09.12.2012
Aktuelles

"Veni-vidi-vici": Flutlicht! Oder Freitagabend gegen Werder Bremen in einer Schweinekälte

Unter dem Begriff \"Fan-Historien\" verbirgt sich eine Beitragsserie des Eintracht-Forums. In mehr als 50 Berichten schilderten User persönliche Erlebnisse, die sie mit der Diva vom Main verbinden.

Wir bereiten diese Serie für das Stadionmagazin neu auf. Unser Gastautor ist diesmal Dennis (Nickname: "Veni-vidi-vici"), der das Forum schon seit über fünf Jahren regelmäßig mit Beiträgen bereichert. Den hier abgedruckten Text verfasste er vor fast vier Jahren. Herzlichen Dank dafür und viel Spaß beim Lesen!

Die Eintracht stieg im Jahr 1998 nach zwei Jahren wieder in die erste Liga auf. Das entscheidende Spiel gegen Mainz 05 lief an einem Montagabend im DSF. Es war nicht das erste Eintracht-Spiel, was ich gesehen habe. Meiner Erinnerung nach habe ich im DSF auch mal ein Eintracht-Spiel Montagsabends gegen Energie Cottbus gesehen. Aber zurück zum 25.Mai 1998.

Die Montagspiele begannen damals etwas früher als heute. Ich glaube, sie wurden um 19:45 Uhr angepfiffen. Frankfurt ging durch Tore von Weber und Westerthaler relativ schnell 2:0 in Führung, ehe Mainz 05 innerhalb von ein paar Minuten Mitte der zweiten Halbzeit der Anschlusstreffer und das Ausgleichstor gelang. Der Rest war eine Abwehrschlacht. Kurz vor Abpfiff kam dann der Platzsturm. (Gab es damals eigentlich ein größeres Polizeiaufgebot im Innenraum?) Wenig später war vor dem Fernseher deutlich zu hören, wie dieser FFH-"Aufstiegssong" im Stadion gespielt wurde. Damals fand ich ihn genial, heute finde ich ihn zum fremdschämen (hab ihn mir vor ein paar Wochen wieder angehört...). Das war mein erstes Eintracht-Spiel, welches ich komplett gesehen habe. Komplett bedeutet 90 Minuten.

Zeitreise ein Jahr zurück...

Die Eintracht hatte im Jahr 1997 in Bad Homburg an der Sandelmühle ein Freundschaftsspiel gegen eine Hochtaunusauswahl. Ich, mein Vater und meine Schwester gingen hin. Ältere bzw. Ortskundige werden sich erinnern, dass die Sandelmühle nicht unbedingt ein moderner Sportplatz war. Die erkauften Glanzzeiten der SpVgg lagen schon eine Zeit zurück, und der Sportplatz mitten in Bad Homburg hatte kein Flutlicht, zumindest kein funktionierendes Flutlicht. Also war mein erstes Eintracht-Spiel an einem August-Abend nach 60 Minuten beendet. Das nächste Freundschaftsspiel war gegen den FSV Frankfurt auf dem Bornheimer Hang. Mein Vater und ich gingen hin. Ich war an diesem Tag nicht gut drauf bzw. war nicht in Fußballlaune. Das Spiel war unwichtig. Wichtig war aber, wie zwei Menschlein versucht haben, eine umgestürzte Werbebande wieder aufzurichten, und gnadenlos gescheitert sind. Wir sind dann zur 80. Minute gegangen. Deswegen zähle ich den Kick nicht als volles Eintracht-Spiel.

Zurück ins Jahr 1998 – November

Nach etwas holprigem Start war die Eintracht in die Siegesspur zurückgekehrt. Nach einem Sieg gegen Freiburg hörte ich den Sieg gegen den HSV (ja, wir haben auch gegen die gewonnen!) im Radio während eines Fußballturniers in der Halle, an welchem ich als Nummer 5 mitgewirkt habe. Frankfurt war nun schon seit vier Spielen ungeschlagen. In meinen Kopf kam langsam die Idee auf, zum nächsten Heimspiel zu gehen. Mein Vater holte am nächsten Montag für mich, meine Schwester und für sich selbst Karten zum nächsten Bundesliga-Heimspiel gegen Werder Bremen, welches am folgenden Freitag stattfinden sollte. Die Plätze waren auf der Gegentribüne, Unterrang (mehr zur Ostkurve hin). Die Woche verging. Am Mittwoch hatte meine Mutter gelesen, dass es am Donnerstag/Freitag einen Kältesturz geben sollte. Deswegen hat sie für uns drei Sitzkissen aus irgend so einem Chemie-Stoff gekauft. Ich in meinen kindlichen Wahnsinn: "Die brauche ich nicht!" Aber ich stimmte zu, dass mein Vater mein Kissen trotzdem mitnahm.

