Das telefonische Interview ist per WhatsApp ausgemacht. Marco Gebhardt nimmt hörbar gut gelaunt ab, freut sich, dass sich jemand von der Eintracht meldet. „Ich muss unbedingt mal wiederkommen, zum Spiel und ins Museum“, sagt der 47-Jährige, der um die Jahrtausendwende fünf Jahre als Spieler bei der Eintracht verbrachte. Mittlerweile ist er Trainer bei Blau-Weiß 90 Berlin, der die sportliche Tradition des gleichnamigen und 1992 aufgelösten Vereins weiterführt und damit einst für eine Saison in der Bundesliga spielte – vor genau 33 Jahren übrigens im damaligen Waldstadion. Es war kein guter Tag für die Adlerträger, dieser 24. April 1987 – übrigens auch ein Freitag. Ein Doppelpack des jungen Karl-Heinz Riedle und ein später Treffer des früheren SGElers Bodo Mattern durch einen verwandelten Handelfmeter von Klaus Theiss besiegelten die 1:3-Heimniederlage, es war der einzige Auswärtssieg der Blau-Weißen in deren Bundesligageschichte und das Ende einer Serie von 21 Spielen ohne Sieg des späteren Absteigers.Legendäre Spiele mit der Eintracht stehen dagegen auf der Fragenliste an Marco Gebhardt. Das 5:1 gegen Kaiserslautern, der Krimi gegen Ulm. Gebhardt weiß die eine oder andere Anekdote humorvoll zu erzählen und berichtet über einen ganz besonderen Tag in Bezug auf seine Wahrnehmung der Eintracht im Jahr 1989.Marco, wie geht es dir?
Bei uns zu Hause sind alle gesund und munter. Das ist das Wichtigste. Meine große Tochter ist Hotelfachangestellte und hing auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer fest, sie ist aber wieder zurück. Mit unserem Sohn müssen wir die Schule zu Hause machen, er ist in der dritten Klasse. Wie funktioniert das?
Du musst dem Tag eine Struktur geben, einen Plan haben. Frühstück, Trampolin, Fußball, Schule – das ist der Plan. Freunde treffen ist nicht möglich. Natürlich macht es ohne soziale Kontakte keinen Spaß. Ich hoffe, dass wir mit ein bisschen Demut und gestärkt aus dieser Zeit herausgehen. Für die nahe Zukunft frage ich mich, wie das mit Kindergarten und Schule funktionieren soll. Ich bin auch gespannt, was in neun Monaten höher ist: die Geburten- oder die Scheidungsrate (lacht). Schöne Grüße übrigens von Alexander Schur. Über ihn und Bernd Schneider haben wir den Kontakt zu dir herstellen können.
Danke! Mit Schui und Armin Kraaz habe ich mir vor einigen Jahren den Riederwald angeschaut. Es war schön, mal wieder bei euch gewesen zu sein. Was machen die Jungs heute? [Hinweis zu Schur als Mitarbeiter in der Sales und Marketing-Abteilung und Uwe Bindewalds Tätigkeiten in der Fußballschule; Anm. d. Red]. Schön, dass solche Urgesteine des Klubs bei euch unterkommen. Wie hast du die vergangenen Jahre der Eintracht verfolgt?
Fredi Bobic hat aus wenig viel gemacht. Irre! Die Erfolge sprechen für sich, sportlich und wirtschaftlich. Ich war 2017 beim DFB-Pokalfinale dabei, das die Eintracht leider gegen den BVB verloren hat. Das absolute Highlight war für mich die Halbzeitpause mit Helene Fischer. Da hat man gesehen, was die Eintracht-Kurve drauf hat (lacht). 2018 war natürlich sensationell. Da war ich aber nicht im Stadion, denn wir haben selbst gespielt.
Wir wollten uns Jahr für Jahr verbessern und das gelingt uns bisher gut. Es macht viel Spaß, mit den Jungs etwas aufzubauen und eine Weiterentwicklung zu sehen. Aber wir sind eben im Amateurbereich. Das heißt?
