02.10.2023
Historie

„Wir wurden gnadenlos ausgepfiffen“

Die Eintracht in Saloniki: Das gab’s 1981 schon mal, mit einem Fight bis ins Elfmeterschießen. Falkenmayer, Körbel, Nachtweih und Trapp blicken zurück.

An jenem September-Tag 1981 war das Toumba Stadion ein Hexenkessel. Nicht selten in Thessaloniki, denn „die Fankultur dort ist überragend“. Sagt Karl-Heinz Körbel, der vor 42 Jahren mit Eintracht Frankfurt auf dem Platz stand – ebenso wie Norbert Nachtweih. „Die Fanbewegung war dort schon viel weiter als hier.“ Europapokal der Pokalsieger war damals der Wettbewerb, in dem die Adlerträger auf den PAOK FC trafen. Am Donnerstag kommt es in dem traditionsreichen Stadion, in dem auch Partien der Olympischen Spiele von Athen 2004 stattfanden, zur Neuauflage dieser Partie.

Da geht dir die Düse.

Karl-Heinz Körbel

„Da geht dir die Düse“, sagt Körbel über die Stimmung vor 35.000 Zuschauern, als es im Rückspiel gegen PAOK bei dieser hitzigen Atmosphäre zum Elfmeterschießen kommt. „Wir wurden gnadenlos ausgepfiffen.“ Aber Eintrachts Schützen blieben kalt wie eine Hundeschnauze, alle fünf Spieler verwandelten sicher. Zum zehnten Schuss trat der Grieche Christos Dimopoulos für die bis dato ebenso fehlerlosen Gastgeber an – und Jürgen Pahl parierte spektakulär. 5:4 im Elfmeterschießen, die Eintracht stand in der zweiten Runde, und Eintracht-Betreuer Anton Hübler fasste es damals so zusammen: „Heute haben uns der liebe Gott und Jürgen Pahl geholfen.“

Alles nach Plan im Hinspiel

Die Eintracht hatte sich durch den DFB-Pokalsieg 1981 gegen den 1. FC Kaiserslautern für den Cup der Pokalsieger qualifiziert. Im Hinspiel gegen PAOK lief noch alles nach Plan. Die Abwehrspieler Bruno Pezzey (11.) und Karl-Heinz Körbel (78.) trafen zum 2:0-Erfolg vor 22.000 Zuschauern im Waldstadion gegen den Tabellenvierten des Vorjahres, der zu diesem Zeitpunkt die Tabelle in der heimischen Liga anführte. „Sie waren fußballerisch top, das ist auch heute noch so. Wir haben uns zuhause schon schwergetan“, erzählt Körbel, während der damalige Mitspieler Wolfgang Trapp ergänzt: „Es war nicht einfach. Sie hatten südländisches Temperament und haben alles reingeworfen“.

Torschütze zum 2:0-Endstand im Hinspiel gegen den PAOK FC 1981: Karl-Heinz Körbel.

In der Tat, denn das Rückspiel wurde aus Frankfurter Sicht zur Nervenschlacht. Georgios Kostikos schnürte den Doppelpack (38./60.) und verwandelte das Toumba Stadion endgültig in einen Hexenkessel. PAOK hatte weitere Chancen auf den noch höheren Sieg – auch in der Verlängerung, als Ronny Borchers bereits nach drei Minuten verletzt raus musste und die Eintracht nicht mehr wechseln durfte. Später kommentierte eine Zeitung: „Der Triumph im Elfmeterschießen lässt das zweistündige Trauerspiel der Eintracht völlig vergessen.“

Ralf Falkenmayer war damals 19 Jahre alt, erst zum Ende der Vorsaison hatte er in der Bundesliga debütiert und gehörte nun schon zum Stammpersonal. „Die Stimmung war Wahnsinn, es war heiß. Wir haben uns ins Elfmeterschießen gerettet.“ Hier konnte er keine Verantwortung mehr übernehmen, zur Verlängerung war er durch Eigengewächs Wolfgang Trapp ersetzt worden.

42 Jahre später schauen Falkenmayer, Körbel, Trapp und Nachtweih nach einem Spiel der Traditionsmannschaft gemeinsam das Elfmeterschießen auf dem Handy. Erster Schütze war Werner Lorant. „Werner war immer sicher“, sagt Trapp, Körbel schiebt noch nach: „Außer ihm hatten wir keine Schützen. Cha Bum-kun hatte direkt nach Ende der Verlängerung seine Schuhe ausgezogen und sich unter der Bank verkrochen. Er wollte nicht schießen.“ Der Rekordbundesligaspieler verwandelt als Zweiter ebenso cool. „Auch wenn ich normalerweise nach rechts geschossen habe, dieses Mal war es links“.

Immer nach links hat Wolfgang Trapp geschossen. „Hat auch dieses Mal geklappt“, sagt der heute 66-Jährige. Norbert Nachtweih hat ebenso keine Probleme. „Gegen den Torwart habe ich ein paar Jahre später mit dem FC Bayern nochmal verwandelt.“ Da gewannen die Bayern 9:8 nach Elfmeterschießen gegen Saloniki. Bruno Pezzey sorgte für das 5:4, „auch er war als Schütze ungewöhnlich“, verrät Körbel. Dann kam genau im richtigen Moment die Sternstunde von Jürgen Pahl, der parierte und damit das Elfmeterschießen genau nach zehn Akteuren beendete.

An den ominösen Punkt kann es am Donnerstag nur während der 90 Minuten gehen. „Die Fans werden alles mobilisieren und lautstark sein, auch hier in Frankfurt“, sind sich die vier Gewinner von 1981 einig – und hoffen dieses Mal auf einen Sieg nach regulärer Spielzeit.