Ausgangssituation
„Der Schlüssel ist: Intensität. Mentalität. Power. Emotionen. Leidenschaft! Dann ist es brutal schwer, gegen uns zu spielen.“ Kundgetan von Dino Toppmöller, keine 18 Stunden nach dem 4:1-Erfolg in der UEFA Europa League gegen den AFC Ajax. Es wirkte wie ein Plädoyer, wie im Spiel auch in der Rückrunde nicht locker zu lassen, um den Traum von Amsterdam nicht wie nach dem Hinspiel zu trüben, als Frankfurt eine 1:0-Pausenführung gegen den 1. FC Union und am 25. Spieltag Platz drei aus der Hand gab.
Über Saisonziele wollte Eintracht-Cheftrainer Toppmöller auf der Pressekonferenz weder international noch national fabulieren, sondern an die gemeinsame Weiterentwicklung appellieren: „Wir haben bis jetzt mit dieser jungen Mannschaft viele Dinge richtig gut gemacht, können aber auch einige Dinge noch besser machen; etwa indem wir schnell lernen, dieselben Fehler nicht zu wiederholen. Dann stehen uns alle Türen offen.“
Gegen eine dieser Türen möchte am Sonntag ab 15.30 Uhr im Vonovia Ruhrstadion der VfL Bochum drücken, der sich seit der Amtsübernahme von Dieter Hecking und speziell nach dem Jahreswechsel in aufsteigender Form präsentiert, die lange innehabende Rote Laterne abgegeben hat und am Wochenende rechnerisch auf Platz 15 springen könnte.
Rückblick: Gibt es nicht
VfL-Trainer Hecking wollte dabei dem 3:2-Coup am vergangenen Samstag in München ebenso wenig Bedeutung beimessen wie der 2:7-Niederlage unter Interimsvorgänger Markus Feldhoff am neunten Spieltag im Deutsche Bank Park. „Wir müssen uns auf das fokussieren, was vor uns liegt. Dafür gibt es keinen Blick in den Rückspiegel. Wir holen keinen Punkt mehr, wenn wir glauben: wir haben gegen die Bayern gewonnen, also werden wir auch gegen Frankfurt ebenso auch mal drei Punkte holen. Das wird eine Hammeraufgabe, die es zu lösen gilt“, so der als Feuerwehrmann verpflichtete gelernte Polizeimeister. Rückblick: Gibt es nicht.
Hexenkessel Ruhrstadion
Eine weit höhere Bedeutung messen beide Fußballlehrer der Spielstätte bei. Hecking, geboren in Castrop-Rauxel, beschwört: „Ich brauche das ganze Stadion am Sonntag, damit wir ein Erfolgserlebnis haben.“ SGE-Pendant Toppmöller, der als Spieler selbst mit Bochum in die Bundesliga aufstieg, anschließend zur Eintracht wechselte, um nochmals ins Oberhaus zurückzukehren, erkennt an: „Das Stadion an der Castroper ist etwas Besonderes. Das Publikum feiert jede gelungene Aktion. Was ich persönlich sehr gut finde, weil der Verein diese Unterstützung braucht, um die Ziele zu erreichen. Wir sollten uns einfach auf das Spiel freuen. Denn Zweikämpfe und Intensität gehören immer dazu. Es muss auch mal wehtun, das müssen wir aushalten können.“
Hart, aber nicht unfair
Zahlen unterfüttern den Ruf vom Arbeiterverein aus dem Ruhrgebiet: 2582 Zweikämpfe sind die zweitmeisten hinter Stuttgart, 674 gewonnene Kopfballduelle ebenso ligaweiter Spitzenwert wie die 342 begangenen Fouls. 52 Gelbe Karten lesen sich dagegen trotzdem vergleichsweise harmlos, sechs Klubs sahen mehr.
Dass die Hessen gewarnt sein müssen, verrät ein Blick auf die Saisonbilanz gegen die Klubs mit den zweit- und drittmeisten Vergehen: Gegen Union Berlin (311 Fouls) holten die Adler einen Punkt aus zwei Duellen, gegen den neuen Dritten Mainz 05 (304) unterlag die Eintracht vor der Winterpause mit 1:3.
Vertikale Chance
Zu was der Europa-League-Viertelfinalist nichtsdestotrotz imstande ist, wenn zuerst die Basics stimmen, belegt nicht allein die mit 51 Toren drittstärkste Offensive der deutschen Beletage, sondern auch die 54 sogenannten Vertikalangriffe sowie sieben daraus entstandene Tore. Beide sind Ligahöchstwert und Mitte März nicht mehr als Momentaufnahme zu sehen. Bochum ließ umgekehrt in beiden Kategorien am meisten zu.
Passendes Personal, ob Zufall oder nicht, machte insbesondere gegen Ajax auf sich aufmerksam. Ansgar Knauff rechts und Jean-Mattéo Bahoya links in der offensiven Dreierreihe des wieder zum Leben erweckten 4-2-3-1. „Links sind wir etwas filigraner unterwegs, rechts haben wir die absolute Durchschlagskraft“, skizzierte Toppmöller auf Nachfrage und holte dabei die Außenverteidiger Nathaniel Brown und Rasmus Kristensen mit ins Boot. Bahoya und Knauff attestierte er, den anderen Außenstürmern derzeit ein Stück voraus zu sein, ohne sich taktisch in die Karten blicken zu lassen. Zumindest in der Hinrunde hat die Besetzung gleichwohl Früchte getragen, da beackerten Knauff und Bahoya die Außen – jede andere Parallele würde vier Monate später aber hinken. In diesem Sinne: Mit Intensität, Mentalität, Power, Emotionen, Leidenschaft – und drei Punkten – in die Länderspielpause.