Du musst deine Ansprüche runterschrauben. Du musst das Handy sortieren, was für Absagen mit den abenteuerlichsten Ausreden hereinkommen. Studium, Arbeit, Familie, das alles spielt eine Rolle. Auch Urlaub während der Saison. Das gab’s damals bei uns nicht, als ich Oberliga gespielt habe. Du hast keine Konstanz. Du musst in viermal 90 Minuten Training alles reinpacken. Das ist schwierig, aber es macht wie gesagt sehr viel Spaß und wir planen gerade die kommende Saison. Von den Emotionen her gibt es sowieso keinen Unterschied zwischen Profi- und Amateurfußball. Ich will immer gewinnen. Ob im Trainingsspiel oder bei den 40ern. Du bist also selbst noch aktiv?
Wir haben hier auch im Seniorenbereich ein Ligasystem. Es gibt viele Mannschaften. Mit den 40ern haben wir schon alles gewonnen. Berliner Pokalsieger, Nordostmeister, Deutscher Meister. Die Konkurrenz hat aber aufgerüstet. Es wäre eine spannende Saison geworden. Zurück zu deiner Trainertätigkeit. Wie ist der Stand in der Coronakrise aktuell, dürft ihr trainieren?
Die Sportstätten sind alle gesperrt, meine Jungs halten sich zu Hause im Rahmen der Möglichkeiten fit. Wir warten gespannt auf eine Entscheidung des Verbandes, wie die Saison weitergeht. Wir haben uns die Zuschauerzahlen einiger Blau-Weiß-Spiele aus den vergangenen Jahren angesehen. Da waren es auch mal lediglich 54 in einem Verbandsligaspiel.
Wir haben einen kleinen Fanblock, der ist immer da. Egal ob zu Hause oder auswärts. Bei den Berliner Derbys sind es immer ein paar mehr und davon haben wir einige [aktuell sechs aus dem Großraum Berlin; Anm. d. Red]. Wir haben viele Vereine in der Stadt, die Konkurrenz ist groß und die Ansprüche sind hier und da auch höher. Insgesamt hoffen ich und viele in der Stadt, dass endlich ein Berliner Team den Aufstieg in die dritte Liga schafft. Wolltest du schon zu deiner aktiven Zeit Trainer werden?
Ja. Ich hatte viele Trainer, du nimmst viel Positives und Negatives mit. Ich wollte immer mit Jungs arbeiten. Ich bin auch noch bei einer Fußballschule mit Kindern zwischen sechs und 15 Jahren dabei. Es macht einfach Spaß. Natürlich möchte ich irgendwann wieder in den Leistungsbereich rein wie seinerzeit in Dresden [bei Dynamo war Gebhardt u.a. Co-Trainer der U17, U19 und der Profis; Anm. d. Red]. Jetzt bin ich aber glücklich bei Blau-Weiß. Deine letzte Profistation war bei Union Berlin, dann bist du bis auf das Intermezzo in Dresden in der Hauptstadt hängengeblieben.
Bei Union hatte ich einen geilen Abschluss meiner Karriere. Wir hatten nur Erfolg, haben uns für die neue dritte Liga qualifiziert und sind in die zweite Liga aufgestiegen. Mannschaft, Fans, Verein und Spieler hatten einen riesigen Zusammenhalt. Hut ab, der Verein hatte es zu DDR-Zeiten immer schwer. Jetzt ist er die Nummer eins im Osten, von Leipzig mal abgesehen. Ein spezieller, toller Verein. Ich habe im Umkreis gewohnt, bin dortgeblieben, habe meine neue Frau kennengelernt und meine B- und A-Trainerlizenzen absolviert.
Die Eintracht war Wendepunkt in der Wendezeit für mich. Meine Heimatstadt Ballenstedt in Sachsen-Anhalt ist eine Partnerstadt von Kronberg, so kam ich am 6. Dezember 1989 als 17-Jähriger nach Frankfurt an den Hauptbahnhof und habe in der BILD-Zeitung über die Eintracht gelesen. Seither hat mich der Verein fasziniert. Bis du im Eintracht-Trikot aufgelaufen bist, hat es noch einige Jahre gedauert. 1997 kamst du vom Regionalligisten aus Verl zum damaligen Zweitligisten nach Frankfurt. Als das Angebot kam, musstest du nach dieser Vorgeschichte nicht lange überlegen, oder?
