02.05.1998
Aktuelles

Weber kündigt und ist ein Thema für Rehhagel

In der kommenden Saison weiter gemeinsam am Ball?

Kapitän Ralf Weber und Trainer Horst Ehrmantraut.

FRANKFURT. Bleibt Ralf Weber, oder

geht er? Während die Eintracht in der ver-

gangenen Woche die Personalplanungen

für die kommende Saison mit Hochdruck

vorangetrieben hat, blieb die drängendste

aller Fragen bislang unbeantwortet. Ur-

sprünglich hatte sich der Spielführer, für

viele die Seele der Frankfurter Mann-

schaft, bis Ende März festlegen wollen,

welchem Klub er das Jawort für die näch-

ste Saison gibt. Aus Ende März ist Anfang

Mai geworden, und noch immer weiß nie-

mand, ob die Eintracht und ihr Muster-

profi eine gemeinsame Zukunft haben.

Das nährt natürlich Spekulationen; so

heißt es hier, Weber unterschreibe erst,

wenn der Aufstieg in die Bundesliga fest-

stehe, und dort ist zu hören, der Verein

zögere aufgrund der hohen Gehaltsforde-

rung des umworbenen Mittelfeldspielers.

Wo die Wahrheit liegt, ist schwer auszu-

machen. Allerdings hat Eintracht-Präsi-

dent Rolf Heller vor der Partie an diesem

Sonntag bei der Spielvereinigung Unterha-

ching darauf hingewiesen, daß nicht We-

ber schuld sei an der Ungewißheit. In der

Öffentlichkeit war zuletzt der Eindruck

entstanden, als halte der frühere National-

spieler den Verein hin. ,,Es liegt jetzt an

uns zu handeln"", sagte Heller, ,,in den

nächsten Tagen werden wir unser Angebot

konkretisieren und ausformulieren."" Al-

lein die wachsweiche Wortwahl läßt dar-

auf schließen, daß auch die Eintracht an

dem Zeitspiel beteiligt ist. Weber selbst

sagt, er habe vom Klub bislang lediglich

eine Art Entwurf eines Kontraktes erhal-

ten, der alles andere als ein konkreter Ver-

trag sei. Und anders als Trainer Horst

Ehrmantraut erweckt die Vereinsführung

in der Öffentlichkeit nicht gerade den Ein-

druck, als sei die Vertragsverlängerung mit

Weber eine Herzensangelegenheit. Vor

kurzem hat Heller merkwürdig emotions-

los laut über den Fall der Fälle nachge-

dacht: ,,Ralf Weber ist ein Spieler aus dem

oberen Gehaltsgefüge, und wenn er geht,

wird natürlich Geld für andere Spieler

frei.""

Zwar heißt es immer wieder, Weber sei

ein heimatverbundener Mensch, der sich

bei der Eintracht wohlfühlt und deshalb

dazu neigt, weiter mit dem Verein gemein-

same Sache zu machen. Doch was heißt

das schon? Es gilt als sicher, daß der Kai-

serslauterer Trainer Otto Rebhagel sich

seit längerem intensiv mit Ralf Weber be-

schäftigt. Als ehrgeiziger, kampf- und

laufstarker Profi verkörpert Weber den

Spielertyp, den man sich gut in Rehhagels

Mannschaft vorstellen kann. Anders als

Heller es am Freitag darstellte, hat der

Eintracht-Kapitän seinen zum Saisonende

auslaufenden Vertrag zum 30. April ge-

kündigt. Sicherheitshalber, denn nach dem

Bosman-Urteil ist die Frage nicht ganz ge-

klärt, ob man bei auslaufenden Verträgen

eine fristgerechte Kündigung einreichen

muß, um eine Option des Vereins auf Ver-

längerung des Kontraktes zu verhindern.

Überhaupt dürfte es die Eintracht bei

den zahlreichen Vertragsgesprächen mit

anderen Spielern in den vergangenen Wo-

chen zu spüren bekommen haben, daß Er-

folg seinen Preis hat. Spieler wie Alexan-

der Schur, Ansgar Brinkmann oder Alex-

ander Kutschera sind der Auffassung, daß

ihr vertraglich festgelegtes Gehalt in der

Bundesliga deutlich aufgebessert werden

müsse. Laut Heller hat die Eintracht vor

allem mit Thomas Zampach und Schur

,,noch keinen festen Konsens"" über die

Höhe des Gehaltes erzielt. Zampachs Ver-

trag gilt nur für die Zweite Liga, der von

Schur enthält offenbar eine Zusatzklausel

für den Fall des Aufstiegs.

Mit Brinkmann und Christof Wester-

thaler dagegen, die während der Saison zu

günstigen Preisen und Gehältern zu den

Frankfurtern gestoßen sind, ist sich der

Verein weitgehend einig über die Lohnstei-

gerung, wenn der Verein wie erwartet wie-

der erstklassig ist. Die Verträge beider

Spieler laufen ohnehin bis 1999. Bei Uwe

Bindewald, dem man einen Vertrag über

vier Jahre angeboten hat, fehle nur noch

die Unterschrift, heißt es.

Dagegen steht noch nicht fest, welche

und wieviele Spieler die Eintracht in der

nächsten Saison verstärken werden. Fest

verpflichtet ist bislang nur der nigerianische

Abwehrspieler Donald Agu vom Regional-

ligaklub FC Augsburg. Daneben gebe es

,,konkrete Gespräche"", etwa mit dem Un-

garn Istvan Pisont (Betar Jerusalem), hei

dem vor allem noch die Ablösesumme aus-

zuhandeln ist, oder mit dem Jenaer Mittel-

feldspieler Bernhard Schneider, der angeb-

lich auch vom AC Turin und von Rostock

umworben wird. Jedenfalls scheint sich ab-

zuzeichnen, daß die Eintracht bei der

Rückkehr in die Bundesliga auf Quantität

setzt: ,,Vermutlich"", so Heller, ,,werden wir

mit einem ziemlich großen Kader in die

nächste Saison gehen."" GERD SCHNEtDER

(c) Copyright 1998 Frankfurter Allgemeine Zeitung