21.02.2025
Eintracht

„Viel mehr Zeit mit der Family“

Sebastian Rode genießt das Leben nach der Karriere genauso wie die Eintracht-Spiele als Zuschauer, beschreibt die Fortschritte des Teams, sieht Chancen in München und vergleicht Kompany und Guardiola.

Seppl, wie ist es dir in den ersten neun Monaten seit dem Karriereende ergangen?
Die Reise nach Neuseeland war etwas ganz Besonderes, vor allem mit der ganzen Familie. In Belgrad habe ich mein Ziel verwirklicht, das Basketballderby zwischen Partizan und Roter Stern zu sehen. Es war ein Spektakel. Sportlich zwar nicht ganz so schön anzuschauen, aber das Drumherum ist schon etwas wert und ansehnlich.

Bevor am Sonntag das Topspiel bei den Bayern ansteht, jährt sich am Samstag das Europapokalaus gegen Saint-Gilloise – verbunden mit deiner Verletzung und dem Kampf um das erfolgreiche Comeback im Saisonfinale. Wie blickst du mit etwas Abstand auf jene Monate?
Das Ausscheiden gegen Saint-Gilloise hatte mich schon hart getroffen in dem Bewusstsein, dass es für mich das letzte internationale Spiel war nach den vielen schönen Erlebnissen mit der Eintracht in den Jahren zuvor, gerade international. Dann war es nochmal hart, zurückzukommen. Es war wirklich eine Punktlandung, dass ich nochmal ein paar Minuten auflaufen konnte. Im Nachhinein würde ich die OP nicht mehr machen.

Vor dem Interview mit der Redaktion war Sebastian Rode am Donnerstag zu Gast im EintrachtTV-Studio. Im Spieltagsmagazin „Im Herzen von Europa“ spricht der 34-Jährige unter anderem über die besondere Kaderstruktur der Bayern, sein Verhältnis zu Joshua Kimmich, den möglichen Ausfall von Harry Kane, das Meisterrennen in der Bundesliga, die neue Nummer 17 Elye Wahi, den Jugendstil der Eintracht und den Traum von der Kreisliga.

Das heißt, ohne Operation wäre der Plan einfacher umzusetzen gewesen?
Ohne hätte es garantiert funktioniert. Doch wir haben uns aus gesundheitlichen Gründen für diesen Schritt entschieden, um die Probleme zu beheben. Das hat es zwar, aber dadurch sind andere Probleme aufgetreten, die ich aktuell auch im Alltag und im normalen Gehen spüre. Es pendelt sich ein bisschen ein, sodass ich besser damit klarkomme. Aber es könnte noch besser werden.

Kaum vorstellbar, dass ein Energiebündel wie du ohne Sport auskommt – was ist möglich?
Tatsächlich Sportarten, die einem gar nicht sofort in den Sinn kommen: Padel-Tennis oder Skifahren, das erstaunlicherweise relativ gut funktioniert. Normales Joggen macht momentan keinen Sinn, auch längere Wanderungen fallen mir schwer. Aber der Rest ist soweit okay.

Deinen endgültigen Ausstand hattest du im Rahmen von „Eintracht in der Region“ gegen deinen Kindheitsklub FC Alsbach gegeben – hat Karl-Heinz Körbel schon wegen der Tradi angeklopft?
Nicht nur ein Mal (lacht). Charly kam immer wieder auf mich zu, auch während meiner aktiven Karriere. Ich bin dafür auch absolut offen, hoffe, dass das Knie noch besser wird und ich irgendwann für die Traditionsmannschaft auflaufen kann.

Wie sehr vermisst du den Profifußball?
Manche Aspekte natürlich sehr. Er war die letzten 15 Jahre mein Leben. Angefangen in der Kabine, dann ins volle Stadion einzulaufen, dieses Adrenalin und Feeling zu haben. Ich vermisse es, mit den Fans zu interagieren. Auf der anderen Seite gibt es viele schöne Aspekte: mal in den Urlaub fahren zu können, wann man will, war mein ganzes Leben noch nicht wirklich möglich. Und generell viel mehr Zeit mit der Family zu verbringen. Das gehört zu den positiven Dingen nach der Karriere.

Ich kann die Spiele im Stadion sehr genießen.

