13.04.2016
Waldtribüne

Wollt Ihr Verlängerung? – Walter Eschweiler zu Gast auf der Waldtribüne

Wenn einer wie Walter Eschweiler sich selbstironisch die „Pfeife der Nation“ nennt, dann verspricht das ein amüsanter Auftritt zu werden. Entsprechend groß war die Vorfreude auf den Besuch des mittlerweile 81 Jahre alten „Grandseigneurs der Schiedsrichter“ auf der Waldtribüne.

Den Anfang des Programms machten jedoch Heiko und Alex vom Akademiker Fanclub der TSG 1899 Hoffenheim. Der Fanclub besteht aus 44 Mitglieder, ein Viertel hiervon sind Frauen. Gegründet wurde er im Jahr 2007 – damals verband die Gründungsmitglieder die Gemeinsamkeit, dass alle die Uni besuchten. Um Mitglied zu werden, muss man allerdings keinen akademischen Abschluss haben, auch wenn der Name dies vermuten lässt.  „Reputation geht vor Approbation“, so das Motto der Heidelberger. Anfangs hatten sie in der Fanszene ob ihres Namens gegen große Vorbehalte zu kämpfen, womit sie aber bei ihrer Gründung gerechnet hatten. Dass sie sich Akademiker-Fanclub nennen, obwohl man dies als Mitglied nicht sein muss, begründen sie damit, dass bei den sogenannten Fanvereinigungen, die sich Legion oder Brigade nennen, auch kein Oberleutnant dabei ist. Dem modernen Fußball stehen sie „nicht so kritisch gegenüber, denn  ohne diesen gäbe es uns alle nicht“, so die Aussage der Hoffenheimfans. Stolz sind sie vor allem auf die Nachwuchsarbeit der TSG Hoffenheim, die bereits auch Erfolge zeigt. Beim Bundesligaspiel gegen Köln waren fünf Spieler im Kader, die aus dem eigenen Nachwuchs kommen.

Ein weiterer Gast auf der Waldtribüne, Tom Leichum  - ist den meisten Eintrachtlern als besonnener Geist im Eintrachtforum bekannt. Egal was passiert, Tom bleibt immer sachlich und gelassen. Dazu trägt sicher auch bei, dass er als Prädikant in seiner Gemeinde in Sachsenhausen predigt. Dabei ist es auch schon vorgekommen, dass er in seiner Predigt auf Fußball eingeht, allerdings noch nicht auf die Eintracht. Bekannt wurde er auch durch sein nicht alltägliches Mannschaftsfoto, das 2011 unter dem Titel 1000 Meisterwerke im Blog G veröffentlicht wurde. Mit diesem Foto wurde bei dem alljährlichen Termin zum Mannschaftsfoto mal „hinter die Kulissen“ geblickt.

Über Walter Eschweiler braucht man keine großen Worte zu verlieren. Es gibt selten einen Schiedsrichter, der bei Fans und Spielern so beliebt war und ist, wie er. Dies liegt für ihn daran, „dass er sich selbst nicht so ernst genommen und sich auch nicht für den Nabel der Welt gehalten hat.“  Walter Eschweiler hat aus seiner aktiven  Schiedsrichterzeit einiges zu erzählen. So die Geschichte mit Bernd Hölzenbein, der bei einem Spiel immer wieder versuchte, einen Freistoß zu schinden. Als „Holz“ mal wieder auf dem Rasen lag, meinte Walter Eschweiler nur zu ihm „Bernd, das müssen wir noch üben, das sitzt noch nicht richtig“ und der gewünschte Effekt trat ein. Immer wieder wird er auch auf seine berühmte Rolle rückwärts beim WM-Spiel 1982 zwischen Italien und Peru angesprochen. Damals wurde er vom peruanischen Spieler Velasquez überlaufen, machte eine spektakuläre Rolle rückwärts und blieb auf dem Boden sitzen. Nachdem er  sich wieder gefasst hatte, stand er auf, sammelte seine Sachen ein und pfiff das Spiel nahtlos weiter. Das sah alles schlimm aus, war es aber jedoch nicht. Als sich in der Halbzeit der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher nach seinem Wohlbefinden erkundigte, war Walter Eschweiler schon wieder der Alte und entgegnete: „Lieber Herr Minister, außer dem angeborenen Dachschaden liegt keine nennenswerte Beschädigung vor“. Auch gab es keinen  verlorenen Zahn, wie in den Medien oft berichtet und von Walter Eschweiler trocken mit „Ich bin ein steiler Zahn und will es auch bleiben“ kommentiert wurde.

Wenn es seine Zeit erlaubt, pfeift Walter Eschweiler auch heute noch das eine oder andere Prominentenspiel. Dass er noch immer ein gutes Auge hat, bewies er live auf der Waldtribüne, als er im Publikum mit dem FIFA-Direktor Walter Gagg einen alten Bekannten entdeckte und diesen spontan auf die Bühne bat.

Bei seinen heutigen Schiedsrichter-Kollegen vermisst Walter Eschweiler ein wenig Menschlichkeit. „Die Spieler sind dankbar für jedes nette Wort, und das fehlt heute“, so Eschweiler. Auch neben dem Fußball erlangte der Schiedsrichter seinerzeit Bekanntheit: Mit einem legendären Werbespot für Kaubonbons, in dem er die Frage stellte „Wollt Ihr Verlängerung?“ zog er in heimische Wohnzimmer ein. Klar, dass der obligatorische Waldtribünenbembel für ihn mit eben diesen Kaubonbons gefüllt war…