15.02.2019
UEFA Europa League

Vorteilhaftes Remis

Nicht alle waren mit dem 2:2 zufrieden. Doch genau genommen ist die Ausgangslage vor dem Rückspiel fast beneidenswert: zwei Auswärtstore, Heimvorteil und ein doppelt dezimiertes Donetsk.

„Wenn wir 80 Minuten in Überzahl spielen und zwischenzeitlich 2:1 führen, hätten wir es ein bisschen cleverer spielen müssen“, brachte Martin Hinteregger den Zwiespalt von Charkiw treffend auf den Punkt. Andererseits ist der Österreicher erfahren genug, um zu wissen, dass es für ein Rückspiel wesentlich ungünstigere Konstellationen geben kann. Im Februar 2012 war der Innenverteidiger mit Salzburg und einer 0:4-Hypothek in die Ostukraine gereist, um bei Metalist Charkiw auch im Rückspiel der UEFA Europa League-Zwischenrunde mit 1:4 zu verlieren. Schütze des 1:0 seinerzeit: Der Kapitän Hinteregger mit einem Eigentor.

Ziemlich genau sieben Jahre später trifft der Winterneuzugang auf der richtigen Seite, noch dazu auf Vorarbeit der zweiten Januar-Verstärkung, Freistoßschütze Sebastian Rode. Es spricht für den 26-Jährigen, dass er sich dennoch von Fehlern nicht freispricht, etwa „beim Gegentor zum 2:2 und bei der einen oder anderen Chance. Shakhtar hat aus zwei Gelegenheiten zwei Tore gemacht, eiskalt.“ Diese Coolness ging den Adlern in vielen Situationen ab. Am Ende 21:5 Torschüsse pro Eintracht sprechen in Bezug auf den Endstand eine eindeutige Sprache. Umso unbeirrbarer zeigte sich auf der anderen Seite Schlussmann Kevin Trapp, der lange beschäftigungslos im Wortsinn festzufrieren drohte. Doch als der Schlussmann gefragt war, war er blitzschnell zur Stelle, hatte sogar beim Elfmeter zum 1:1 noch die Hände am offenbar glitschigen Leder.

Brenzliger Kaltstart

Überhaupt war die Anfangsphase nicht unbedingt das, was viele Zuschauer als vorsichtiges Abtasten bezeichnen würden. Neben zwei Toren und einem Strafstoß entschied sich Schiedsrichter Anthony Taylor bereits nach zehn Minuten zu einer Ampelkarte gegen Taras Stepanenko. Eine harte, aber alles andere als unberechtigte Maßnahme des englischen Referees. Da in der zweiten Halbzeit zudem Innenverteidiger Serhiy Kryvtsov die dritte Gelbe Karte sah und damit in Frankfurt ebenfalls gesperrt sein wird, fehlt den seit Dezember spielfreien Ukrainern mit Taktgeber Stepanenko, Innenverteidiger Kryvtsov sowie dem Ende Januar an Zenit St. Petersburg verkauften Yaroslav Rakytskyi gewissermaßen ein komplettes Abwehrdreieck.

Ob dagegen im Stadtwald wieder drei statt zwei Angreifer, Mijat Gacinovic begann für Sébastien Haller, auflaufen werden, sei erstmal dahingestellt. Viel erfreulicher ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass mit Filip Kostic nach der Pause ein zweiter Akteur, der nicht nominell in vorderster Front aufläuft, einnetzte. Weil es die Hessen hinterher versäumten, den Sack zuzumachen, war nicht nur Adi Hütter hin- und hergerissen: „Wir sind hierhergekommen, um uns für das Rückspiel eine gute Ausgangssituation zu erarbeiten. Das ist uns mit zwei Auswärtstoren gelungen. Aber ich ärgere mich ein bisschen über das Ergebnis.“

Hexenkessel als Faustpfand

Auf der anderen Seite haben die Frankfurter Spieler selbst schon den Spieß umgedreht, als sie in Unterzahl bei Olympique Marseille gewonnen haben. Im Herbst 2018 gezwungenermaßen zum ersten und einzigen Mal ohne Unterstützung von den Rängen. Das wird in einer Woche anders sein, und das war bereits in 2.000 Kilometern Entfernung anders, als mindestens 3.000 mitgereiste Fans in Charkiw einmal mehr eine Frankfurter Bastion heraufbeschworen. „Die Fans waren heute super“, lobte auch Sportdirektor Bruno Hübner. Auf dieser Basis sieht auch Mijat Gacinovic „gute Chancen, vor unseren eigenen Fans den Einzug in die nächste Runde klar zu machen.“ Hinteregger, Schütze eines der wichtigen Auswärtstore pflichtete ihm bei: „Jetzt haben wir gute Chancen, die nächste Runde zu erreichen. Wir wissen, dass wir Chancen kriegen werden. Mit dem vollen Haus im Rücken haben wir sehr gute Unterstützung.“ Oder wie es Cheftrainer Adi Hütter, der mit Young Boys Bern bereits ein Elfmeterschießen gegen Shakhtar überstand, formulierte: „Wir werden in einer Woche sehen, was dieses Unentschieden wert ist.“