Sebastian Rode

Welchen Eindruck hast du von der aktuellen Mannschaft?
Es macht sehr viel Spaß, sie spielen zu sehen. Die Jungs, die kamen, sind alle lernwillig, laufstark und auch fußballerisch begabt. Das zeigen sie mittlerweile fast Woche für Woche. Ich kann die Spiele im Stadion sehr genießen.

Wo hat die Mannschaft in dieser Saison den größten Schritt gemacht?
Meiner Meinung nach darin, die eigenen Chancen auszunutzen, aber auch in den entscheidenden Momenten kein Gegentor zu kassieren. Sie stehen normalerweise unglaublich stabil hinten. Dazu tragen auch Transfers wie Theate und Kristensen bei. Und Brown, der eine unglaubliche Entwicklung genommen hat. Vorne hat man das Gefühl: egal, wie rotiert wird, es funktioniert.

Es gibt Stimmen, die sagen: Højlund wird der neue Rode. Treffend?
Ich habe von Timmy erfahren, dass er im Training sehr ungestüm reingeht. Das erinnert mich an mich (lacht). Von der Haarfarbe her hat auch der eine oder andere gesagt, dass das passt. Er hat nach seiner langen Verletzung erstmal reinfinden müssen und bringt etwas Wildes mit, ackert, haut sich rein. Das gefällt mir gut. Ich finde es gut, dass Markus Krösche immer wieder so junge und hungrige Leute findet, die gewillt sind, dazu zu lernen. Dazu zählt sicher Oscar Højlund, aber auch Hugo Larsson.

Mit ihm und Ellyes Skhiri, wenn wir mal die Vielspieler auf der Sechs nehmen, hast du selbst zusammengespielt. Wie bewertest du deren Einfluss auf das Spiel?

Sebastian Rode lobt Hugo Larsson (links) in den höchsten Tönen.

Bei Hugo hat man direkt in den ersten Trainingseinheiten gesehen, welches Potential er besitzt, welche Übersicht und Reife er für sein Alter hat; gepaart mit seinem Laufvermögen sind das unglaubliche Anlagen. In diesem Jahr ist er – nach einem kleinen Durchhänger in der Rückrunde – wieder voll drin und berechtigterweise absolut gesetzt. Das gleiche gilt für Ellyes, der auch eine etwas schwierigere Phase hinter sich hat: Unglaubliche Ruhe am Ball, was die Kilometerzahl angeht, haben wahrscheinlich wenige mehr in der Bundesliga. Er läuft unglaublich viel und dadurch Räume zu, was dem Spiel der Eintracht enorme Qualität verleiht.

Andere Nachfolger sind auch in der Kapitänsfrage gefunden: Kevin Trapp und als seine Stellvertreter Robin Koch und Mario Götze. Gute Wahl?
Für mich ist das die absolut logische Wahl. Kevin ist lange im Verein und besitzt einen Riesenstellenwert für die Mannschaft und den Verein. Robin Koch ist deutscher Nationalspieler, Mario Götze spricht für sich mit seinem Namen und Standing.

Makoto Hasebe ist U21-Co-Trainer, Alex Meier wird zum U19-Cheftrainer befördert, Pirmin Schwegler kehrte als Leiter Profifußball zurück, Marco Russ arbeitet für die Analyse, Bastian Oczipka macht ein Trainee … wann sehen wir dich in offizieller Funktion?
Es freut mich ungemein, dass sie in welcher Form auch immer im Verein eingebunden sind, alle sind charakterlich super Typen, die der Eintracht gut zu Gesicht stehen. Ich für meinen Teil genieße momentan die Zeit mit der Familie und die Möglichkeit, zu reisen und flexibel zu sein, bevor die Kids in die Schule kommen. Ich halte die Augen offen und könnte mir vorstellen, dass es einen Weg zurück gibt.

Gibt es generell eine Rolle im Fußball, die dich reizen würde?
Das bleibt für mich ein spannendes Thema. Ich bin noch auf der Suche und habe mich noch nicht festgelegt, ob es in Richtung Trainer, operative Funktion oder etwas ganz anderes im Rahmen des Profigeschäfts geht. Ich bin da entspannt und blicke in alle Richtungen.