Nein, natürlich nicht. Co-Trainer Bernhard Lippert hatte sich ein paar Spiele von mir angeschaut, im Probetraining habe ich mich dann ausgetobt und mit Präsident Rolf Heller schnell alles klar gemacht. Im ersten Jahr seid ihr unter Horst Ehrmantraut aufgestiegen.
Mit einer No-Name-Truppe. Sensationell! Wir hatten schöne Spiele und Abende. Das war eine tolle Zeit. Ein Jahr später ging’s am letzten Spieltag gegen Kaiserslautern um alles.
Gefühlte 40 Grad, volle Hütte. Wir brauchten ein Tor nach dem anderen. Irre! Was ich mich heute frage: wer hätte das sechste geschossen, wenn wir es noch gebraucht hätten?
Der Ball wurde nach außen zu mir gespielt. Ich laufe lang, hebe den Ball über Ballack mit der Hacke drüber, lege ihn mir mit rechts vor und haue ihn mit links unters Dach. Hätte unser Chinese [Chen Yang; Anm. d. Red.] den Ball abbekommen, hätte er ein Schleudertrauma gehabt (lacht). Insgesamt muss man festhalten, dass alle Treffer sensationell herausgespielt waren. Schnix‘ Tor mit der Innenseite – technisch perfekt. Sobo mit dem Kopf, ein seltenes Schauspiel. Und dann unser Norweger. Jan Aage Fjörtoft.
Im Training hat das nie geklappt. Entweder hat er eine Rolle gemacht, die Beine verknotet oder sonst was. Ein Übersteiger auf den Torwart zu und dann noch verwandelt zum 5:1. Irre! Jan Aage hat dich übrigens in seine Eintracht-Traumelf gewählt.
Oh, das ist aber nett. Schick mir bitte ein Foto davon [bereits geschehen; Anm. d. Redaktion]! Und er bedankt sich in der Kolumne „Übersteiger“, die im Klubmagazin erscheint, für das Geld, dass er beim Pokern gegen dich gewonnen hat...
Wie gewonnen, so zerronnen, sage ich nur (lacht). Ein cooler Junge und guter Typ. Ich habe damals nicht verstanden, dass die Eintracht ihn während der Saison hat gehen lassen. Du bist heute Trainer. Welchen Anteil hatte Jörg Berger an der Rettung?
Einen enormen! Er hat gute Ansprachen gehalten, der Mannschaft Vertrauen geschenkt. Die Führungsspieler sind marschiert, wir haben eine grandiose Leistung abgeliefert. Nürnberg hat schon in der Halbzeitpause den Sekt rausgeholt, habe ich damals gehört. Es war ein unfassbares Saisonfinale. Kürzlich hat Sky es gezeigt, ich habe es angeschaut. Wahnsinn! Auch ein Jahr später war der 34. Spieltag ein entscheidender Tag für die Eintracht, gegen Ulm musste zu Hause zumindest ein Remis her.
Meine Leistenprobleme haben nie richtig aufgehört. Ich dachte dennoch, dass ich spiele. Nach dem Warmmachen komme ich in die Kabine und Felix [Magath, damals Trainer; Anm. d. Red] kommt zu mir. Er sagt, in seiner unnachahmlichen Art: „Bleib mal drin.“ Dann habe ich das Spiel auf der Bank genossen (lacht). Mit anderen Worten: Ganz einverstanden warst du nicht?
Wichtig war, dass wir das Ding durchgezogen haben. Wir hatten genügend Spieler, die 100 Prozent geben konnten. Und man soll nicht mit angeschlagenen Spielern in die Partie gehen. Heute als Trainer verstehe ich das besser. Es geht um das große Ganze. So war es auch gegen Kaiserslautern ein Jahr vorher. Webi [Ralf Weber; Anm. d. Red] hatte einen Sonnenstich, musste raus. Ich kam rein, dadurch kam es erst zu dem angesprochenen Tor. Heute kann ich jungen Spielern nur den Tipp geben: Lasst den Trainer entscheiden, wer spielt und wer nicht. Was macht die Leiste heute?
