Tore erzielt. Er ist in jedem Fall ein sehr, sehr offensiv geprägter Außenverteidiger mit einer hohen Boxpräsenz, der dennoch seine Defensivaufgaben nicht vernachlässigt. Er verfügt über sehr viel Energie, ist laufstark und macht die Wege in die Tiefe.
...die Vorbereitung der Rangers: Unser Trainer schaut auf viele Kleinigkeiten und arbeitet sehr detailbedacht in der Trainings- und Spielvorbereitung. Dass wir einen Tag früher als sonst anreisen, könnte mit dem veränderten Klima zusammenhängen. Hauptsächlich aber geht es um die optimale Vorbereitung. Wir haben gewisse Abläufe. Es ist etwas Besonderes, bei einem Finale dabei zu sein. Es hat jedenfalls keiner etwas dagegen, einen Tag mehr hier zu haben. Los ging es am Sonntag mit der Gegneranalyse.
Wenn man 50.000 um sich hat, hat das zum einen eine einschüchternde Wirkung auf den Gegner und zum anderen peitschen sie uns nach vorne. Das hat etwas von einer Urgewalt
Leon Balogun
...die Bedeutung des Endspiels in Glasgow: Der Slogan „Make us dream again“ beschreibt den aktuellen Zustand am besten. Das hört und liest man hier ganz oft, auf den Straßen oder in den sozialen Medien. Alle sind super euphorisch und möchten, wie wir, den Titel gewinnen. Das wäre sensationell und eine ganz große Nummer, gerade im Jahr des 150. Vereinsjubiläums. Für mich als Spieler war das Finale zuletzt aber gedanklich noch in weiter Ferne, weil es in der Liga Schlag auf Schlag ging. Das wird sich demnächst sicher einpendeln, spätestens, wenn wir losfliegen und uns vorbereiten.
...die Rolle der Glasgow-Fans: Der Support unserer Fans hilft enorm, gerade in Europa. Wenn man 50.000 um sich hat, hat das zum einen eine einschüchternde Wirkung auf den Gegner und zum anderen peitschen sie uns nach vorne. Und wenn es nur unterbewusst stattfindet. Das hat etwas von einer Urgewalt. In Sevilla fällt davon etwas weg, aber es wird uns nicht allzu sehr beeinflussen, dass es weniger sind. Grundsätzlich sind sie das Beste, was ich an Fans in meiner Karriere kennengelernt habe. Zugleich ist uns bewusst, dass auch die Eintracht eine gewaltige Fanszene mit sehr viel Wucht hat – für mich eine der stärksten in Deutschland, die mächtig Alarm macht. Das verleiht dem Finale eine umso größere Spannung.
...die persönliche Bedeutung, in einem europäischen Finale zu stehen: Das macht mich stolz, auch wenn ich mich mental erst langsam mit dem Finale beschäftige. Etwas Nervosität kommt wohl erst auf, wenn wir in Sevilla sind und die Kulisse sehen. Die UEFA hat sicher einiges vorbereitet. Meine Gedanken gingen zuletzt eher in die Richtung, wo ich herkomme und ob es früher absehbar war, dass ich irgendwann in solch einem Finale stehe. Manchmal muss ich mich nochmal kneifen, um das zu realisieren.
...seinen Gesundheitszustand: Die Verletzung war eigentlich nicht schlimm, nur eine muskuläre Geschichte, die sich aber gezogen hat. Das war sehr ärgerlich, weil ich bis dahin fast immer gespielt habe und dann den Rhythmus verloren habe. Es hat etwas gedauert, um dann wieder die 100-prozentige Fitness aufzubauen. Grundsätzlich bin ich zufrieden, wie die Saison gelaufen ist. Ich hatte mehr Einsätze als in der Spielzeit zuvor. In Glasgow weiß jeder, wie wohl ich mich fühle und wie viel Spaß mir der Verein bereitet, den ich ins Herz geschlossen habe.