Was hatte es mit dem Fernstudiengang der Uni St. Gallen auf sich?
Es ging darum, sich weiterzubilden für die Karriere nach dem Fußball. Ich habe unglaublich interessante Menschen kennengelernt, wir hatten super Referenten und Dozenten. Ich konnte sehr viel mitnehmen, es hat mega Spaß gemacht. Der eine oder andere Ex-Profi war auch dabei. Etwa Felix Wiedwald, Lukas Schmitz und Nils Petersen.

In diesem Rahmen wart ihr auch in der Allianz Arena – bist du auch am Sonntag dort?
Richtig, wir hatten eine Vorlesung im Eventbereich, das war gerade für diejenigen, die nicht aus dem aktiven Sport kamen, ein schönes Erlebnis. Auch ich habe das Stadion mal von einer anderen Seite gesehen, wir haben eine Führung bekommen. Beim Spiel werde ich aber nicht sein, weil wir den Geburtstag meiner Tochter feiern.

Der Erste empfängt den Dritten, wie schätzt du die Chancen der Eintracht ein?
Am Ende braucht man in München immer auch das Quäntchen Glück. Ein guter Tag von Trappo, vorne die Chancen nutzen – ich traue der Eintracht einen Sieg zu. Die Bayern sind momentan in einer Phase, in der es nicht völlig rund läuft. Ich bin gespannt, ob am Sonntag deren Erfahrung den Ausschlag gibt oder die Einsatz- und Laufbereitschaft der Eintracht.

Welche Rolle spielt die Doppelbelastung in der Champions League unter der Woche?
Eigentlich macht es einer Mannschaft wie den Bayern nichts aus, alle drei oder vier Tage zu spielen. Ich glaube, das merkt man als Spieler erst, wenn es nicht so gut läuft. Gerade nach Spielen wie gegen Leverkusen, in denen du nur hinterher gelaufen bist, und gegen Celtic, als du auch nicht so überzeugt hast, wie du es eigentlich gewohnt bist im eigenen Stadion. Wenn die Eintracht gut dagegenhält, wird der eine oder andere Pfiff in München kommen, da bin ich sicher.

Du hast es angesprochen: Trotz 25 Siegen in 35 Pflichtspielen, Platz eins, Champions-League-Achtelfinale und einem der besten Punkteschnitte aller Zeiten scheint an der Säbener Straße nicht immer heile Welt zu herrschen. Wie würdest du die Gemengelage aus eigener Erfahrung beschreiben?
Ich musste tatsächlich auch zwei Mal hinsehen, als ich das mit dem Punkteschnitt gelesen habe. Aber Punkte sind in München nicht alles. Es geht auch um die Art und Weise. Und die war nicht immer so überzeugend, wie es die Bayern gewohnt sind.

Vom Punkteschnitt zum Trainer: Vincent Kompany war Kapitän unter Pep Guardiola, auch du hast drei Jahre unter ihm gespielt. Erkennst du Parallelen oder entscheidende Unterschiede?
Ich finde, man sieht, dass Vincent unter Pep gearbeitet hat, in der Art und Weise, wie er spielen lassen möchte. Den entscheidenden Unterschied sehe ich darin, dass er brutal Mann gegen Mann über das ganze Spielfeld verteidigen lässt. Das ist wirklich extrem ausgeprägt und war erst am Dienstag gegen Celtic zu sehen, als sie hinten drei gegen drei stehen und die Innenverteidiger nochmal rausschieben. Aber was das Gegenpressing und die Positionierung der Spieler angeht, ähneln sich Kompany und Guardiola.

Was traust du der Eintracht in dieser Saison zu und unter welchen Umständen?
Die Qualifikation für die Champions League über die Liga halte ich für möglich. Dafür kommt es darauf an, vor allem die Spiele gegen die hinteren Mannschaften weiter zu gewinnen und die Duelle mit Stuttgart und Leipzig zumindest nicht zu verlieren.

Welche Pläne verfolgst du in nächster Zeit?
Am Samstag bin ich zum ersten Mal beim Ball des Sports. Es wird sehr spannend, da ich sehr sportaffin bin, andere Sportler kennenzulernen. Die größeren Reisen stehen im Sommer an. Geplant ist ein Monat Brasilien. Generell viele kleinere Projekte und Reisen, mir wird nicht langweilig.