Ich hatte an beiden Leisten jeweils drei Operationen. Trotzdem hatte ich immer wieder Probleme, die wir erst in den Griff bekommen haben, als Martin Andermatt mich zu einem Spezialisten in die Schweiz geschickt hat.
Bei uns zu Hause sind alle gesund und munter. Das ist das Wichtigste. Meine große Tochter ist Hotelfachangestellte und hing auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer fest, sie ist aber wieder zurück. Mit unserem Sohn müssen wir die Schule zu Hause machen, er ist in der dritten Klasse. Wie funktioniert das?
Du musst dem Tag eine Struktur geben, einen Plan haben. Frühstück, Trampolin, Fußball, Schule – das ist der Plan. Freunde treffen ist nicht möglich. Natürlich macht es ohne soziale Kontakte keinen Spaß. Ich hoffe, dass wir mit ein bisschen Demut und gestärkt aus dieser Zeit herausgehen. Für die nahe Zukunft frage ich mich, wie das mit Kindergarten und Schule funktionieren soll. Ich bin auch gespannt, was in neun Monaten höher ist: die Geburten- oder die Scheidungsrate (lacht). Schöne Grüße übrigens von Alexander Schur. Über ihn und Bernd Schneider haben wir den Kontakt zu dir herstellen können.
Danke! Mit Schui und Armin Kraaz habe ich mir vor einigen Jahren den Riederwald angeschaut. Es war schön, mal wieder bei euch gewesen zu sein. Was machen die Jungs heute? [Hinweis zu Schur als Mitarbeiter in der Sales und Marketing-Abteilung und Uwe Bindewalds Tätigkeiten in der Fußballschule; Anm. d. Red]. Schön, dass solche Urgesteine des Klubs bei euch unterkommen. Wie hast du die vergangenen Jahre der Eintracht verfolgt?
Fredi Bobic hat aus wenig viel gemacht. Irre! Die Erfolge sprechen für sich, sportlich und wirtschaftlich. Ich war 2017 beim DFB-Pokalfinale dabei, das die Eintracht leider gegen den BVB verloren hat. Das absolute Highlight war für mich die Halbzeitpause mit Helene Fischer. Da hat man gesehen, was die Eintracht-Kurve drauf hat (lacht). 2018 war natürlich sensationell. Da war ich aber nicht im Stadion, denn wir haben selbst gespielt.
„Musst Ansprüche runterschrauben“
Gebhardt ist Trainer bei Blau-Weiß 90 Berlin. Vor fünf Jahren hat er dort begonnen, ist seither zwei Mal aufgestiegen. In der fünftklassigen Oberliga Nordost, Gruppe Nord heißen die Gegner beispielsweise Tennis Borussia Berlin, Hansa Rostock II und SV Tasmania Berlin. Nach 18 Spielen steht der Hauptstadtklub mit absolut ausgeglichener Bilanz auf Rang acht im Sechzehnerfeld.Wie bist du zufrieden bisher?Wir wollten uns Jahr für Jahr verbessern und das gelingt uns bisher gut. Es macht viel Spaß, mit den Jungs etwas aufzubauen und eine Weiterentwicklung zu sehen. Aber wir sind eben im Amateurbereich. Das heißt?
Du musst deine Ansprüche runterschrauben. Du musst das Handy sortieren, was für Absagen mit den abenteuerlichsten Ausreden hereinkommen. Studium, Arbeit, Familie, das alles spielt eine Rolle. Auch Urlaub während der Saison. Das gab’s damals bei uns nicht, als ich Oberliga gespielt habe. Du hast keine Konstanz. Du musst in viermal 90 Minuten Training alles reinpacken. Das ist schwierig, aber es macht wie gesagt sehr viel Spaß und wir planen gerade die kommende Saison. Von den Emotionen her gibt es sowieso keinen Unterschied zwischen Profi- und Amateurfußball. Ich will immer gewinnen. Ob im Trainingsspiel oder bei den 40ern. Du bist also selbst noch aktiv?
