In der kommenden Saison weiter gemeinsam am Ball?
Kapitän Ralf Weber und Trainer Horst Ehrmantraut.
FRANKFURT. Bleibt Ralf Weber, oder
geht er? Während die Eintracht in der ver-
gangenen Woche die Personalplanungen
für die kommende Saison mit Hochdruck
vorangetrieben hat, blieb die drängendste
aller Fragen bislang unbeantwortet. Ur-
sprünglich hatte sich der Spielführer, für
viele die Seele der Frankfurter Mann-
schaft, bis Ende März festlegen wollen,
welchem Klub er das Jawort für die näch-
ste Saison gibt. Aus Ende März ist Anfang
Mai geworden, und noch immer weiß nie-
mand, ob die Eintracht und ihr Muster-
profi eine gemeinsame Zukunft haben.
Das nährt natürlich Spekulationen; so
heißt es hier, Weber unterschreibe erst,
wenn der Aufstieg in die Bundesliga fest-
stehe, und dort ist zu hören, der Verein
zögere aufgrund der hohen Gehaltsforde-
rung des umworbenen Mittelfeldspielers.
Wo die Wahrheit liegt, ist schwer auszu-
machen. Allerdings hat Eintracht-Präsi-
dent Rolf Heller vor der Partie an diesem
Sonntag bei der Spielvereinigung Unterha-
ching darauf hingewiesen, daß nicht We-
ber schuld sei an der Ungewißheit. In der
Öffentlichkeit war zuletzt der Eindruck
entstanden, als halte der frühere National-
spieler den Verein hin. ,,Es liegt jetzt an
uns zu handeln"", sagte Heller, ,,in den
nächsten Tagen werden wir unser Angebot
konkretisieren und ausformulieren."" Al-
lein die wachsweiche Wortwahl läßt dar-
auf schließen, daß auch die Eintracht an
dem Zeitspiel beteiligt ist. Weber selbst
sagt, er habe vom Klub bislang lediglich
eine Art Entwurf eines Kontraktes erhal-
ten, der alles andere als ein konkreter Ver-
trag sei. Und anders als Trainer Horst
Ehrmantraut erweckt die Vereinsführung
in der Öffentlichkeit nicht gerade den Ein-
druck, als sei die Vertragsverlängerung mit
Weber eine Herzensangelegenheit. Vor
kurzem hat Heller merkwürdig emotions-
los laut über den Fall der Fälle nachge-
dacht: ,,Ralf Weber ist ein Spieler aus dem
oberen Gehaltsgefüge, und wenn er geht,
wird natürlich Geld für andere Spieler
frei.""
Zwar heißt es immer wieder, Weber sei
ein heimatverbundener Mensch, der sich
bei der Eintracht wohlfühlt und deshalb
dazu neigt, weiter mit dem Verein gemein-
same Sache zu machen. Doch was heißt
das schon? Es gilt als sicher, daß der Kai-
serslauterer Trainer Otto Rebhagel sich
seit längerem intensiv mit Ralf Weber be-
schäftigt. Als ehrgeiziger, kampf- und
laufstarker Profi verkörpert Weber den
Spielertyp, den man sich gut in Rehhagels
Mannschaft vorstellen kann. Anders als
Heller es am Freitag darstellte, hat der
Eintracht-Kapitän seinen zum Saisonende
auslaufenden Vertrag zum 30. April ge-
kündigt. Sicherheitshalber, denn nach dem
Bosman-Urteil ist die Frage nicht ganz ge-
klärt, ob man bei auslaufenden Verträgen
eine fristgerechte Kündigung einreichen
muß, um eine Option des Vereins auf Ver-
längerung des Kontraktes zu verhindern.
Überhaupt dürfte es die Eintracht bei
den zahlreichen Vertragsgesprächen mit
anderen Spielern in den vergangenen Wo-
chen zu spüren bekommen haben, daß Er-
folg seinen Preis hat. Spieler wie Alexan-
der Schur, Ansgar Brinkmann oder Alex-
ander Kutschera sind der Auffassung, daß
ihr vertraglich festgelegtes Gehalt in der
Bundesliga deutlich aufgebessert werden
müsse. Laut Heller hat die Eintracht vor
allem mit Thomas Zampach und Schur
,,noch keinen festen Konsens"" über die
Höhe des Gehaltes erzielt. Zampachs Ver-
trag gilt nur für die Zweite Liga, der von
Schur enthält offenbar eine Zusatzklausel
für den Fall des Aufstiegs.
Mit Brinkmann und Christof Wester-
thaler dagegen, die während der Saison zu
günstigen Preisen und Gehältern zu den
Frankfurtern gestoßen sind, ist sich der
Verein weitgehend einig über die Lohnstei-
gerung, wenn der Verein wie erwartet wie-
der erstklassig ist. Die Verträge beider
Spieler laufen ohnehin bis 1999. Bei Uwe
Bindewald, dem man einen Vertrag über
vier Jahre angeboten hat, fehle nur noch
die Unterschrift, heißt es.
Dagegen steht noch nicht fest, welche
und wieviele Spieler die Eintracht in der
nächsten Saison verstärken werden. Fest
verpflichtet ist bislang nur der nigerianische
Abwehrspieler Donald Agu vom Regional-
ligaklub FC Augsburg. Daneben gebe es
,,konkrete Gespräche"", etwa mit dem Un-
garn Istvan Pisont (Betar Jerusalem), hei
dem vor allem noch die Ablösesumme aus-
zuhandeln ist, oder mit dem Jenaer Mittel-
feldspieler Bernhard Schneider, der angeb-
lich auch vom AC Turin und von Rostock
umworben wird. Jedenfalls scheint sich ab-
zuzeichnen, daß die Eintracht bei der
Rückkehr in die Bundesliga auf Quantität
setzt: ,,Vermutlich"", so Heller, ,,werden wir
mit einem ziemlich großen Kader in die
nächste Saison gehen."" GERD SCHNEtDER
(c) Copyright 1998 Frankfurter Allgemeine Zeitung