18.12.2023
Europapokal

Union Saint-Gilloise im Portrait

Von Pacho besiegt, die Reds bezwungen, unter einem Stuttgarter Trainer Tabellenführer und einen Frankfurter Jungen in den eigenen Reihen: Der fünfte UECL-Gegner in fünf Punkten.

Royale Union Saint-Gilloise heißt der fünfte Gegner der Eintracht in der laufenden Saison der UEFA Europa Conference League. Nachdem Frankfurt in den Play-offs gegen Sofia aus Bulgarien, Aberdeen aus Schottland, Thessaloniki aus Griechenland und Helsinki aus Finnland angetreten ist, bekommen es die Hessen im Knockout Round Play-off, wie die Zwischenrunde im UEFA-Jargon auch heißt, erstmals mit einem Vertreter aus einem Nachbarland zu tun. In Belgien ist Union Saint Gilloise aktuell eine der größeren Nummern.

Vergangenheit: Rekordverdächtig

Die glorreichsten Zeiten erlebte der Fußballverein, einer der ältesten noch existierenden im Königreich, vor über einem Jahrhundert. Zwischen 1933 und 1935 blieben die Blau-Gelben 60 Spiele am Stück ungeschlagen; ein Rekord, der in Belgien bis heute gehalten hat. Gleichzeitig holte Royale bis Mitte der Dreißigerjahre elf Meisterschaften, danach keine einzige mehr.

Entwicklung: Verheißungsvoll

Mittlerweile scheint sich Union SG berappelt zu haben. Nach neun Jahren Zweiklassigkeit und dem Aufstieg 2021 schnitten die Belgier die Hauptsaison 2022/23 als Tabellenzweiter ab, hatten in der Endrunde um die Meisterschaft aber nur ein leises Wörtchen mitzureden. Im nationalen Pokal war erst im Halbfinale nach Elfmeterschießen gegen den späteren Doublegewinner Royal Antwerp FC um den heutigen Adlerträger Willian Pacho Schluss.

Und in der UEFA Europa League kämpfte sich der Klub aus dem Großraum Brüssel bis ins Viertelfinale vor. Die Gruppenphase beschloss Royale als Erster vor Union Berlin, das den Umweg über die Play-offs meisterte, sodass es im Achtelfinale per Los zum schnellen Wiedersehen des Union-Doppels kam – mit dem besseren Ende für Saint-Gilloise (3:3, 3:0). In der Runde der letzten Acht wartete abermals ein Bundesligist, Bayer 04 Leverkusen behielt mit 1:1 und 4:1 in Summe die Oberhand.

Vielleicht mehr als ein Randaspekt für eingefleischte Eintrachtler: Dass Union überhaupt in der Europa League an den Start ging, war der verlorenen Champions-League-Quali geschuldet. Gegner im Play-off im Sommer 2022: Der Rangers FC, wenige Monate zuvor im Europa-League-Finale der SGE unterlegen.

Gegenwart: Spitze

Zu Saisonbeginn hielt sich das Team um den neuen Trainer Alexander Blessin in der Qualifikation für die Hauptrunde der Europa League schadlos und besiegte den FC Lugano 2:0 und 1:0. In Gruppe E machten dann der Liverpool FC und der FC Toulouse das Weiterkommen klar, Saint-Gilloise sicherte Rang drei und besiegte am letzten Spieltag die Reds daheim mit 2:1.

Die Paarungen in der Zwischenrunde der UEFA Europa Conference League im Überblick.

Drei Punkte sind gerade auf nationalem Tableau die Regel. Mit 44 Zählern ist USG die Tabellenspitze vor der Winterpause nicht mehr zu nehmen.

Der Trainer: Vom Ausbilder zum Meisterschaftsanwärter

Royale Leistungsträger: USG-Coach Alexander Blessin mit Toptorjäger Mohamed Amoura.

Vater des Erfolgs ist der im Sommer verpflichtete Alexander Blessin, der seither im Schnitt 2,29 Punkte pro Partie holte. Der gebürtige Stuttgarter ist in Deutschland kein Unbekannter, verdiente sich die meisten Meriten im Nachwuchsbereich von Leipzig. 2020 folgte die erste Proficheftrainerstation beim KV Oostende in Belgien. Nach einem einjährigen Intermezzo 2022 in Genua scheint der 50-Jährige nun in Saint-Gilles sein sportliches Glück gefunden zu haben.

Der Frankfurter: Anfield statt Alzenau

Einen bemerkenswerten Werdegang hat auch Henok Teklab genommen. Noch in der Vorsaison bastelte der flinke Dribbler mit Preußen Münster am Aufstieg von der Regionalliga in die Dritte Liga. Nachdem dieser gelang, ergriff der nun 25-Jährige die Chance beim Schopfe und unterschrieb bei Royale Union Saint-Gilloise einen Vierjahresvertrag und übersprang so gesehen drei Ligen in einer Transferperiode. Wettbewerbsübergreifend zehn Einsätze stehen bis dato zu Buche, auch beim Gastspiel an der Anfield Road stand Teklab im Kader.

Geboren ist der Außenstürmer übrigens in Frankfurt am Main. Über Rot-Weiss Frankfurt, Schwanheim, Hessen Dreieich, Ginsheim, Alzenau nach Münster – und am 22. Februar möglicherweise die eintägige Rückkehr ins Herzen von Europa. So schnell kann’s gehen.