Im Sommer hat Goncalo Paciencia schweren Herzens Eintracht Frankfurt in Richtung Spanien verlassen und spielt jetzt bei Celta Vigo. Positiver Nebeneffekt für den 28-Jährigen, der dort gleich in seinem ersten Spiel sein erstes Tor erzielte: Seine Heimatstadt Porto ist nur knapp über eine Autostunde entfernt. Die Redaktion trifft Paciencia in seiner neuen fußballerischen Heimat, der kleinen Hafenstadt Vigo im Nordwesten Spaniens.
Gonca, du bist im Sommer hierher zu Celta Vigo gewechselt. Hast du dich gut eingelebt?
Die Stadt und der Klub sind sehr attraktiv. Ich bin glücklich, hier her gekommen zu sein. Nach dem gelungenen Start hatte ich eine kleine Verletzung. Aber jetzt bin ich wieder zurück und erhalte meine Einsatzminuten. Ich hoffe, dass es bald besser läuft. Grundsätzlich bin sehr glücklich über den Wechsel, meine Ambitionen bleiben groß.Vigo ist klein und nicht so groß wie Frankfurt. Für mich passt das aber. Ich lebe mit meiner Frau hier und die Sprache fällt mir auch leicht. Als ich ein Kind war, habe ich eine Zeit lang mit meinem Vater in Spanien gelebt.
Deine portugiesische Heimat Porto liegt recht nah an deinem neuen Wohnsitz Vigo. Was bedeutet das für dich?
Nach vier Jahren in Deutschland ist das echt super für mich. Es ist immer toll, nah bei seiner Familie zu sein. Es fühlt sich einfach gut an, der Familie wieder näher zu sein. Ich fahre so oft es geht runter. Klar, ich vermisse Frankfurt. Aber in Vigo lässt es sich auch gut leben. Es ist eben eine neue Erfahrung.
Das war einer der Momente, für die du lebst.
Goncalo Paciencia
Mittlerweile hast du bereits ein paar Spiele in der ersten spanischen Spielklasse absolviert. Wie würdest du den Unterschied zwischen LaLiga und der Bundesliga beschreiben?
Das Fußballspiel in LaLiga ist ein wenig dynamischer als in der Bundesliga. Hier gibt es viele schnelle Spieler, die ersten Bälle sind oft entscheidend. In der Bundesliga geht es hingegen physischer zu. Spieler müssen mehr laufen, es gibt mehr Zweikämpfe und mehr Kontakt zu Gegenspielern. Das macht die Bundesliga recht intensiv. Beide Ligen bieten am Ende des Tages aber guten Fußball.
Kennen die Spanier Eintracht Frankfurt?
Klar, die Eintracht ist hier sehr bekannt. Vor allem auch wegen der fantastischen Fans und der guten Spieler, die immer für Frankfurt spielen. Ich habe schon Deutsche auf den Straßen getroffen, die die Stadt besichtigt haben. Sie kommen zu mir, sagen dann etwas wie „Danke für diesen Moment und deine Zeit bei der Eintracht“. Die Eintracht ist weltweit bekannt, es ist normal, dass Leute danach fragen.
Lass uns genau dahin zurückblicken. Was war dein Highlight der vergangenen Europa-League-Saison?
Das Rückspiel zu Hause im Halbfinale gegen West Ham United. Als das Spiel abgepfiffen war und die Fans den Platz gestürmt haben – das war unglaublich. Du hast als Spieler die Emotion und Leidenschaft der Fans gespürt. Das war einer der Momente, für die du lebst.
Blicken wir etwas weiter zurück, zum zweiten Spieltag der Vorrunde in Antwerpen. Du trittst zum Elfmeter in der Nachspielzeit an und triffst zum 1:0-Endstand. Was war das für ein Gefühl, als du beim Jubel in die Kurve gerannt bist?
Das war ein besonders emotionaler Moment für mich. Mein erstes Saisontor und dazu noch mein erstes Tor im Europapokal. Es war der Startschuss einer wunderbaren Reise. Es ist nicht nur das Tor, sondern auch die Geschichte dahinter. Vor diesem Tor hatte ich eine schwere Zeit. Ich habe auf diesen Moment hingelebt, immer an mich geglaubt und hart an mir gearbeitet. Das Gefühl war unbeschreiblich. Ich habe es genossen.