Wir haben hier auch im Seniorenbereich ein Ligasystem. Es gibt viele Mannschaften. Mit den 40ern haben wir schon alles gewonnen. Berliner Pokalsieger, Nordostmeister, Deutscher Meister. Die Konkurrenz hat aber aufgerüstet. Es wäre eine spannende Saison geworden. Zurück zu deiner Trainertätigkeit. Wie ist der Stand in der Coronakrise aktuell, dürft ihr trainieren?
Die Sportstätten sind alle gesperrt, meine Jungs halten sich zu Hause im Rahmen der Möglichkeiten fit. Wir warten gespannt auf eine Entscheidung des Verbandes, wie die Saison weitergeht. Wir haben uns die Zuschauerzahlen einiger Blau-Weiß-Spiele aus den vergangenen Jahren angesehen. Da waren es auch mal lediglich 54 in einem Verbandsligaspiel.
Wir haben einen kleinen Fanblock, der ist immer da. Egal ob zu Hause oder auswärts. Bei den Berliner Derbys sind es immer ein paar mehr und davon haben wir einige [aktuell sechs aus dem Großraum Berlin; Anm. d. Red]. Wir haben viele Vereine in der Stadt, die Konkurrenz ist groß und die Ansprüche sind hier und da auch höher. Insgesamt hoffen ich und viele in der Stadt, dass endlich ein Berliner Team den Aufstieg in die dritte Liga schafft. Wolltest du schon zu deiner aktiven Zeit Trainer werden?
Ja. Ich hatte viele Trainer, du nimmst viel Positives und Negatives mit. Ich wollte immer mit Jungs arbeiten. Ich bin auch noch bei einer Fußballschule mit Kindern zwischen sechs und 15 Jahren dabei. Es macht einfach Spaß. Natürlich möchte ich irgendwann wieder in den Leistungsbereich rein wie seinerzeit in Dresden [bei Dynamo war Gebhardt u.a. Co-Trainer der U17, U19 und der Profis; Anm. d. Red]. Jetzt bin ich aber glücklich bei Blau-Weiß. Deine letzte Profistation war bei Union Berlin, dann bist du bis auf das Intermezzo in Dresden in der Hauptstadt hängengeblieben.
Bei Union hatte ich einen geilen Abschluss meiner Karriere. Wir hatten nur Erfolg, haben uns für die neue dritte Liga qualifiziert und sind in die zweite Liga aufgestiegen. Mannschaft, Fans, Verein und Spieler hatten einen riesigen Zusammenhalt. Hut ab, der Verein hatte es zu DDR-Zeiten immer schwer. Jetzt ist er die Nummer eins im Osten, von Leipzig mal abgesehen. Ein spezieller, toller Verein. Ich habe im Umkreis gewohnt, bin dortgeblieben, habe meine neue Frau kennengelernt und meine B- und A-Trainerlizenzen absolviert.
Ominöser 6. Dezember 1989
Du warst von 1997 bis 2002 bei der Eintracht. Fünf Jahre, so lange wie bei keinem anderen Verein. Wie bist du damals zur Eintracht gekommen?Die Eintracht war Wendepunkt in der Wendezeit für mich. Meine Heimatstadt Ballenstedt in Sachsen-Anhalt ist eine Partnerstadt von Kronberg, so kam ich am 6. Dezember 1989 als 17-Jähriger nach Frankfurt an den Hauptbahnhof und habe in der BILD-Zeitung über die Eintracht gelesen. Seither hat mich der Verein fasziniert. Bis du im Eintracht-Trikot aufgelaufen bist, hat es noch einige Jahre gedauert. 1997 kamst du vom Regionalligisten aus Verl zum damaligen Zweitligisten nach Frankfurt. Als das Angebot kam, musstest du nach dieser Vorgeschichte nicht lange überlegen, oder?
Nein, natürlich nicht. Co-Trainer Bernhard Lippert hatte sich ein paar Spiele von mir angeschaut, im Probetraining habe ich mich dann ausgetobt und mit Präsident Rolf Heller schnell alles klar gemacht. Im ersten Jahr seid ihr unter Horst Ehrmantraut aufgestiegen.