Dann war es soweit…

Es war Freitag. Es war Heimspiel. Es war mein erstes im Waldstadion. Es war zu Gast: Werder Bremen. Es war Kalt. Es war SCHWEINEKALT!
Wir parkten am besagten Tag auf dem Waldparkplatz. Mein Vater regte sich über die teuren Parkscheine auf. Ich glaube, ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass die im Vergleich zu heute billig waren. Nach einem Stopp an einer Imbissbude ging es dann über die Brücke hin zum Stadion. Eintrittskarte vorgezeigt, ein Stück abgerissen (was vermisse ich das... Ich kann mich mit den Chipkarten nicht anfreunden – mein Vater übrigens auch nicht, das ist aber eine andere Geschichte), und ab aufs Stadiongelände. Erst einmal sind wir rund ums Stadion gelaufen. Überall waren Imbissbuden, was heute unvorstellbar ist! Aramark sei Dank... Dann geht es auf die Treppe hoch zur Gegengeraden (welche ich auch vermisse...) und dann sehe ich zum ersten Mal das Waldstadion von innen.
Dieser schöne Stadionduft, dieses unverwechselbare Etwas an dem Stadion hängt mir noch heute nach. Ich, mein Vater und meine Schwester begeben uns zu den Plätzen. Nach einigen Minuten (wir waren früh im Stadion) auf den schönen, alten Holzbänken, welche ich am meisten vermisse („schnief“), setzte ich mich freiwillig auf ein Kissen. Meine Begleiter hatten vorher schon Selbiges getan. Mir wurden währenddessen von meinem Vater alte Geschichten von Stadionbesuchen erzählt, und meine Schwester machte das, was sie immer im alten Stadion machte: Sie zählte Flugzeuge und nannte den Typ. Vor uns saß ein älterer Herr mit einer Wildlederjacke, welcher die ganze Zeit über Hotte, Zampach, Weber, diesen neuen Norweger und überhaupt über den gesamten Verein meckerte. Wenn ich heute im UE (Unterforum „Unsere Eintracht“, Anm. d. Red.) einen normalen Troll sehe (Anmelden, Wut rausschreien, Abmelden), muss ich immer an diesen Herrn denken.

An das Spiel kann ich mich soweit erinnern, dass die Eintracht die gesamte Partie über die Kontrolle über das Spiel hatte, allerdings ohne entscheidende Torchancen herausspielen zu können. Dies rächte sich kurz nach der Halbzeit, als die Bremer ihre einzigen beiden Torchancen verwerteten. Die SGE verlor also das Spiel gegen den Tabellenletzten Bremen mit 0:2. (Falls mich jemand berichtigen möchte, nur zu!). Es war, glaube ich, sogar das letzte Heimspiel von Hotte als Eintracht-Trainer (bin mir aber unsicher...).

Die Rückfahrt ging ohne Probleme von statten, und ich konnte spätabends trotz der Niederlage zufrieden ins Bett fallen mit dem Gefühl, dass der Eintracht-Virus endgültig von mir Besitz ergriffen hat.

1000 Dank für Deine detailreichen Erinnerungen, Dennis. Eine kleine Anmerkung: Dein Zweifel trügt Dich nicht. Hotte war nach der Niederlage gegen Bremen noch zwei Spiele lang Cheftrainer der SGE – er musste erst nach der Heimniederlage gegen Schalke Anfang Dezember 1998 seinen Plastikstuhl räumen. Das mussten wir aber selbst nachschlagen, und taten dies natürlich auf Franks hervorragender Seite (www.eintracht-archiv.de). Übrigens: Hottes legendärer Plastikstuhl ist im Eintracht Frankfurt Museum zu besichtigen (www.eintracht-frankfurt-museum.de).