Die Mannschaft ging oft als Außenseiter in die Spiele der Europa League, etwa gegen Betis oder Barcelona. Dennoch habt ihr es geschafft, den Pokal zu holen. Was hat den Geist der Mannschaft ausgemacht?
Mal abgesehen von den Spielern sind es die Leute im Verein, die mit Herzblut für die Eintracht arbeiten und hinter der Mannschaft stehen. Auch das spürst du als Spieler. Der Pokalsieg ist für die Eintracht natürlich auch etwas ganz Besonderes. Nicht nur in Barcelona, sondern auch bei Betis, in London und Istanbul war die Stimmung unglaublich. All das sind unvergessliche Momente für das gesamte Team.
Durch den Sieg in der Europa League spielt die Eintracht diese Saison sogar Champions League. Verfolgst du die Spiele?
Ich schaue jedes einzelne davon.
Ich werde immer ein Teil der Eintracht sein.
Goncalo Paciencia
Wie war es für dich, deine Jungs das erste Mal mit der Hymne der Champions League im Fernsehen zu sehen?
Wenn ich die Spiele der Eintracht schaue, dann denke ich immer: „Hey, ich bin einer von den Jungs“. Ich kenne die Mannschaft und weiß, wie hart das Team für diese Momente arbeitet. Mich erfüllt es mit Stolz für diesen Verein gespielt zu haben, auch heute habe ich noch viel Kontakt zum Team. Ich werde immer ein Teil der Eintracht sein und genauso hat die Eintracht auch immer einen großen Platz in meinem Herzen.
Wie häufig hast du noch Kontakt nach Frankfurt und mit wem?
Nicht zu allen Jungs, aber zum Beispiel zu Timmy Chandler. Wir schicken uns immer gegenseitig Selfies. Wir haben auch immer noch einen Gruppenchat mit einigen deutschen Jungs: Timmy, Seppl, Erik Durm, Jens Grahl – die Jungs, mit denen ich nach der Saison nach Ibiza geflogen bin. Auch zu Lenzi und zu Trappo gibt es weiter Kontakt. Ich versuche, mich mit allen Jungs in Verbindung zu setzen, mit ihnen zu sprechen, oder ihnen eine Nachricht zu senden. Ich möchte den Kontakt auf jeden Fall halten, denn das sind Menschen, die für mein Leben wichtig sind, die mir immer helfen und mit denen ich schöne Erlebnisse zusammen teile. Diese Leute sollten Teil meines Lebens sein.
Wann dürfen wir dich das nächste Mal im Stadtwald begrüßen?
Noch weiß ich das nicht. Aber ich verspreche euch, das nächste Mal, wenn ich ein wenig Freizeit habe. In der Zeit bis zur Weltmeisterschaft ist es schwierig, wegen der hohen Anzahl an Spielen. Aber ich werde natürlich wiederkommen. Es wird mir eine Freude sein, Zeit mit dem Team, mit den ganzen Leuten von der Eintracht zu verbringen. Ich vermisse sie sehr. Aber so ist Fußball, manchmal müssen wir uns voneinander trennen. Doch was immer in Erinnerung bleibt, sind die Momente, die wir zusammen erlebt haben, die Beziehungen, die wir zueinander über die Jahre aufgebaut haben. Frankfurt ist wie ein Zuhause für mich. Nicht nur wegen des Fußballs, auch in die Stadt habe ich mich verliebt.
Goncalo Paciencia
- Geboren: 1. August 1994 in Porto.
- Bei der SGE: 2018 bis 2022.
- Spiele für die SGE: 52 Bundesliga, 6 DFB-Pokal, 22 Europa League, 6 Europa League Qualifikation.
- Erfolge mit der SGE: Europapokalsieger 2022.
- Wichtigstes Tor: Elfmeter zum 1:0-Endstand in Antwerpen (zweites Gruppenspiel in der Europa League 2021/22) in der 90. Minute.