Mit einer No-Name-Truppe. Sensationell! Wir hatten schöne Spiele und Abende. Das war eine tolle Zeit. Ein Jahr später ging’s am letzten Spieltag gegen Kaiserslautern um alles.
Gefühlte 40 Grad, volle Hütte. Wir brauchten ein Tor nach dem anderen. Irre! Was ich mich heute frage: wer hätte das sechste geschossen, wenn wir es noch gebraucht hätten?
„Yang hätte Schleudertrauma gehabt“
Es gab fünf verschiedene Torschützen. Einer davon warst du. Erzähl uns von deinem Treffer zum 3:1.Der Ball wurde nach außen zu mir gespielt. Ich laufe lang, hebe den Ball über Ballack mit der Hacke drüber, lege ihn mir mit rechts vor und haue ihn mit links unters Dach. Hätte unser Chinese [Chen Yang; Anm. d. Red.] den Ball abbekommen, hätte er ein Schleudertrauma gehabt (lacht). Insgesamt muss man festhalten, dass alle Treffer sensationell herausgespielt waren. Schnix‘ Tor mit der Innenseite – technisch perfekt. Sobo mit dem Kopf, ein seltenes Schauspiel. Und dann unser Norweger. Jan Aage Fjörtoft.
Im Training hat das nie geklappt. Entweder hat er eine Rolle gemacht, die Beine verknotet oder sonst was. Ein Übersteiger auf den Torwart zu und dann noch verwandelt zum 5:1. Irre! Jan Aage hat dich übrigens in seine Eintracht-Traumelf gewählt.
Oh, das ist aber nett. Schick mir bitte ein Foto davon [bereits geschehen; Anm. d. Redaktion]! Und er bedankt sich in der Kolumne „Übersteiger“, die im Klubmagazin erscheint, für das Geld, dass er beim Pokern gegen dich gewonnen hat...
Wie gewonnen, so zerronnen, sage ich nur (lacht). Ein cooler Junge und guter Typ. Ich habe damals nicht verstanden, dass die Eintracht ihn während der Saison hat gehen lassen. Du bist heute Trainer. Welchen Anteil hatte Jörg Berger an der Rettung?
Einen enormen! Er hat gute Ansprachen gehalten, der Mannschaft Vertrauen geschenkt. Die Führungsspieler sind marschiert, wir haben eine grandiose Leistung abgeliefert. Nürnberg hat schon in der Halbzeitpause den Sekt rausgeholt, habe ich damals gehört. Es war ein unfassbares Saisonfinale. Kürzlich hat Sky es gezeigt, ich habe es angeschaut. Wahnsinn! Auch ein Jahr später war der 34. Spieltag ein entscheidender Tag für die Eintracht, gegen Ulm musste zu Hause zumindest ein Remis her.
Meine Leistenprobleme haben nie richtig aufgehört. Ich dachte dennoch, dass ich spiele. Nach dem Warmmachen komme ich in die Kabine und Felix [Magath, damals Trainer; Anm. d. Red] kommt zu mir. Er sagt, in seiner unnachahmlichen Art: „Bleib mal drin.“ Dann habe ich das Spiel auf der Bank genossen (lacht). Mit anderen Worten: Ganz einverstanden warst du nicht?
Wichtig war, dass wir das Ding durchgezogen haben. Wir hatten genügend Spieler, die 100 Prozent geben konnten. Und man soll nicht mit angeschlagenen Spielern in die Partie gehen. Heute als Trainer verstehe ich das besser. Es geht um das große Ganze. So war es auch gegen Kaiserslautern ein Jahr vorher. Webi [Ralf Weber; Anm. d. Red] hatte einen Sonnenstich, musste raus. Ich kam rein, dadurch kam es erst zu dem angesprochenen Tor. Heute kann ich jungen Spielern nur den Tipp geben: Lasst den Trainer entscheiden, wer spielt und wer nicht. Was macht die Leiste heute?
Ich hatte an beiden Leisten jeweils drei Operationen. Trotzdem hatte ich immer wieder Probleme, die wir erst in den Griff bekommen haben, als Martin Andermatt mich zu einem Spezialisten in die Schweiz geschickt hat.