21.09.2019
Bundesliga

Wenn Taten Worte folgen

Erst sorgte Borussia Dortmund auf dem Transfermarkt für Aufsehen, dann in öffentlichen Bekundungen.

Situation

Die Töne sind zwar seit der 1:3-Niederlage bei Aufsteiger Union Berlin etwas zurückhaltender geworden, dennoch weiß der Vizemeister um seine Möglichkeiten – und die sind im Vergleich zur Vorsaison nicht unbedingt kleiner geworden. Dem seit der Winterpause festgestandenen Abgang von Christian Pulisic zum Chelsea FC stehen auf der Zugangsseite die bundesligaerprobten Außenbahnspezialisten Julian Brandt (Bayer 04 Leverkusen), Thorgan Hazard (Borussia Mönchengladbach) und Nico Schulz (TSG Hoffenheim) gegenüber. Nicht zuletzt verkörpert Rückkehrer Mats Hummels (FC Bayern München) mit Erfahrung und Kopfballstärke zwei zuletzt vermisste Attribute. Denn unter anderem kassierte 2019 kein Bundesligist so viele Gegentore nach Ecken wie Borussia Dortmund: acht.

Formkurve

Mit dem 4:0 gegen die zuvor saisonübergreifend neun Bundesligaspiele lang unbesiegten Leverkusener schaffte Borussia Dortmund am vierten Spieltag überzeugend die Wiedergutmachung für die 1:3-Niederlage beim 1. FC Union Berlin zwei Wochen zuvor. Mit neun Punkten aus den ersten vier Spielen hat der BVB nun sogar einen Zähler mehr auf dem Konto als in der Vorsaison. Beeindruckend ist vor allem die Heimbilanz: Von den 19 Bundesligaheimspielen unter Lucien Favre endeten 16 siegreich und in jeder dieser Partien traf der BVB mindestens doppelt. Auch zum Auftakt der UEFA Champions League am Dienstagabend hatten die Schwarz-Gelben den FC Barcelona beim 0:0 am Rand einer Niederlage.

Trainer

Als Lucien Favre vor zwölf Jahren auf der Bundesligabühne – mit Hertha BSC ausgerechnet in Frankfurt – auftauchte, war er nur Insidern ein Begriff, obwohl der Schweizer bereits zuvor Servette Genf und den FC Zürich auf ein neues Level gehievt hatte. Das gelang dem heute 61-Jährigen nicht weniger mit der Hertha, Borussia Mönchengladbach und zuletzt OGC Nizza, die er allesamt vom Mittelklasseklub zum Anwärter auf die Champions-League-Plätze formte. Berühmt seine eifrigen, handgeschriebenen Notizen während eines Spiels, berüchtigt sein Hang zur Perfektion. Nun hat der liebenswerte Kauz, dem bisweilen der Ruf des Zauderers vorauseilt, mit extremer Detailversessenheit und höchster Fachkompetenz einen Meisterschaftsanwärter entwickelt, indem er dem nicht nur nacheinander eine funktionierende Grundordnung, einstudierte Angriffszüge und gnadenloses Abschlussverhalten, eintrichterte – 25 Prozent verwerteter Chancen ist ligaweit der zweitbeste Wert – sondern es zugleich vermag, jeden Spieler individuell entscheidend voranzubringen.

Taktiktafel

Die Entwicklung Favres vom vermeintlich sturen Übungsleiter zur anpassungsfähigen Königslösung lässt sich vordergründig an der Systematik des BVB veranschaulichen. Galt der 61-Jährige vor allem zu Mönchengladbacher Zeiten als Verfechter des 4-4-2, hat er sich schon in Frankreich zunächst für eine Dreierabwehrkette und später ein 4-3-3 geöffnet. Dieses in unterschiedlichen Ausführungen gehandhabte aktuelle Allerweltsystem gilt auch in Dortmund immer als Option, am meisten findet aber das nicht weniger flexible 4-2-3-1 Anwendung. Mit aktuell Julian Weigl und Axel Witsel als strategischem und kraftvollem Epizentrum auf der Doppelsechs sowie offensivfreudigen Außenverteidigern. Dazu vereint die offensive Dreierreihe in beliebiger Besetzung rund um Fixpunkt Marco Reus Zielstrebigkeit und Torgefahr, Tempo und Technik, wobei vor allem Jadon Sancho hervorsticht: Elf Vorlagen sind im Kalenderjahr 2019 absoluter Topwert aller Bundesligaakteure. Und ganz vorne trifft derzeit Paco Alcacer wie er möchte, gegen Leverkusen schon im sechsten Pflichtspiel in Folge. 23 Tore in den ersten 30 Spielen schaffte kein BVBler zuvor.Auch wenn die technisch versierte Truppe das vertikale Ballbesitzspiel beherrscht, 365 Pässe in der gegnerischen Hälfte sind genauso Ligabestwert wie 90 Prozent angekommener Zuspiele, lassen sich die Borussen situativ auch fallen, um ab der Mittellinie Ballgewinne zu provozieren und dann blitzschnell umzuschalten. Aus dieser Mischung resultierten bislang 13 Großchancen – auch Ligaspitze.

Spieler im Fokus: Manuel Akanji

An der Seite von Weltmeister Hummels verteidigt in aller Regel Manuel Akanji. Der 24-Jährige, der im Winter 2018 vom FC Basel gekommen war, gilt längst als unumstrittene Stammkraft. Von den ersten sechs Pflichtspielen der Borussia 2019/20 verpasste der Innenverteidiger als einziger Akteur keine Sekunde. Auch von einer bei der Nationalmannschaft davongetragenen Sprunggelenkblessur ließ sich der 1,87-Meter-Mann nicht ausbremsen und sorgte beim 4:0 gegen Leverkusen für Sicherheit. Und das nicht nur bei gegnerischem, sondern auch bei eigenem Ballbesitz. 64,7 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind top, mehr als 94,1 Prozent erfolgreicher Pässe verbuchte einzig die Doppelsechs Weigl/Witsel. Mit einer Maximalgeschwindigkeit von 33,10 km/h steht er teamintern immerhin an sechster Stelle. Kurzum: Der auch schon auf der defensiven Außenbahn aufgebotene Eidgenosse ist vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser.Und hier geht es zum Deutsche Bank Finanzcheck